Bochum. Die 2. Bundesliga geht wieder los. Der VfL Bochum trifft am Dienstag auf den MSV Duisburg. Peter Peschel (47) hat für beide Klubs gespielt.
Nur einen Steinwurf wohnt Peter Peschel vom Ruhrstadion in Bochum entfernt. Auch wenn er 2005 seine Karriere als Fußballer beendete, ist der 47-Jährige beim VfL noch gern gesehener Gast – und seine Tochter absolviert gerade ein Praktikum auf der Geschäftsstelle. Auch zum MSV Duisburg hat Peschel noch Kontakt. Seine Ex-Klubs treffen am Dienstag um 18.30 Uhr (Sky) zum Jahresauftakt der 2. Bundesliga aufeinander.
Herr Peschel, als Bochumer hatten Sie vor einem Derby zwischen dem VfL und dem MSV 1995 auf einmal eine Glatze. Was steckte dahinter?
Peter Peschel: Das war schon eine Gaudi. Peter Közle, der kurz zuvor vom MSV zu uns gewechselt war, hatte Dreadlocks. Er hatte ja alles Mögliche in den Haaren. Und das sah so ein bisschen unsinnig aus. Da ist einer auf die Idee gekommen, zu Peter zu gehen und zu sagen: Pass auf, wenn ich dir die Haare abschneiden darf, kriegst du 100 Euro. Dann hieß es: Von mir auch, von mir auch! Im Endeffekt sind 1000 Euro dabei herumgekommen. Und er hat beschlossen: Das mache ich jetzt. Ich habe eine Schere geholt, ihm erst die Dreadlocks weggeschnitten und zum Schluss noch einen Rasierer benutzt. Am Ende waren wir auf einmal zu viert oder zu fünft, die ihre Haare kurz geschoren bekamen. Es war schon eine sehr lustige Zeit damals.
Welche Geschichten fallen Ihnen noch sofort ein, wenn Sie auf den Rasen des Ruhrstadions blicken?
Peschel: Die drei Uefa-Cup-Spiele, die wir hier zuhause bestritten haben. Vor allem das Spiel in der ersten Runde gegen Trabzonspor. Das war der absolute Wahnsinn. Uns hatte ja keiner zugetraut, dass wir überhaupt die erste Runde überstehen.
Tut es ein bisschen weh, wenn Sie an solche Spiele zurückdenken und sehen, dass der VfL nun Tabellenachter der Zweiten Liga ist?
Peschel: Es ist schon schade, denn es ist nun schon das neunte Jahr in der Zweiten Liga. Wenn man es nicht direkt schafft, im ersten Jahr wieder aufzusteigen, wird es immer schwieriger. Das Geld wird immer weniger. Man muss sehr, sehr viel Glück haben, um wieder um den Aufstieg mitzuspielen. Aber unter dem neuen Trainer Robin Dutt hat sich sehr viel gebessert. In den Jahren zuvor dachte man häufig: Schlechter geht es nicht mehr. Dann war man wieder im Stadion und es war wirklich noch mal schlechter. Jetzt sieht man eine Handschrift des Trainers. Die spiegelt sich auch in den Ergebnissen wider. An die ersten beiden Plätze kann man eher nicht herankommen. Aber um den dritten Platz kann man in diesem Jahr auf jeden Fall mitspielen.
Ihr zweiter Ex-Klub, der MSV, ist aber abstiegsgefährdet.
Peschel: Sehr gefährdet. Der MSV wollte mit dem Trainerwechsel neue Impulse setzen, das hat ja auch am Anfang gut geklappt. Aber jetzt tritt der MSV wieder auf der Stelle. Der MSV muss wirklich aufpassen.
Sie sind nach zwölf Jahren und 248 Spielen für den VfL 2001 zum MSV gewechselt. Wie kam es dazu?
Peschel: Ich habe mir damals nach einem Abstieg Zeit mit der Entscheidung gelassen, ob ich beim VfL bleibe. Ich war eigentlich schon mit dem 1. FC Nürnberg für die Erste Liga einig. Aber es ist an Kleinigkeiten gescheitert. Dann kam das Angebot vom MSV, der ja direkt um die Ecke spielt. Also habe ich das Angebot angenommen. Der MSV war ja wie der VfL auch immer ein bisschen die graue Maus. Ich hatte dort eine schöne Zeit, die ich nicht missen möchte. Aber mein Herz schlägt klar für den VfL. Und wenn ich jetzt zurückdenke, wäre es vielleicht ganz gut gewesen, wenn ich meine Karriere hier beendet hätte.
Welchen Trainer mochten Sie lieber während Ihrer zwei Jahre beim MSV – Pierre Littbarski oder Norbert Meier?
Peschel: Mit Litti bin ich ein bisschen besser klargekommen. Als ich zum zweiten Mal zum MSV kam, hatte ich nur einen Vertrag für ein Jahr, der sich nur verlängert hätte, wenn ich eine bestimmte Anzahl an Spielen gemacht hätte. Als es fast soweit war, kam ich fast gar nicht mehr zum Einsatz. Da wusste ich schon, dass es hier nicht weitergeht.
Inzwischen sind Sie 47 Jahre alt – beim VfL spielen Sie aber immer noch in der Altherren-Mannschaft.
Peschel: Alte Herren, also bitte. Das heißt Traditionsmannschaft (lacht). Die Hallenturniere im Winter machen besonders viel Spaß. Ich wohne in Bochum einen Steinwurf vom Stadion entfernt, Bochum ist meine Heimat.
Hätten Sie aus Ihrer Karriere mehr machen können?
Peschel: Auf jeden Fall. Klaus Toppmöller hat mal gesagt: Ich trete dir so lange in den Arsch, bis du Nationalspieler bist. Aber ich war sehr anfällig, was Muskelverletzungen angeht. Ich habe ungefähr 120 Spiele durch Verletzungen verpasst. Es gab nur eine Aufstiegssaison, in der ich alle Spiele gemacht habe. Da hat Ernst Middendorp die Vorbereitung gemacht - bei keinem anderen Trainer habe ich so hart trainiert. Das kam mir offenbar zugute.
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Ernst Middendorp musste nach drei Monaten gehen. Warum eigentlich?
Peschel: Er war fachlich sehr gut, aber ein schwieriger, lauter Typ. Wir waren eine spielstarke Mannschaft, und er hat es nicht verstanden, uns durch seine Trainingsmethoden Freiraum zu lassen. Er hatte nicht viele Freunde in der Mannschaft. An seinem ersten Tag hat er direkt Nummernsalat gemacht. Er hat uns zusammengerufen und vorgelesen, welche Rückennummer jeder Spieler bekommt. Da konntest du schon sehen, mit wem er geplant hat und mit wem nicht. Schon am ersten Tag habe ich zu unserem Torwart Thomas Ernst gesagt: „Keine drei Monate, dann ist der Middendorp wieder weg.“ Und so ist es eingetroffen. Wir brauchten damals nur Harmonie. Wir standen auf einem Abstiegsplatz, als Bernard Dietz kam. Der hat einfach den Ball hochgeschmissen und uns laufen lassen – und nach sechs, sieben Spielen waren wir auf einem Aufstiegsplatz.
Bernard Dietz ist beim MSV Duisburg eine Legende. Was verbinden Sie mit ihm?
Peschel: Man wusste beim Bernard, wo man dran war. Wenn irgendeiner mit Geldfragen kam, hat er gesagt: Erst ehrliche Arbeit abliefern, dann kommt das Geld von allein.
Im Profifußball sind Sie heute nicht mehr zu finden – dabei haben Sie die A-Lizenz.
Peschel: Für mich war klar, dass ich nicht Trainer werden möchte, ich habe direkt nach meiner Karriere die B- und A-Lizenz trotzdem gemacht. Man weiß ja nie, ob man nicht doch reinrutscht, dann hätte ich die Scheine nicht nachholen müssen. Jetzt bin ich Inhaber einer eigenen Fußballschule mit drei Standorten: Bochum, Dortmund, Recklinghausen. Da biete ich wöchentlich Fördertraining für Kinder an. Das macht mir viel Spaß.
Waren Sie zur falschen Zeit Profi?
Peschel: Das würde ich nicht sagen. Wir sind ja nicht mit Knöpfen bezahlt worden. Als wir aufgestiegen sind, habe ich einen neuen Dreijahresvertrag unterschrieben, da würde ich nicht sagen, dass er schlecht war. Leider sind wir nach einem Jahr wieder abgestiegen.
Macht Ihnen der Fußball noch Spaß oder haben Sie sich vom Profigeschäft ganz entfernt?
Peschel: Ja, das macht mir noch Spaß. Ich bekomme zu Hause immer Ärger, weil ich wirklich jeden Scheiß gucke. Meine Frau sagt immer, dass ich auch Kreisliga A gucken würde, wenn die das zeigen würden.
Sie sind vor der Haupttribüne des Ruhrstadions auf einer Säule abgebildet – wie viele weitere Legenden des VfL. Was bedeutet Ihnen das?
Peschel: Es ist eine schöne Sache, Teil der VfL-Geschichte zu sein. Und es freut mich besonders, weil es eine Auszeichnung der Fans ist - und nicht des Vereins. Es macht mich enorm stolz.
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Sie haben Ihr erstes Zweitliga-Spiel im Emslandstadion beim SV Meppen bestritten. Was haben Sie da gedacht, als Sie ins Stadion eingelaufen sind?
Peschel: So schnell kann es gehen im Fußball. Das hatten wir natürlich alle nicht erwartet, dass wir mal in Meppen spielen. Ich kann mich erinnern, dass Uwe Wegmann in der ersten Halbzeit den Treffer zu unserem 1:0-Sieg geschossen hat. Der erste Aufstieg war der wichtigste. Der VfL war zuvor nie abgestiegen. Diesen Fehler wollten wir direkt geradebügeln.
VfL gegen MSV - wie geht das Spiel am Dienstag aus?
Peschel: Tut mir zwar leid für den MSV – aber: 2:1 für Bochum.