Leipzig. RB Leipzig steht erstmals nach einer Bundesliga-Hinrunde an der Tabellenspitze. Euphorie herrscht nach dem abschließenden Sieg aber nicht.

Herbstmeisterschaft? Tyler Adams runzelte die Stirn, als ihm nach dem 3:1 von RB Leipzig am Samstag gegen Augsburg das deutsche Wort für den inoffiziellen Halbserientitel als Weihnachtsgeschenk angeboten wurde. Adams lehnte ab. „Sowas gibt’s doch gar nicht“, sagte der US-Amerikaner. „Halbserienmeister – das muss ein Witz sein.“

Ist es nicht. Der deutsche Fußball liebt die Herbstmeisterschaft, auch wenn diese nur bedeutet, nach 17 von 34 Partien Spitzenreiter zu sein, so wie nun die Sachsen nach dem Dreier gegen den FCA – zum ersten Mal in der Klub-Geschichte.

Leipzigs Trainer Nagelsmann wird gefeiert

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Dem Sieg zum Abschluss der Hinrunde war ein hartes Stück Arbeit vorausgegangen. Die Hausherren gerieten in der achten Minute durch Florian Niederlechner in Rückstand, ehe Konrad Laimer nach der Pause ausglich (68.) und Patrik Schick den Führungstreffer erzielte (80.). Neun Minuten später machte Yussuf Poulsen den achten Ligasieg mit mindestens drei Treffern perfekt – ein Bundesliga-Rekord. „Ja, ist schön“, so kommentierte Timo Werner die Herbstmeisterschaft. Immerhin. Konrad Laimer sah die Sache mit dem inexistenten Titel eher wie Tyler Adams: „Davon können wir uns nichts kaufen.“

In Euphorie brach also niemand aus, als es am Abend zur Weihnachtsfeier ins Leipziger Kunstkraftwerk ging, wo trotzdem der Tabellenplatz gepriesen und Julian Nagelsmann als Architekt dieser Leistung in den Mittelpunkt gerückt wurde. Der Trainer, seit Sommer im Amt, hat den Verein auf eine neue Stufe gehoben. Das war das zentrale Thema der Festtagsreden. Neu, weil das Wort Meisterschaft in den vergangenen Jahren tabu gewesen ist, auch wenn die Leipziger in ihrer ersten Saison nahe dran waren am Titel – sie wurden Zweiter – und ihn auch in der vergangenen Spielzeit mal vor Augen hatten, am Ende waren sie Dritte.

Glück, "dass uns die Gegner am Leben ließen“

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Geht da also was im Jahr vier nach dem Aufstieg 2016? Laimer winkte ab. „Wenn wir unsere Leistung auf den Platz bringen, dann müssen wir uns vor niemandem verstecken“, sagte der Österreicher. Fehlen aber „fünf bis zehn Prozent, dann kann das auch in die andere Richtung gehen“. So geschehen bei den zwei großen Reifeprüfungen der Hinrunde mit den Branchenführern aus Dortmund und München, gegen die RB jeweils nach Rückstand remis spielte. In beiden Partien hatten die Sachsen Glück, dass „uns die Gegner am Leben ließen“, wie Nagelsmann vor dem Augsburg-Spiel resümierte.

Nur sieben Punkte liegen zum Start der Rückrunde zwischen dem Spitzenreiter und dem Fünftplatzierten FC Schalke. So eng war es zuletzt in der Saison 2009/10, damals hieß auch das bislang letzte Mal der Herbstmeister nicht FC Bayern oder Borussia Dortmund. Und so sagte Nagelsmann schon nach dem BVB-Spiel: „Wir haben noch einen Koffer voller Arbeit.“ Das wiederholte er sinngemäß am Samstag und fügte an: „Wir werden die Gier beibehalten, auch wenn wir jetzt nicht in der Verfolgerrolle sind.“

Leitmotiv für die Rückrunde: Meisterschaft

Längst hat der 32-Jährige seinen Arbeitgeber und dessen Personal zum Teil seiner Ambitionen gemacht, hinter vorgehaltener Hand ist das Leitmotiv für die Rückrunde die Meisterschaft. Nur ein Leipziger fügte sich nicht der Vorgabe, nach außen Gelassenheit zu demonstrieren: Tyler Adams. „Alles, was uns interessiert“, sagte der Saisondebütant nach siebenmonatiger Verletzungspause am Samstag sehr unverblümt, „ist, am Ende der Saison ganz oben zu stehen.“