Berlin. . Lars Windhorst galt als Wunderkind der Wirtschaft und begleitete Kanzler Helmut Kohl. Nun investiert er 125 Millionen Euro in den Bundesligisten.

Einen wie ihn findet man in der deutschen Wirtschaft kein zweites Mal. Lars Windhorst, 42, gilt als eine der schillerndsten Unternehmerfiguren des Landes – und als eine der umstrittensten. Auf einen Blitzstart als Business-Wunderkind folgten mehrere Insolvenzen und Verurteilungen wegen Untreue, doch der Finanz-Jongleur rappelte sich immer wieder auf, fädelte spektakuläre Deals ein und überlebte selbst einen Flugzeugabsturz. Kurz: Langweilig wurde es mit Windhorst nie.

37,5 Prozent der Anteile

Was das für die Zukunft von Hertha BSC heißt? Das wird sich erst zeigen müssen. Fest steht: Der Investor agiert seit vergangener Woche auf dem Bundesliga-Parkett – für stolze 125 Millionen Euro sicherte sich Windhorst über seine Beteiligungsfirma Tennor 37,5 Prozent der Anteile an der Hertha BSC KGaA, plus Option auf Aufstockung. In der Saison 2020/21 kann er weitere 12,4 Prozent erwerben – ein Zukauf, für den erneut ein dreistelliger Millionenbetrag fällig wäre.

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Bei den Berlinern schürt der Deal Euphorie. „Diese Zusammenarbeit ist richtungweisend für unseren Verein“, sagte Manager Michael Preetz. Aufsichtsratschef Torsten-Jörn Klein sprach von einem „Meilenstein für die Zukunft“. Dass der Hauptstadtverein nun schlagartig zu einem „Big City Club“ mutiert, wie es sich Windhorst langfristig erhofft, ist allerdings utopisch.

Ein Teil des Geldes für Schuldenabbau

Von den Sphären der Hauptstadt-Player aus Madrid, Paris oder London bleibt Hertha vorerst weiter entfernt als der Flughafen Berlin-Brandenburg von seiner Eröffnung. Zumal das frische Geld nicht komplett in neue Spieler fließt.

Einen Teil der Finanzspritze werden die Berliner nutzen, um ihre erheblichen Verbindlichkeiten (117 Millionen Euro) abzubauen. Für Transfers dürften eher 80 bis 100 Millionen Euro bleiben, verteilt auf zwei bis drei Jahre. Für Hochkaräter wird das nicht reichen, aber zumindest darf Preetz nun ein Regal höher greifen als zuvor. Während der Manager bislang (oft erfolgreich) nach entwicklungsfähigen Talenten fahndete, rücken künftig verstärkt gestandene Profis in seinen Fokus. Allzu große Sprünge erwartet er aber nicht. Das Geld erhöhe jedoch „die Chance, mittelfristig in Reichweite internationaler Plätze zu kommen“.

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In Fan-Kreisen wurde der Einstieg der Beteiligungsfirma skeptisch beäugt, nicht zuletzt wegen der Personalie Windhorst. Mit einem lokalpatriotischen Fußball-Förderer wie Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp hat der gebürtige Ostwestfale nichts gemein. Er gibt offen zu: „Wir wollen Geld verdienen.“

Geldeinsammler mit Hang zum Risiko

Darum ging es Windhorst schon immer. Als Teenager schraubte er in den Neunzigern erste Computer zusammen. Er war noch keine 20, als er bei Auslandsreisen von Bundeskanzler Helmut Kohl mit zu den Wirtschaftsdelegationen gehörte. Nach zwischenzeitlichen Insolvenzen akquirierte er große Summen für Investments in strauchelnde Firmen, sei es für ein Bergwerk in Südafrika, eine Unterwäschefirma oder eine Schiffswerft.

Beobachter beschreiben ihn als brillanten Geldeinsammler, unterstellen ihm aber auch einen Hang zum Risiko. Die Hertha-Verantwortlichen hat das nicht gestört, wohl auch, weil sie von 2014 bis 2018 erfolgreich mit dem Private-Equity-Konzern KKR kooperiert hatten, dem der Ruf eines Heuschrecken-Investors vorauseilte. Zudem wird Tennor mit zwei Aufsichtsratssitzen in der Hertha-KGaA kaum Einfluss auf das operative Geschäft haben.

Beinfreiheit gewonnen

In puncto Finanzen haben die Berliner durch den Pakt mit Windhorst vorerst an Beinfreiheit gewonnen. Läuft alles nach Plan, bauen sie Schulden ab und sportliches Kapital auf. Klar ist aber auch: Auf dem Weg in die ersehnte goldene Zukunft als Topklub sind die Investoren-Millionen nur ein Startkapital.