Essen. Am Wochenende startet die Zweite Liga. Vier Traditionsklubs zählen zu den Topfavoriten. Das denken ehemalige Spieler über ihre Vereine.
Es wird ernst für die großen Vier. Die 46. Spielzeit der 2. Fußball-Bundesliga startet am Freitag (20.30 Uhr/Sky) gleich mit dem Knaller VfB Stuttgart gegen Hannover 96. Das Tradtions-Quartett komplettieren der 1. FC Nürnberg und der Hamburger SV. Wer ist reif für den Wiederaufstieg? Wir haben vier bekannte Spielerpersönlichkeiten zu ihren Ex-Klubs befragt.
1. FC Nürnberg auf links gedreht
"Abwarten“, meint Dieter Eckstein (55), der das 1:1-Ausrufezeichen im Test gegen Paris St. Germain nicht überbewerten möchte. Der Torjäger, der in seinen 126 Spielen für den Club mit 79 Toren eine beachtliche Torquote nachweisen kann, verweist auf die gewaltigen Umwälzungen, die somit große Fragezeichen aufwerfen. Eine komplette Neuorientierung mit dem im Frühjahr eingesetzten Sportvorstand Robert Palikuca und mit dem im Sommer gekommenen Trainer Damir Canadi. Alles auf links gedreht hätte das neue Duo. Inwieweit das mit neun Neuen besetzte Aufgebot den Ansprüchen gerecht werden kann, sei schwer einzuschätzen. Als Aufstiegsfavoriten sieht der Ex-Nationalspieler seinen Stammverein nicht.
Hannover 96 baut um
Als kluge Entscheidung stuft Altin Lala ein, dass Mirko Slomka zurückgeholt worden ist. „Er kennt das Umfeld“, sagt der albanische Rekordnationalspieler, der unter dem Comebacker damals gearbeitet hat. 14 Jahre spielte der 43-Jährige für 96, absolvierte 297 Partien von 1998 bis 2012. Dem in Hannover verwurzelten Coach traut er zu, eine neue Elf aufzubauen, die das ambitionierte Ziel verwirklichen kann.
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Auch Jan Schlaudraff, dem neu installierten Manager, wünsche er ein glückliches Händchen, sagt Lala, der zeitweise auch für diesen Job gehandelt worden ist. Es sei bei den vielen Abgängen und den wirtschaftlichen Zwängen nicht einfach, eine neue Elf aufzubauen. Überrascht zeigt er sich über die Verpflichtung des Ex-Hannoveraner Torwarts Ron-Robert Zieler: „Es bestand kein Bedarf, weil Michael Esser einen tollen Job gemacht hat.“ Wichtig für den Aufbau einer zukunftsfähigen Elf, so Lala weiter, sei, dass Junioren-Nationalspieler Waldemar Anton unbedingt gehalten wird. „Sie müssen auf ihn bauen. Als sie ihm die Kapitänsbinde wieder weggenommen haben, haben sie ihn schlecht behandelt.“
VfB Stuttgart mit neuer Führung
Den Abstieg der Schwaben sieht Thomas Berthold, der von 1993 bis 2000 für den VfB aufgelaufen ist, in einem wiederkehrenden Muster begründet: „Seit zehn Jahren wurden im operativen Bereich, besonders in der Personalpolitik, Kardinalfehler gemacht, immer wieder die gleichen.“ Der Weltmeister von 1990 spricht die ständigen Personalwechsel an, begründet durch die mangelnde Kompetenz der Entscheidungsträger im Aufsichtsrat. Mit Skepsis betrachtet er auch die neu aufgestellte sportliche Leitung: Manager Sven Mislintat habe sich bislang nur als Scout bewährt, Trainer Tim Walter mit Kiel nur einen Provinzklub betreut. „Sie haben beide unter dem Radar gearbeitet, weitgehend ohne Druck. Mal sehen, wie sie im Rampenlicht bestehen.“ Im Kader hat es durch die Abgänge von Weltmeister Benjamin Pavard (Bayern) oder Christian Gentner (Union) einen gewaltige Veränderungen gegeben, dafür etliche Neue wie Philipp Klement (Paderborn) gewaltige Veränderungen gegeben. Der 54-Jährig sagt: „Der VfB soll mal schön den Ball flachhalten. Der neue Trainer bringt auch keinen Zauberstab mit und wird alles zum Guten wenden.“
Hamburger SV vertraut Hecking
„Alles neu“, sagt Uli Stein, der ehemalige Nationaltorwart, der zweimal von 1980 bis 1987 und von 1994 bis 1995 für den HSV in insgesamt 238 Bundesligaspielen im Tor stand. Die Berufung von Jonas Boldt zum Manager und die Inthronisierung des Ex-Gladbachers Dieter Hecking als Trainer sieht der 64-Jährige als „einen richtigen Neuanfang“. Für ihn sind es die richtigen Personen, um den notwendigen Umbruch einzuleiten. Auch der extreme Personalaustausch im Kader ist für Stein durchaus sinnvoll. Die Trennung von Topverdienern wie Pierre-Michel Lasogga (Al-Arabi) und Lewis Holtby (vereinslos), oder der Verkauf vom Brasilianer Douglas Santos, der das nötige Geld für neue Käufe brachte, sowie der nicht zu verhindernde Verlust des Eigengewächses Jann-Fiete Arp (Bayern) – alle Maßnahmen seien nachvollziehbar. Bei der Personalpolitik sieht der frühere Keeper eine Strategie: einmal den Erwerb gefragter Akteure wie Torwart Daniel Heuer-Fernandes, zum anderen den Rückgriff auf Zweitliga-Profis wie Lukas Hinterseer (Bochum). Trotzdem: „So einfach wie im letzten Jahr wird es nicht.“