Essen. Otto Rehhagel wird den im schlimmsten Fall zu erwartenden Spott nach einem möglichen Abstieg von Hertha BSC Berlin verkraften können. Es gibt einen Trainer, der gerade dabei ist, seinen lange Zeit guten Ruf nachhaltig zu verspielen. Ein Kommentar.

In der Fußball-Bundesliga ist ein erfahrener Trainer drauf und dran, in Windeseile seinen lange Zeit guten Ruf nachhaltig zu verspielen. Und damit ist nicht Otto Rehhagel gemeint.

Der 73-jährige Essener mag viele Fußballfreunde nach seiner Blitz-Verpflichtung durch Hertha BSC schon wieder mit einigen von ihm hinreichend bekannten Plattitüden genervt haben – in einem Punkt hat er die eingängige Medien-Einschätzung mit Recht korrigiert: Angesichts seiner beispiellosen Vita mit den Erfolgsstationen Bremen, Kaiserslautern und Griechenland muss sich Rehhagel um seine Reputation und seinen Platz in der Fußball-Historie nicht mehr sorgen. Die im schlimmsten Fall zu erwartende Handvoll Spott wird er verkraften können.

Hertha BSC ist da in einer deutlich weniger komfortablen Situation. Muss sich der Hauptstadt-Klub doch schon heute eine Panikreaktion oder gar „bewusste Medien-Inszenierung“ (Kaiserslauterns Vorstands-Chef Stefan Kuntz) vorhalten lassen. Die Berliner, die sich nach dem ersten Spiel unter Rehhagel erstmals auf dem Abstiegs-Relegationsplatz wiederfinden, können nur darauf setzen, dass ihr neuer Coach seinen im Schnitt rund 50 Jahre jüngeren Spielern demnächst mehr zu erzählen hat, als – wie aus Mannschaftskreisen verbreitet wurde – auf seine bevorstehende goldene Hochzeit hinzuweisen.

Rehhagel trifft auf Werder Bremen

Unabhängig von den nicht neuen Vorbehalten, Rehhagel sei mit der aktuellen Fußballer-Generation nicht mehr kompatibel, könnte sich für die Berliner ihr vermeintlicher Coup noch aus einem anderen Grund als Bumerang erweisen: Durch einen Coach mit Rehhagels Star-Status, der seinen eigenen Spruch konterkariert, der Star sei die Mannschaft, wird die Konkurrenz zusätzlich motiviert.

In Augsburg hat sich die kesse Ankündigung von Manager Andreas Rettig, die Mannschaft wolle sich eine Majestätsbeleidigung erlauben, mit dem 3:0-Sieg über die Hertha jedenfalls eindrucksvoll erfüllt. Und im nächsten Spiel hat es Rehhagel ausgerechnet mit seinem Ex-Klub Werder Bremen zu tun, der in dem Berliner Trainerwechsel gewiss auch eher eine Motivationshilfe denn ein Grund zur Besorgnis sieht. Bei nur noch elf ausstehenden Spielen wird es sich „König Otto“ nicht mehr lange leisten können, schwache Leistungen mit dem lapidaren Hinweis zu entschuldigen, man könne mit dieser Mannschaft nun einmal „nicht wie der FC Barcelona spielen“. In Berlin wären sie ja schon zufrieden, würde ihr Team künftig wieder so spielen wie unter Markus Babbel...

P.S.: Der Trainer, der mit selten erlebter Konsequenz an der Ruinierung seines Ansehens arbeitet, ist natürlich Felix Magath, der in der Szene nur noch als unbelehrbarer Geldverbrenner wahrgenommen wird.