Essen/Braunschweig. Vom Likör-Hirsch zum Millionengeschäft. Seit 40 Jahren wird in der Bundesliga auf dem Trikot geworben. Der Gegenwert für die Investitionen ist allerdings umstritten. Beim Geschäft mit der Trikotwerbung geht es um das große Geld: In der Bundesliga nehmen die 18 Vereine in der laufenden Saison rund 140 Millionen Euro ein.
Der 24. März 1973 war ein ungewöhnlicher Arbeitstag für Schiedsrichter Franz Mengenmeyer aus München. Das wichtigste Werkzeug an diesem Samstagnachmittag war für den Unparteiischen nicht seine Pfeife, sondern ein Zollstock. Schließlich musste Mengenmeyer einen Hirsch ausmessen - den auf der Brust von Eintracht Braunschweig.
So zumindest ist die Legende um das erste Trikotsponsoring der Fußball-Bundesliga überliefert. Die Geschichte hinter der Legende reicht noch ein paar Monate zurück: Der damalige Erstligist Braunschweig, sechs Jahre zuvor vierter Meister der Bundesliga-Historie, geriet Anfang der 70er Jahre in finanzielle Probleme. In dieser Phase traf Eintracht-Präsident Ernst Fricke, ein findiger Unternehmer und Politiker, auf Günter Mast, den damaligen Chef des Kräuterlikör-Herstellers Jägermeister.
Was sich Fricke und Mast überlegten, bestimmt den Profifußball bis heute: Für 500.000 Mark durfte Jägermeister sein Hirschlogo anstelle des traditionellen Braunschweiger Löwen aufs Eintracht-Trikot flocken. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) war wenig begeistert, aber machtlos. Einzige Einschränkung: Höher als 14 Zentimeter durfte das Wappentier nicht sein.
Die Braunschweiger Idee machte Schule. Der Hamburger SV (Campari), Eintracht Frankfurt (Remington), der MSV Duisburg (Brian Scott) und Fortuna Düsseldorf (Allkauf) zogen nach.
140 Millionen Euro durch Trikotwerbung
40 Jahre später ist das Geschäft mit der Trikotwerbung eins mit dem ganz großen Geld, in der Bundesliga nehmen die 18 Vereine in der laufenden Saison rund 140 Millionen Euro ein. Ob die Sponsoren für dieses Geld auch einen entsprechenden Gegenwert bekommen, ist allerdings umstritten. In einer von Sportökonom Christoph Breuer an der Sporthochschule Köln durchgeführten Studie zeigte sich, dass Fernsehzuschauer bei einer Übertragung nur etwa drei Prozent der Zeit auf die eingebundene Werbung auf Trikots oder Banden schauen.
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Auch bei der Erinnerung an die Sponsoren gibt es große Unterschiede: Im Gedächtnis bleiben vor allem die großen Unternehmen wie Volkswagen oder die Deutsche Telekom. Die kleineren, vergleichsweise unbekannten Firmen werden eher unterbewusst wahrgenommen. Die Mehrheit der Sportschau-Zuschauer kann den Trikotsponsor von Augsburg oder Nürnberg wohl nicht nennen.
Die Sponsoren selbst lässt die geringe Aufmerksamkeit bei Sport-Übertragungen eher kalt. Die Deutsche Telekom, für jährlich 20 Millionen Euro auf der Brust von Rekordmeister Bayern München verewigt, hat andere Erfahrungen gemacht. Die Trikotwerbung habe einen messbaren werblichen Gegenwert, der weit über dem Investment liegt, sagt Sprecher Rene Bresgen.
"Steigerung der Bekanntheit"
Trotz der neuen Ergebnisse gilt so auch weiterhin, dass ein Trikot-Sponsoring in der Bundesliga für unbekanntere Unternehmen eine Chance ist: „Für Firmen, die eine Steigerung der Bekanntheit haben wollen, sind ein oder zwei Jahre Trikotwerbung in der Bundesliga ein gutes Mittel“, sagt Andre Bühler vom Deutschen Institut für Sportmarketing.
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Bestes Beispiel dafür sei die Targobank, deren Logo von Sommer 2010 bis 2012 auf der Brust von Werder Bremen zu sehen war. Die Bekanntheit des Kreditunternehmens stieg in diesem Zeitraum unter anderem wegen dieser Maßnahme laut Angaben der Bank von 40 auf 78 Prozent an.
Auch o.tel.o, seit Anfang der laufenden Saison Trikotsponsor von Aufsteiger Fortuna Düsseldorf, hat nach eigenen Angaben gute Erfahrungen bei der Bekanntheits-Steigerung gemacht, die Vodafone-Marke wird das Sponsoring fortsetzen. Immerhin muss sie in der 50. Bundesliga-Saison auch nicht mehr befürchten, dass der Schiedsrichter vor dem Spiel den Zollstock zückt. (sid)