Stuttgart/München. Die Freude über das Erreichen des Halbfinals im DFB-Pokal trübte beim FC Bayern München die schwere Verletzung von Mittelfeldstratege Bastian Schweinsteiger. Der Nationalspieler zog sich einen Außenbandabriss zu. Wie lange er ausfällt und ob seine EM-Teilnahme gefährdet ist, ist derzeit noch unklar.

Bayern Münchens Jubelchöre über das 2:0 (1:0) beim VfB Stuttgart und das Wahren der Triple-Chance waren schnell verstummt, als Bastian Schweinsteiger die Katakomben der Stuttgarter Arena betrat. Auf Krücken, eingemummelt in einen dicken rot-weißen Schal, humpelte Bayerns Regisseur in Richtung Mannschaftsbus - die ernüchternde Diagnose folgte tags darauf: Abriss des rechten Außenbandes, Pause bis auf unbestimmte Zeit. Gerade hat sich das bayerische Starensemble selbst gefunden, muss es in den vorentscheidenden englischen Wochen erneut ohne seinen Taktgeber auskommen.

Schweinsteiger hatte gerade seine Verletzung am Schlüsselbein überwunden

"Das trifft uns sehr, ein herber Verlust", sagte Jupp Heynckes, Philipp Lahm befand den Rückschlag als "sehr, sehr bitter. Man hat in der Hinrunde gesehen, wie wichtig er für uns ist", erinnerte sich der Kapitän. Und Lahm war nicht der Einzige, der in der bitterkalten Stuttgarter Nacht an diesen 2. November des vergangenen Jahres zurückdachte. Schweinsteigers Schlüsselbeinbruch hatte dem Rekordmeister in der Hinserie nach unzähligen Jubelwochen in die erste Krise gestürzt. "Jetzt müssen eben andere in die Bresche springen", sagte Thomas Müller floskelhaft. Die Erfahrung lehrt aber: Das Bayern-Puzzle ist ohne Schweinsteiger schwer zu lösen.

Heynckes schlug nicht umsonst die Hände vor dem Gesicht zusammen, als Mannschaftsarzt Peter Ueblacker ihm noch am Spielfeldrand die erste Diagnose flüsterte. Wie lange sein Strippenzieher ausfallen wird, konnte Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt am Donnerstag noch nicht sagen. "Eine Prognose werden wir zu einem späteren Zeitpunkt bekannt geben", wird er auf der Vereins-Homepage zitiert. Mit vier Wochen müssen die Bayern aber wohl rechnen.

David Alaba vertritt Schweinsteiger im Mittelfeld

Schweinsteiger war nach den ersten drei Pflichtspielen noch nicht in Bestform, aber wild entschlossen "seine" Bayern zum Triple zu führen. Die sechswöchige Verletzungspause hatte den 27-Jährigen noch gieriger, hungriger werden lassen, so schien es. Als der Nationalspieler nach einem unglücklichen Zusammenprall mit dem ehemaligen Bayern Georg Niedermeier ("Es war keine Absicht") am Mittwoch bereits in der 17. Minute das Feld verlassen musste, war sein Gesicht gezeichnet von Wut und bitterer Enttäuschung. Auch nach der rund zweistündigen Untersuchung am Donnerstagmorgen wirkte er mit Blick auf den dicken Gipsfuß nicht unbedingt freudiger.

Grund zum Optimismus gab zumindest, dass der kollektive Schockzustand der Mannschaft diesmal ausblieb. An jenem 2. November hatten die Bayern gegen den SSC Neapel nach Schweinsteigers Auswechselung aufgehört, Fußball zu spielen - am Mittwoch hingegen machten sie das beste Spiel der Rückrunde. "Nicht nur der Sieg ist wichtig, sondern die Art und Weise", sagte Torschütze Mario Gomez. Heynckes sprach von einem "souveränen Auftritt, der mich sehr zufrieden stimmt." Kombinationsstark, ball- und selbstsicher ließen die Münchner dem Aufbaugegner nicht den Hauch einer Chance. Wohl auch dank Schweinsteigers würdigem Vertreter David Alaba, vor allem aber, weil Heynckes' hochbegabte Offensivreihe ohne den auf die Bank verbannten Arjen Robben die Kreativität wiederfand.

Robben nur auf der Bank

"Ich musste etwas ändern nach dem holprigen Start", erklärte der 66-Jährige seinen Schachzug. Müller statt Robben auf dem rechten Flügel brachte - trotz allen Eskalationspotenzials durch den gekränkten Bankdrücker - den Schwung, der bisher gefehlt hatte. Das 1:0 durch Franck Ribery (30.) leitete der befreite Nationalspieler sehenswert ein, Gomez (46.) sorgte früh für die Entscheidung. Die wiedergewonnene Dominanz sei "wichtig für den Kopf", sagte der ebenso überragende Franck Ribery. "Ob der Knoten jetzt geplatzt ist", führte Müller aber fort, "werden wir erst noch sehen".

Angesichts des alten und neuen Patienten Schweinsteiger wollte Christian Nerlinger die Jubelstimmung gar nicht erst aufkommen lassen. "Genauso, wie nach den ersten drei Spielen nicht alles schwarz war, ist jetzt nicht alles rosarot", mahnte der Sportdirektor. Ob die ohnehin nach wie vor angeschlagene Mannschaft die vorentscheidende Phase in der Liga, das Achtelfinale in der Champions League gegen den FC Basel, ohne ihren Kopf bewältigen kann - fraglich. Alaba kann Schweinsteiger punktuell ersetzen, Anatoli Timoschtschuk auch. Die Mannschaft in spielentscheidenden Phasen mitreißen können sie aber (noch) nicht.

"Der Februar ist für uns extrem wichtig", erinnerte Ribery seine Kollegen. Schweinsteiger bleibt nur die Sicht aus der Vogelperspektive - auch für ihn eine Härteprobe.