Dortmund. . Werbung auf Sportler-Trikots gibt es seit fast 40 Jahren, Eintracht Braunschweig machte seinerzeit - tricksenderweise - den Anfang. Geschichten über Schnaps, Tiere und Kondome.
Wenn Werder Bremen am Freitag in Dortmund die neue Bundesliga-Saison eröffnet, werden einige Fans der Norddeutschen das Spiel ihres Klubs boykottieren. Der Fußball-Bundesligist hat einen neuen Trikotsponsor: den umstrittenen Geflügelkonzern „Wiesenhof“. Das Unternehmen steht regelmäßig in der Kritik. Bei Wiesenhof wird nicht mehr von unerträglichen Haltungs-, sondern von Haftbedingungen für Hühner gesprochen. Als Bremen am Sonntag im DFB-Pokal an Drittligist Preußen Münster scheiterte, lästerten die kritischen Fans: „Preußen-Adler rupft Werder-Hühner.“
Ausgerechnet die deutschlandweit beliebten Bremer scheinen ein Händchen für diskussionswürdige Trikotwerbung zu haben. 2006 verstieß ihre Partnerschaft mit dem Wettanbieter „Bwin“ gegen das Werbeverbot im Glücksspielstaatsvertrag. Vorher wurde auf Bremer Brüsten für den Kleidungsdiscounter „Kik“ geworben. Der ist weit davon entfernt, Preise für Arbeits- und Produktionsbedingungen einzuheimsen.
Angefangen hat es mit der Trikotwerbung vor fast 40 Jahren
Die Trikotwerbung feiert in der neuen Saison ihren 40. Geburtstag. Angefangen hatte alles im März 1973 beim Duell zwischen Schalke 04 und Eintracht Braunschweig. Günter Mast durfte, gegen 100 000 D-Mark, das Hirsch-Logo seines Kräuterlikörs „Jägermeister“ auf die Trikots von Braunschweig drucken. Das damals geltende Werbeverbot in der Liga umging der umtriebige Schnapsfabrikant, indem er den Löwen im Vereinswappen der Niedersachsen gegen den Hirsch austauschte. Kein Einzelfall: Borussia Dortmund integrierte in den späten 1970-ern den melancholisch schauenden Löwen von Tabak-Sponsor Samson ins BVB-Logo. Gegen Günter Mast hatte der Deutsche Fußball-Bund noch prozessiert, musste sich aber nach dem Plädoyer von Eintracht-Präsident Ernst Fricke geschlagen geben: „Der DFB wirbt doch selbst für Adidas.“ Und 1978 trugen dann alle Bundesligisten Trikotwerbung.
Nach dem Alkohol sorgte das Thema Sex für besondere Aufregung. 1987 warben die Fußballer des FC Homburg mit dem Schriftzug „London“ auf dem Trikot. Keine Werbung für die englische Hauptstadt, sondern für den gleichnamigen Kondom-Hersteller. Die DFB-Sittenwächter waren erregt, untersagten die Werbung. Die Homburger liefen mit einem schwarzen Balken auf der Brust auf, um den angedrohten Punktabzug zu verhüten. Ein Gericht gab ihnen schließlich Recht, London war zu lesen und in aller Munde.
Im Ruhrgebiet hat vor allem der VfL Bochum für Schlagzeilen in Sachen Trikotwerbung gesorgt. 1976 warb der VfL mit dem Silhouetten-Stier der spanischen Brandy-Marke „Osborne“. „Zu groß, das Tier“, fand der DFB. Fortan musste Bochum mit dem Schriftzug werben. Während die VfL-Fans bei dieser Posse schmunzelten, gingen sie 20 Jahre später auf die Barrikaden. Sponsor „Faber-Lotto-Service“ bestimmte nicht nur den Schriftzug, sondern auch das Design. Die bewusstseinserweiternde Trikot-Applikation mit der Schattierung eines Regenbogens sorgte für Proteste. Immerhin: Die graue Maus Bochum hatte Farbe bekommen.
Millionen aus der libyschen Wüste
Umstrittene Trikotwerbung ist längst nicht nur ein Phänomen des Fußballs. Im Winter 1987 präsentierte der ECD Iserlohn einen außergewöhnlichen Sponsor: Auf dem weiß-blauen Trikot des Eishockey-Klubs sollte für das „Grüne Buch“, dem Revolutions-Nachschlagewerk des libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi, geworben werden. Mit den Millionen aus dem Wüstenstaat wollte Bauunternehmer Heinz Weifenbach seinen Klub sanieren. Am 4. Dezember 1987 lief Iserlohn gegen Rosenheim mit dem Buch auf der Brust auf. Zum ersten und letzten Mal. Nach massiven Protesten verschwanden die Trikots für immer im Spind. Und bei Iserlohn hatte der Insolvenzverwalter das Sagen.