Wolfsburg. Die Profis des FC Bayern zeigten beim 3:1 in Wolfsburg die bessere Reaktion auf die Münchener Krise als zuvor die nervöse Vereinsführung.

Das Gespür von Thomas Müller, auch in kniffligen Momenten den richtigen Ton zu treffen, bleibt ihm treu. Wieder nicht von Anfang an gespielt, dieses Mal auch nicht eingewechselt: Der Offensivspieler des FC Bayern hatte zuletzt wie sein Arbeitgeber eine Krise zu beklagen, die bundesweit unter medialer Beobachtung stand. Trotzdem wählte Müller nach dem 3:1 (1:0) beim VfL Wolfsburg einen anderen Weg der Frustbewältigung. „Für uns ist es wichtig“, sagte er, „dass wir unsere Meinung nicht immer nach außen tragen – auch wenn wir die haben.“ Müller und die Münchener Kollegen schwiegen mehrheitlich zu der Pressekonferenz vom Freitag, die bis weit nach Spielende alles überlagerte. Sie ließen lieber sportliche Taten sprechen.

Der fünfte Sieg im achten Bundesligaspiel der Saison wird schnell vergessen sein. Er war jenes Stück Normalität, nach dem sich der erfolgsverwöhnte FC Bayern sehnt. Pässe auf Torjäger Robert Lewandowski in die Spitze, Tore des Polen plus diese den Gegner erschlagende Dominanz: Nach diesem bajuwarischen Strickmuster wurde am achten Spieltag erfolgreich weitergemacht. Lewandowski schoss die Treffer zum 1:0 (30. Minute) und 2:0 (49.), ehe er das 3:1 (72.) durch James Rodriguez vorbereitete.

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„Es ist ein erster Schritt“, sagte Bayern-Trainer Niko Kovac, dessen Mannschaft drei Tage vor dem Champions-League-Spiel bei AEK Athen mehr als gewünscht rennen musste. Nach einem Platzverweis von Arjen Robben (57./Gelb-Rot) war der Favorit kurz ins Wanken geraten und hatte das 1:2 (63.) durch Wout Weghorst hinnehmen müssen. Aber die Art und Weise, wie der Rekordmeister in Unterzahl auftrat, signalisierte: Hier meldet sich ein Team mit Wucht und Selbstvertrauen zurück. Aber woher genau war Letzteres nach vier sieglosen Spielen eigentlich hergekommen?

Merkwürdiges Schauspiel am Freitag in München

Natürlich gab es diesen medialen Versuch, einen Zusammenhang zwischen Freitag und Samstag herzustellen. Hat also die bundesweit beäugte Pressekonferenz mit Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, Präsident Uli Hoeneß und Sportdirektor Hasan Salihamidzic, bei der eine respektlose Berichterstattung über den zuletzt formschwachen FC Bayern scharf kritisiert worden war, zur Besserung beigetragen? „Dazu sage ich nix“, meinte Innenverteidiger Mats Hummels. Er verließ das Stadion in Wolfsburg recht gut gelaunt und hatte auf diese Weise die wohl bestmögliche Fortsetzung eines merkwürdigen Schauspiels abgeliefert.

Der Wutanfall der Vereinsführung schaffte es am Wochenende in alle medialen Ressorts – vom Sport über die Politik und das Feuilleton bis zur Satire. Mit dem souveränen Auswärtssieg in Wolfsburg hat die Münchener Mannschaft ihre Vorgesetzten in Schutz genommen. Das war notwendig geworden, weil Rummenigge und Hoeneß es am Freitag anders herum versucht und dabei über das Ziel hinausgeschossen hatten.

Die wütenden Worte und die schönen Tore haben gemeinsam geschafft: Über mögliche Probleme von Kovac in der Rolle des Münchener Trainers wird in den nächsten Tagen vorerst nicht mehr gesprochen. Der Kroate gestand aber, dass auf seinem Team ein gehöriger Druck gelastet habe.

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Eine Auswirkung der Wucht der Pressekonferenz auf die guten Taten auf dem Spielfeld mochte Kovac nicht erkennen. „Ich bin für den Sport zuständig. Für Fußball und für meine Mannschaft“, sagte der Bayern-Trainer. Ihn hatten Rummenigge und Hoeneß bei ihrer Wutrede nicht gestärkt, sondern ihm eher seine gewissenhafte Vorbereitung auf ein wichtiges Spiel erschwert. „Für uns war der Sport entscheidend“, sagte Kovac als Anwalt seiner Mannschaft, um dann selbstbewusst zum Auftritt von Rummenigge und Hoeneß zu ergänzen: „Der Rest war für uns unwichtig.“