Leverkusen. . Bayer Leverkusen braucht dieses Mal eine längere Anlaufzeit als in den ersten Saisonspielen. Dann aber spielt die Bayer-Elf das 4:2 gegen Hertha BSC Berlin stark heraus - auch weil ein Rückkehrer, der eigentlich schon fast wieder weg war, erneut groß aufspielt.
Wie bei jedem Pflichtspiel von Bayer 04 Leverkusen in dieser noch so jungen Spielzeit der Fußball-Bundesliga passierte auch im Spiel gegen Hertha BSC etwas Ungewöhnliches – es passierte nichts. Hatte Bayer in den letzten vier Spielen jeweils innerhalb der ersten fünf Minuten ein Tor erzielt, darunter das Neun-Sekunden-Rekordtor von Stürmer Karim Bellarabi in Dortmund, stockte die Offensiv-Maschinerie von Trainer Roger Schmidt gegen die Berliner. Am Ende aber lief sie zur Hochform auf, Lohn war ein 4:2-Sieg.
Um eine Halbzeit verspätet
Denn es dauerte diesmal bis zur 24. Minute, ehe der erste Leverkusener Spieler ins Netz traf – jedoch ins eigene. Außenverteidiger Tin Jedvaj wollte mit seiner Grätsche am Fünf-Meter-Raum einen Treffer des hinter ihm lauernden Herthaners Nico Schulz verhindern, und doch schlug der Ball ein. Eigentor, 0:1, da war es also doch, das ungewöhnliche Element im Leverkusener Spiel.
Außergewöhnlich aber auch, was Anfang der zweiten Halbzeit passierte. Jedvaj stürmte über seine rechte Seite nach vorne, forderte im gegnerischen Strafraum den Ball von Gonzalo Castro, umkurvte Hertha-Keeper Jarstein und schob zum 1:1 (50.) ein. „Das ist ein super Laufweg, den Tin da macht. Nicht jeder junge Spieler fordert da so vehement den Ball“, sagte Leverkusens Coach Roger Schmidt, „das zeigt Tins kroatisches Herz“.
Der Blitzstart kam erst in Halbzeit zwei
Da war er also, Leverkusens früher Treffer – verspätet um eine Halbzeit. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die Berliner Mauer, gebildet durch fünf Abwehrspieler, jeden Angriff abprallen lassen. Aber Hertha schlug zurück, der ehemalige Dortmunder Julian Schieber brauchte nach einer unglücklichen Abwehr von Bayer-Keeper Bernd Leno nur noch zum 1:2 (60.) einzunicken.
Und wie reagierte Bayer? Natürlich wieder mit einem Blitzstart. Keine zwei Minuten nach Wiederanstoß köpfte Abwehrchef Emir Spahic auf der anderen Seite einen Calhanoglu-Freistoß zum 2:2 ein. Ihn hat man genau wegen seiner Klasse bei Standardsituationen vom Hamburger SV weggelotst. „Er ist einer der Besten in Deutschland, der so die Standards schlägt“, lobte Karim Bellarabi, der Angreifer, der aus Braunschweig zurückgekommen ist und eigentlich direkt wieder verliehen oder verkauft werden sollte. Er blieb nur, weil Trainer Roger Schmidt eingriff.
Veto gegen Verkauf
Schmidt bewies nicht nur mit seinem Veto ein glückliches Händchen, sondern auch mit der Einwechslung des U-19-Stürmers Julian Brandt. Brandt schoss Bayer, nachdem Bellarabi drei Berliner Verteidiger aussteigen ließ und den Ball mit Vollspann an den rechten Pfosten hämmerte, mit 3:2 (74.) in Front. Dann legte Bellarabi nach: Schmidts nach vorne ausgerichtetes Spiel, das dauerhafte Pressing gegen den Ball, erinnert an Borussia Dortmunds System, und es ist dem Ex-Braunschweiger Bellarabi besonders ins Blut übergegangen. Dieser krönte seine Leistung mit einer sehenswerten Direktabnahme zum 4:2 (86.). „Unsere Spielweise kommt ihm extrem entgegen“, sagte Schmidt über den besten Mann auf dem Platz. „Wenn er jetzt noch konstant so spielt...“
Und da ist sie, Leverkusens einzige Sorge. Kann diese Leistung konserviert werden, oder bringt die anstehende Länderspielpause Störungen ins System? Schmidt sieht die Auszeit positiv: „Die Pause ist gut für unsere Regeneration.“