Mainz. Mit dem dritten Sieg in Serie tanken die Münchener Selbstvertrauen, doch so schnell wird der Klub die legendäre Pressekonferenz nicht los.

Das Lob kam aus berufenem Munde. Klaus Hafner, der ewige Stadionsprecher beim FSV Mainz 05, der schon im alten Bruchwegstadion die Menschen wie ein Marktschreier in Wallung brachte, hatte sich kopfschüttelnd ob der entzündeten Bengalos der eigenen Ultras abgedreht, als das Unikum auf der Gegenseite in der Fankurve des FC Bayern das riesige Trikot erblickte, das den J-Block überspannte. Darauf stand: „§1 Die Clubfarben sind unantastbar“. Hafner bedankte sich über das Stadionmikrofon sodann explizit bei den Gäste-Anhängern für ihre kreative Inszenierung.

Auf der VIP-Tribüne hockten derweil Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß (mit rot-weißem Schal), die im dritten Auswärtsspiel seit ihrer sagenhaften Generalschelte vorgeführt bekamen, wohin eine zweckentfremdete Anwendung des Grundgesetzes führt. Kommentare gaben die Bayern-Bosse im Nachgang des 2:1-Erfolgs bei bemühten, aber limitieren Mainzern nicht ab, aber allein das genüssliche Grinsen des präsidialen Oberhaupts Hoeneß verriet am Samstagabend: So lange wir gewinnen, stört mich eine Kundgebung aus der Kurve kein bisschen.

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In dem fürwahr gewöhnungsbedürftigen mintgrünen Outfit fuhr der Favorit „einen Arbeitssieg“ ein, wie Niko Kovac es nannte. „Der sicherlich nicht so glänzend war, wie wir uns das erhofft haben", gestand der Bayern-Trainer, „aber es geht nicht alles von jetzt auf sofort.“ Dafür haben die vier sieglosen Pflichtspiele vor der Länderspielpause wohl zu viel vom Selbstverständnis zerfressen. Es sprach in der erstmals ausverkauften Arena am Mainzer Europakreisel – diese Garantie gibt der FC Bayern bei seinen Gastspielen wie ein Grundrecht ab – für das zurück erlangte Selbstbewusstsein, dass sich die Münchner weder durch einen per Videobeweis aberkannten Thiago-Treffer (31.) noch durch den aus heiterem Himmel zustande gekommen Ausgleich von Jean-Paul Boëtius (48.) aus der Bahn werfen ließen.

Der später mit einer Knöchelverletzung ausgeschiedene Leon Goretzka per sehenswerter Direktabnahme (39.) und der von Robert Lewandowski mustergültig freigespielte Thiago (62.) brachten die Bayern jeweils in Führung, womit ohne Frage die bessere Mannschaft gewann. Der diesmal für den gesperrten Arjen Robben als Fleißarbeiter auf rechten Flügel auffällige Thomas Müller war froh, „drei Punkte nach hause gearbeitet“ zu haben. Seine Erklärung: „Der Gegner kämpft um jeden Quadratzentimeter und öffnet nicht Tür und Tor. Man kann uns das schon glauben, wenn wir sagen, dass man sich jeden Sieg erarbeiten muss. Natürlich würden wir uns wünschen, dass wir den Ball noch das ein oder andere Mal öfter über die Linie bekommen.“ Aber auch Müller reicht es in dieser Phase, wenn Arbeitsethos und Ergebnis stimmig sind.

Kovac will Serie fortsetzen

Kovac empfahl noch an Ort und Stelle, „auch die nächsten Spiele zu gewinnen“. Dienstag im DFB-Pokal beim Außenseiter SV Rödinghausen in Osnabrück, dann Samstag in der Liga gegen den SC Freiburg und schlussendlich in der Champions League gegen AEK Athen, „da wollen wir den Sack zumachen“. Ehe der wahre Lackmustest für das Mia-san-Mia-Gefühl erfolgt: Das mutmaßliche Gipfeltreffen bei Borussia Dortmund (10. November). Den Termin hat Kovac schon abgespeichert wie den Geburtstag seiner Frau, denn der 47-Jährige machte keinen Hehl daraus, dass das anstehende Gipfeltreffen die wahre Bewährungsprobe wird. „Wir wollen mit einem positiven Gefühl in dieses letzte Spiel gehen“, sagte der gebürtige Berliner – und meinte damit die Partie vor der letzten Länderspielpause der Vorrunde. Wie sehr ihn der Meisterschaftskampf mit dem allseits belobigten BVB beschäftigt, war auch an dieser Anmerkung abzulesen: „Am achten Spieltag war noch keiner Meister, am neunten auch nicht. Wir müssen nachlegen.“

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Der Trainer war übrigens auch der einzige aus der Münchner Delegation, der hernach auf die Frage zum Farben-Plädoyer aus dem Bayern-Fanblock eine Antwort gab. „Auch in diesen Trikots können wir Spiele gewinnen. Ich bin ein bunter Typ. Ach wissen Sie, ich finde alle Farben schön...“ Eher der Bayern-Coach die Farbenlehre vertiefte, half ihm der Mainzer Trainer Sandro Schwarz aus der Patsche. „Schwarz!“ rief der Fußballlehrer hintersinnig aus – und hatte die Situation gekonnt gerettet. Zur Belohnung gab es nach der Pressekonferenz noch eine kräftige Umarmung unter Kollegen. Die Bayern-Welt, sie kommt langsam wieder in Ordnung.