Essen. . Der 1. FC Kaiserslautern hat sich von Trainer Marco Kurz getrennt, mit dem neuen Coach Krassimir Balakow tritt der FCK am Samstag beim SC Freiburg an. Was bringen Trainerwechsel während der Saison? Ein Check der sieben aktuellen Beispiele aus der Bundesliga.

Herbert Widmayer war der Erste. Im Sport sind dem Ersten Ruhm und Ehre gewiss. Meistens. Für Herbert Widmayer langte es zwar zum Ruhm, aber nicht zur Ehre. Als im Ruhrgebiet Fußball noch unter Fördertürmen gespielt wurde, trainierte der gebürtige Kieler den SV Sodingen und den VfL Bochum. Dann zog es ihn in den Süden, zum 1. FC Nürnberg. Und dort wurde Widmayer als erster Trainer der damals gerade erst gegründeten Bundesliga entlassen. Am 30. Oktober 1963, nach einer 0:5-Heimniederlage gegen den 1. FC Kaiserslautern – am neunten Spieltag.

In dieser Woche hat sich Nürnbergs damaliger Gegner von Marco Kurz getrennt. Die Mechanismen sind in fast 50 Jahren gleich geblieben: Verein in Panik, keine Ideen, Trainer raus. Nun darf sich Krassimir Balakow beim FCK versuchen, er trifft an diesem Samstag im Abstiegsduell beim SC Freiburg (15.30 Uhr, live im DerWesten-Ticker) auf den Kollegen Christian Streich – auch der musste mitten in der Saison einsteigen. Aber was bringen solche Wechsel überhaupt? Belegen sie lediglich den Aktionismus hilfloser Klubchefs, oder lösen sie tatsächlich die Blockaden bei Spielern? Ein subjektiver Check der sieben aktuellen Beispiele.

19. September 2011: Der Hamburger SV entlässt Michael Oenning und holt Thorsten Fink. Der frühere FC-Bayern-Profi kommt als Schweizer Meister vom FC Basel und zieht die Hamburger zunächst aus dem Keller. Doch der einzige Klub, der seit der Liga-Gründung mitmischt, purzelt erneut die Treppe hinunter. Unabhängig vom Resultat des Freitagabend-Spiels beim VfL Wolfsburg – auch mit Fink droht dem HSV noch die Zweite Liga.

Wechsel-Wirkung: unentschieden.

22. September 2011: Beim FC Schalke 04 tritt Ralf Rangnick aus gesundheitlichen Gründen unerwartet zurück, der Klub holt Huub Stevens. Der Niederländer, den die Fans wegen seiner erfolgreichen ersten Amtszeit auf Schalke zum „Jahrhunderttrainer“ der Blau-Weißen kürten, muss anfangs mit Vorbehalten leben. Rangnick galt als Erneuerer. Und nun? Zurück in die Zukunft? Stevens widerlegt die Skeptiker schnell. Er stabilisiert die Defensive und lässt der Offensive ihre Freiheit.

Wechsel-Wirkung: positiv.

18. Dezember 2011: Hertha BSC Berlin entlässt Markus Babbel und holt Michael Skibbe aus der Türkei. Die Berliner zahlen Ablöse, Gehalt, Flug, Kost und Logis – den Spott gibt’s gratis. Nach fünf Spielen mit fünf Pleiten aber müssen die Berliner doch wieder zahlen – die Abfindung.

Wechsel-Wirkung: negativ.

29. Dezember 2011: Der SC Freiburg entlässt Marcus Sorg und holt Christian Streich. Sorg wird in die Liga-Geschichte eingehen: als Trainer ohne Gesicht. Ist er blond? Dunkelhaarig? Trägt er einen Ohrring, einen Dreitagebart? Oder trägt er nur die Schuld an Freiburgs Absturz auf den letzten Tabellenplatz? Sein Nachfolger Streich ist auch kein Prominenter, aber einer mit heißem Herzen. Der Mann lebt seine Leidenschaft aus, bereitet sich sogar mit Gymnastik auf dem Platz auf das Spiel vor. Freiburg lebt und hofft wieder.

Wechsel-Wirkung: positiv.

9. Februar 2012: 1899 Hoffenheim entlässt Holger Stanislawski und holt Markus Babbel. Nach dem misslungenen Projekt „Kultiger Kiez-Kollege im Kraichgau“ sollte etwas vermeintlich Seriöses her – aber nach gutem Beginn (vier Spiele, sechs Punkte) trüben jüngste Resultate (u.a. 1:7 bei den Bayern) mächtig den Eindruck. Ob man sich später an die Ehe Babbel-Hoffenheim erinnern wird? Zumindest Babbel; dank des Tattoos auf seinem Arm – direkt neben jenem von der Hertha.

Wechsel-Wirkung: unentschieden.

12. Februar 2012: Hertha BSC Berlin entlässt Michael Skibbe und holt Otto Rehhagel. Großer Bahnhof für „König Otto I.“, den Meistertrainer, Europameister, Goethe-Rezitator. Als lebende Trainer-Legende in der Kapitale angekommen wird er nach bizarren Auftritten und schlechten Resultaten inzwischen als „König Otto der Vorletzte“ verspottet. Ein Drama.

Wechsel-Wirkung: negativ.

20. März 2012: Der 1. FC Kaiserslautern entlässt Marco Kurz und holt Krassimir Balakow. Der Bulgare, in Stuttgart einst als genialer Spielmacher umschwärmt, kann nun beweisen, dass er das Strippenziehen auch jenseits der Außenlinie beherrscht.

Wechsel-Wirkung: offen.

Übrigens: Eine aktuelle Studie der Universität Münster hat nach statistischer Auswertung von 150 Trainerwechseln ergeben: Es gibt insgesamt keinen positiven Einfluss. In Berlin würden sie das unterschreiben, in Lautern hofft man inständig auf das Gegenteil.