Essen. Der Bezahlsender Sky zeigt seinen Abonnenten eine historische Konferenz. Das funktioniert trotz vieler Tore eher so mittelprächtig.
Andre Breitenreiter und Sandro Schwarz waren die heimlichen Stars des Nachmittages. Der Bezahlsender Sky hatte sich entschieden, den wegen der Bundesliga-Zwangspause verwaisten Programmplatz am Samstagnachmittag mit einer historischen Konferenz zu füllen.
Zeitreise mit Sandro Schwarz
Der Sender suchte Partien heraus, die es zuvor schon einmal entsprechend diesem, dem 28. Spieltag der aktuellen Saison gegeben hatte. Breitenreiter und Schwarz waren dabei. Andre Breitenreiter als Trainer in Paderborn, Sandro Schwarz als Mainzer Spieler in der Saison 2001/02.
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Die beiden Fußballlehrer stellten sich jedenfalls als Gesprächspartner für die Phase zur Verfügung, die Sky im Normalfall mit Interviews am Spielfeldrand füllt. Beide Trainer hatten jedenfalls viel Spaß an der Laienschauspieleinlage. Sichtlich um Ernsthaftigkeit bemüht beantworteten sie die Fragen des Moderatorenteams Michael Leopold und Didi Hamann, die ihrerseits so taten, als gehe es um aktuelles Geschehen.
Dass vor allem Sandro Schwarz, der zudem noch ein Mainz-Trikot aus dem Schrank gekramt hatte, immer kurz Zeit brauchte, um die Erinnerung an jene Saison und seine kleinen Zwist mit dem damaligen Trainer Jürgen Klopp, der ihn damals - als Mainz am letzten Spieltag den Aufstieg verspielte - auf die Bank verbannt hatte, aus einem hinteren Winkel des Gehirnes auszubuddeln, war liebenswert und sorgte von vorneherein für eine gute Atmosphäre in der historischen Konferenz.
Torreiche Begegnungen aus dem Fußball-Archiv
Fünf Spiele gab es zu sehen, jenes bereits erwähnte Zweitligaspiel der Mainzer bei Union Berlin, dazu RB Leipzig gegen Hertha BSC, TSG Hoffenheim gegen den 1. FC Köln, FC Augbsurg gegen den SC Paderborn und Bayer Leverkusen gegen den VfL Wolfsburg. Sky hatte tief gegraben und wo es eine Auswahl gab, torreiche oder zumindest mal wichtige Begegnungen herausgesucht.
War das nun eine wirklich historische Konferenz? Die Abschiedssaison von Ralf Rangnick in Leipzig ist noch nicht so sehr lange her, dass Naldo das Wolfsburger Trikot trug auch nur ein klein wenig länger. Dennoch stellt sich nach wenigen Minuten ein leichtes „Weißt-Du-noch-Gefühl“ ein, wenn beispielsweise Serge Gnabry im Hoffenheimer Trikot seinen Kaffeelöffel-Jubel zelebriert, oder Dieter Hecking in Wolfsburg am Seitenrand tobt. Vor allem das Spiel in Mainz ist so lange her, dass Frisuren und Trikots mindestens mal drollig wirken,
Gleichzeitig gibt es auch Konstanten. Hertha? Lange sieglos und in der Krise. Paderborn? Viele Spiele ohne Sieg und unter Druck. Die Sorgen und die Kommentare dazu könnten auch aus der aktuellen Saison stammen.
Augenzwinkernde Abgeklärtheit
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Stichwort Kommentare. Wer viel Fußball schaut, vor allem viele Fußball hört, der fühlt sich gelegentlich auf unangenehme Weise vollgequatscht. Manch einer der Reporter stilisiert während des Liga-Normalbetriebs im Bemühen ein Produkt zu verkaufen, noch den durchschnittlichsten Querpass, der den Mitspieler erreicht zum „unfassbaren“ Geniestreich hoch. Das ersparen die Reporter während der historischen Konferenz sich – und dem Publikum.
Nur zur Beginn versuchten einige der fünf Kommentatoren Live-Atmosphäre zu simulieren, versuchten sich in aufgeregten Torschreien. Das wich schnell einer augenzwinkernden Abgeklärtheit, ein Ton, der dem Anlass, den Spielen aus der Konserve eher angemessen war.
Der historische Effekt nutzt sich ab
Wer nur die Akustik zu beurteilen hat, wird die Ausnahmesituation möglicherweise also dem Normalzustand vorziehen. Aber lohnt deshalb die historische Konferenz? Lange hält der sentimentale „Weißt-Du-noch-Faktor“ jedenfalls nicht vor. Spätestens nach der Mitte der ersten Halbzeit sind die interessantesten Charaktere mindestens zwei Mal durchs Bild gelaufen.
Und dann? Sky präsentiert eine wirkliche Konferenz, mit allen Längen, wenn in allen beteiligten Stadien gerade nichts passiert. Das lässt sich im Normalzustand deshalb gut aushalten, weil jederzeit irgendetwas Unerwartetes passieren kann. Selbst, wenn auf dem Bildschirm alle gemütlich über den Rasen schlendern, bleibt de Fußballfan nur mühsam mit dem Hintern auf der Sofakante. Bei der historischen Konferenz sinkt der Körper im Lauf das Spieles immer weiter zurück in die Polster. Und das ist für ein Fußballspiel deutlich zu viel Entspannung.
Der Vollständigkeit noch die Ergebnisse:
Hoffenheim - Köln 6:0 (2017/18)
Leverkusen - Wolfsburg 4:5 (2014/15)
Leipzig - Berlin 5:0 (2018/19)
Augsburg - Paderborn 3:0 (2014/15)
Union - Mainz 3:1 (2001/02)