Leipzig. Julian Nagelsmann ist Trainer des Tabellenführers RB Leipzig. Sein Ziel für das Bundesliga-Topspiel am Samstag: Mit Mut die Bayern besiegen.

Julian Nagelsmann will heute zum Friseur. Das macht bei seinen ohnehin kurzen Haaren zwar keinen sonderlich großen Unterschied. Doch der Trainer von RB Leipzig verspricht sich von dem Schnitt etwas. „Vielleicht hilft’s“, sagte er vor dem Top-Spiel gegen den FC Bayern München am Samstagabend (18.30 Uhr/Sky).

Man muss dazu wissen: Sein Counterpart an der Seitenlinie des deutschen Rekordmeisters ist Nico Kovac, der unlängst von Mitgliedern eines Seitensprungportals vor Nagelsmann zum attraktivsten Fußballtrainer der Bundesliga gewählt wurde. Nagelsmann gönnt ihm den Erfolg, trotzdem soll der Friseur für Samstag sein Bestes geben. Allerdings: „Niko kann den Titel gern behalten, wenn ich nach der Partie weiterhin vor ihm platziert bin.“

x-Faktor gegen die Bayern

Es ist für den 33 Jahre alten Nagelsmann nach seinen Hoffenheimer Jahren das erste Mal, dass er in ein Spiel gegen die Bayern geht und in der Tabelle vor dem Abonnement-Meister der vergangenen Jahre steht. RB ist nach drei Spielen und drei Siegen Tabellenführer, die Bayern folgen mit zwei Punkten weniger auf Platz zwei, was die Partie in Leipzig in den Rang eines Spitzenspiels erhebt, obwohl der Bilanz zufolge die Sache eigentlich weniger ausgeglichen scheint: RB ist der Underdog, von acht Begegnungen haben die Sachsen eine remis gespielt, eine gewonnen und sechs verloren – zuletzt das Pokalfinale im Mai mit 1:3.

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Allerdings ist Nagelsmann jetzt der Cheftrainer bei den „Roten Bullen“. Der Neue gilt als x-Faktor in der Partie gegen den großen FCB, und das nicht nur seiner Kennziffern wegen, die besser ausfallen als die seines Arbeitgebers. Drei Niederlagen stehen zwei Siege und ein Unentschieden entgegen. Dieser Trainer hat ein besonderes Faible für Spiele gegen den Branchenprimus.

Vor zwei Jahren sendete Nagelsmann Zeichen

Nagelsmann stammt aus Landsberg am Lech, das liegt 60 Kilometer westlich von München. Als Kind, erzählte er am Donnerstag, sei er wie alle anderen Kinder auch „Bayern-Fan“ gewesen. „Nur die Mutigen haben zu 1860 gehalten“, dem zweiten Münchener Klub, für den er in der Jugend gespielt hat. Dennoch blieb der Verein von der Säbener Straße die heimliche Nummer eins, auch wenn er das gestern herunterspielte.

Vor zwei Jahren, als es beim Rekordmeister um die Nachfolge des glücklosen Carlo Ancelotti ging, verriet der Jungtrainer, dass die Bayern in seinen „Träumen eine etwas größere Rolle“ spielen. Er komme schließlich aus der Nähe, habe in München gewohnt und dort sein Haus stehen. Als würde er diese Zuneigung untermalen wollen, zeigte er sich in der Bewerbungsphase bei einem Spiel der Bayern in einem knallroten Dufflecoat – was allerdings nicht dazu führte, dass er aus Hoffenheim zum Klub seiner Träume wechselte, sondern sich plötzlich weiter davon entfernte. Im Mantel wirkte es, als würde er sich heranschmeißen.

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Seither geht Nagelsmann merklich auf Distanz. „Aus dem Zusammenhang“ seien seine Aussagen damals gerissen worden, versicherte er. Von einer persönlichen Beziehung zu den Bayern wisse er sowieso nichts. Sein Interesse am Gegner: rein sportlich. Der Mantel: Bei Ebay für 1560 Euro gekauft. Der Erlös: gestiftet. Und sollte er niemals Trainer bei den Bayern werden, dann: „Werde ich trotzdem sehr glücklich sein.“

„Eine besondere Herausforderung“

So hat es sich für den Moment zwischen dem jungen Coach und dem altehrwürdigen Klub, dem er am Samstag zum siebten Mal gegenübersteht. Nagelsmann machte deshalb kein großes Ding aus dem TopSpiel, in dem ihm vermutlich der defensive Spielmacher Kevin Kampl wegen Schmerzen im Sprunggelenk fehlen wird. Nach vier Spieltagen ist ja weder etwas gewonnen noch verloren. „Gegen die Bayern zu spielen“, sagte Nagelsmann, „ist eine besondere Herausforderung. Du kannst 2:0, 3:0 führen – und trotzdem hast du sie nicht besiegt, wenn du nicht bis zum Schluss Vollgas gibst. Man muss sich unbedingt zutrauen zu gewinnen.“

Das aber ist bei ihm kein Thema, heimliche Romanze hin oder her. Ob mit oder ohne neue Frisur: „Ich will gewinnen!“