Essen. Spielerverträge laufen in der Regeln am 30. Juni aus. Das birgt aufgrund der Corona-Krise Konfliktpotenzial. Das sagen Rechtsexperten dazu.

Der Bundesliga-Spielbetrieb ohne Zuschauer ist nur eines der Themen, die derzeit die Gemüter erregt. Die Frage, was mit den Arbeitsverträgen passiert, ist eine andere. Das dritte große Thema: Die Abstiegsregelung. Wie diese Redaktion berichtete, sieht der Plan der Deutschen Fußball-Liga (DFL) auch Absteiger vor, selbst wenn die Saison abgebrochen wird. Das birgt Sprengstoff, der am Mittwoch offenbar zutage trat. Dem Kicker zufolge waren sich die Klubs in einer Videokonferenz uneins. Die geplante Abstimmung am Donnerstag wurde um eine Woche verschoben.

Werder Bremens Aufsichtsratschef Marco Bode kritisierte danach: „Das ist eine Regelung, die unglaublich viel nach sich zieht. Da kann man nicht einfach en passant wenige Tage vor der Wiederaufnahme des Spielbetriebs eine Entscheidung solcher Tragweite treffen.“ Der Plan soll verhindern, dass abstiegsbedrohte Vereine einen Abbruch der Saison provozieren.

Verhandlung zunächst vor dem DFL-Schiedsgericht

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Auch möglich: Die Vereine könnten vor Gericht gegen die Wertung klagen. Das Vorgehen erklärt der Düsseldorfer Sportrechtler Dr. Paul Lambertz gegenüber dieser Redaktion so: „Sollte ein Verein gegen eine Abstiegsregelung klagen, würde das zunächst vor dem DFL-Schiedsgericht verhandelt werden. Die Vereine haben in den Verträgen mit der DFL eine entsprechende Klausel. Sie könnten im Anschluss an das DFL-Verfahren dann noch vor ein ordentliches Gericht gehen.“

Sportrechtler Paul Lambertz.
Sportrechtler Paul Lambertz. © HO

Den Erfolg vor einem Gericht schätzt Lambertz aber eher als gering ein: „Ob ein Klub dann Recht bekommt, ist wohl eher fraglich. Die Gerichte werden der DFL wohl ein breites Ermessen bei der Änderung der Spielregeln einräumen, innerhalb dessen Regeln angepasst werden dürfen.“

In Frankreich klagt ein Erstligist

Dennoch: In Frankreich unternimmt gerade der FC Amiens diesen Schritt. Der französische Erstligist stand nach Abbruch der Saison aufgrund der Corona-Pandemie als Absteiger fest. "Wir finden, dass die Entscheidung gegen die sportliche Fairness verstößt", begründete Amiens-Präsident Bernard Joannin die Maßnahme auf einer Pressekonferenz. "Die Entscheidung ist eine Bestrafung durch die Liga. Es ist ungerecht."

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„Sehr spannend“ findet Lambertz diesen Fall. „Aber in Deutschland kann ich mir das nur schwer vorstellen, zu groß war und ist die Einigkeit innerhalb der Vereine. Ich glaube daher, dass sie am Ende eine Regelung finden werden, die die meisten akzeptieren.“ In der kommenden Woche soll darüber abgestimmt werden. Lambertz: „Interessant könnte die Frage werden, was passiert, wenn ein Verein der Vereinbarung nicht zugestimmt hat und dann absteigt. In einem Gerichtsverfahren könnte er sich wohl darauf berufen, dass er ja gerade der Änderung der Spielregeln nicht zugestimmt hat und diese deshalb für ihn nicht gelten. Wie das dann von den Gerichten beantwortet wird, ist komplett offen.“

Spielerverträge laufen möglicherweise vor Saison-Ende aus

Unklar ist auch, welche Regelung bei den Spielerverträgen getroffen werden. Normalerweise laufen diese am 30. Juni aus. In der Videokonferenz an diesem Donnerstag sollen die 36 Klubs aus der ersten und zweiten Liga einer Satzungsänderung zustimmen. Diese sieht vor, dass die Saison über den 30. Juni hinaus verlängert werden kann. Der DFB-Pokal ist bereits für den 4. Juli terminiert. Die Transferfenster sollen angepasst werden.

Martin Schimke ist auf das Arbeitsrecht spezialisiert.
Martin Schimke ist auf das Arbeitsrecht spezialisiert. © Socrates Tassos / FUNKE Foto Services

Ein strittiges Thema: „Wenn in diesem Vertrag ein Datum festgeschrieben ist, dann ist das bindend. Vertrag ist Vertrag“, sagt Arbeitsrechtler Prof. Martin Schimke. „Eine Möglichkeit bestünde allerdings darin, eine Vertragsverlängerung beziehungsweise einen Anschlussvertrag auszuhandeln.“ Vorausgesetzt ist dabei die Zustimmung des Spielers, sagt der frühere Basketball-Profi aus Hagen und Richter am Internationalen Sportgerichtshof Cas. „Aber kein Spieler wird am 30. Juni einfach so gehen können. Es gibt eine gesetzliche Grundlage, auf die sich die Vereine stützen könnten: Das Institut des Wegfalls beziehungsweise der Störung der Geschäftsgrundlage. Danach kann eine Anpassung des Vertrags gegebenenfalls also eine Vertragsverlängerung verlangt werden.“ Ein Spieler, der den Verein dennoch verlassen würde, weil er sich beispielsweise mit einem anderen Verein geeinigt hat, könnte dann einen Vertragsbruch begehen und müsste mit disziplinarischen Maßnahmen rechnen.

Arbeitsrechtler Schimke: Veränderungen sind regelbar

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Schimke geht davon aus, dass es zu dieser Konfrontation eher selten kommen würde. „Ich halte die Veränderungen für regelbar. Natürlich kann es Einzelfälle geben, die vor dem Arbeitsgericht verhandelt werden könnten. Doch in den meisten Fällen dürfte Absprachen gefunden werden. Für die Spieler wäre ein Prozess unter Umständen auch nicht gerade förderlich für den Ruf.“