Fürth/Köln. Vergleichsweise verhalten blickt Köln der Rückkehr in die 1. Liga entgegen. Nicht nur die Entlassung von Markus Anfang hat Spuren hinterlassen.
Vergleichsweise verhalten feierte der 1. FC Köln seinen Aufstieg als Zweitliga-Meister in die Bundesliga im Sportpark Ronhof. Während die Mannschaft mit bedruckten "Widder do"-T-shirts (Kölsch für: "wieder da") vor dem Block der mitgereisten Fans hüpfte, blieb Armin Veh dem Trubel fern. Fast schon nachdenklich saß der Geschäftsführer Sport nach dem 4:0 (3:0)-Auswärtserfolg bei der SpVgg Greuther Fürth an der Seitenlinie auf der Trainerbank. Ein ungewöhnliches Bild mit symbolischer Strahlkraft: Denn obwohl die "Geißböcke" die Erstliga-Rückkehr vorzeitig perfekt machten, herrscht wenig Festtagsstimmung in der Karnevalshochburg. Zu viele Dissonanzen gab es in den vergangenen Monaten.
Anfang-Entlassung: Hart, aber richtig
"Mental erschöpft" sei er nach dieser anstrengenden Saison mit vielen Höhen und Tiefen, sagte Mittelfeldmann Dominick Drexler nach Abpfiff ins "Sky"-Mikrofon. Nicht nur er vermittelte den Eindruck, dass es ein Aufstieg mit bitterem Beigeschmack bleibt.
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Armin Veh setzte als Reaktion auf die Heimpleite gegen Darmstadt Trainer Markus Anfang nach 31 Spieltagen vor die Tür, weil er die Mission "Aufstieg" akut gefährdet sah. Im Anschluss hatten alle Verfolger am Wochenende ihre Aufgaben verloren und noch bevor Interimslösung André Pawlak seine Pflichtspielpremiere als Cheftrainer der Profis gab, war die Erstliga-Rückkehr der Domstädter rechnerisch praktisch kaum noch zu verhindern. Eine skurrile Situation für alle Beteiligten.
Die Trennung von Markus Anfang war wegen des Zeitpunktes sicherlich eine schmerzhafte, für die Armin Veh von vielen Außenstehende teils heftig kritisiert worden war. Der 1. FC Köln sollte seinen Anstand bewahren und auch Anfangs Anteil am Erfüllen des Saisonziels während der Feierlichkeiten würdigen. Doch auf sportlicher Ebene bleibt die Erkenntnis richtig, dass es mit dem aus Kiel geholten Trainer im Oberhaus nicht weitergegangen wäre.
Pawlaks Umstellungen fruchten
Die ersten Interviews nach dem Sieg in Fürth bestätigten den Eindruck der letzten Wochen: Anfang hatte erst die Kabine, dann die Spiele, dann seinen Job verloren. Spieler betonten, dass die "taktischen Umstellungen gefruchtet" hätten. Pawlak und der frühere Stöger-Assistent Manfred Schmid hätten "genau das gebracht, was wir gebraucht haben."
Der FC hat de facto ein ganzes Aufbaujahr 2. Liga verschenkt. Denn: Markus Anfang setzte vor allem auf Stars, die am Ende gegen ihn spielten, weil er sie nicht moderiert bekam - weder taktisch, noch in Sachen Menschenführung. Seine ursprüngliche Spielidee musste er nach Drängen von Veh über den Haufen werfen. Eine nachhaltige Erfolgsformel fand er nicht. Köln gewann seine Spiele vor allem wegen seiner individuellen Überlegenheit und offenbarte nicht nur bei Niederlagen eine chronische Instabilität auf taktischer Ebene.
Kein einziges Talent konnte sich neu in den Fokus rücken. Immerhin machte Anfang aus dem Millionen-Flop Jhon Cordoba einen bärenstarken Leistungsträger, dessen Ballstärke vor allem im Oberhaus gefragt sein dürfte. Bisher schien der einzige Geistesblitz für die erste Liga jedoch die Rückholaktion von Anthony Modeste gewesen zu sein.
Der FC fängt bei Null an
Der FC fängt nach der Saison taktisch wieder bei Null an. Vielleicht hat er es aber auch schon jetzt: André Pawlak und Manfred Schmid haben in der vergangenen Arbeitswoche scheinbar an den richtigen Stellschrauben gedreht und dem FC gegen Greuther Fürth sofort die Balance gegeben, die man während der ganzen Saison gesucht hatte. Köln spielte dominant und kontrolliert nach vorne und stand bei Gegenangriffen hinten stabil. Die Viererkette um Linksverteidiger Jonas Hector gab dem FC-Spiel Ordnung. Sogar Marcel Risse und Benno Schmitz, die keine gute Saison spielten, erledigten ihren Job besser als zuletzt.
André Pawlaks erstes von drei Bewerbungsschreiben auf die Cheftrainerstelle ab Sommer sah vielversprechend aus. Warum nicht dem erfrischenden 48-Jährigen eine Chance in der obersten Etage des deutschen Fußballs geben?
Doch unabhängig davon ,ob der gebürtige Gelsenkirchener, der in diesem Jahr seinen Schein als Fußballlehrers machte, das Vertrauen von Veh bekommt oder ein anderer: Es wartet Arbeitet auf den 1. FC Köln.
Kadertechnisch herrscht viel Nachbesserungsbedarf, ob auf den Außenbahnen oder in der defensiven Zentrale. Doch schon jetzt ist absehbar, dass dem FC nicht viel Geld zur Verfügung steht und er sich nur punktuell verstärken kann.
Nicht nur die vergangenen Wochen waren von Chaos bestimmt, es ist absehbar, dass das Machtvakuum bei der Suche nach einem Nachfolger von Werner Spinner weiter Unruhe mit sich bringt. Der medial aktive CDU-Politiker Wolfgang Bosbach wird als neuer Präsident gehandelt. Eine Personalie, die den FC bereits jetzt mehr spaltet, als dass sie eint.
Die kommenden Wochen könnten trotz des Aufstiegs ungemütlich bleiben am Geißbockheim. Armin Veh dürfte daran gedacht haben, als er allein auf der Bank in Fürth saß.