München. Die Münchener holen ihren legendären Erfolgstrainer zurück – als Platzhalter für den jungen Julian Nagelsmann. Ein Kommentar.

  • Jupp Heynckes ist 72 Jahre alt, bei allem Respekt kann er nicht die Zukunft des FC Bayern verkörpern
  • Der Favorit Nagelsmann steht zurzeit in Hoffenheim unter Vertrag und ist in der Saison unabkömmlich
  • Es ist also ein riskanter Plan. Für die Bayern, aber auch für Jupp Heynckes - ein Kommentar

Das darf man eine Überraschung nennen. Der FC Bayern holt nach der Entlassung von Carlo Ancelotti dessen Vor-Vorgänger Jupp Heynckes zurück. Also doch nicht Thomas Tuchel, auch nicht Louis van Gaal und ebenfalls nicht Luis Enrique. Sondern der Altmeister, der Triple-Gewinner von 2013. Der Freund des Präsidenten Uli Hoeneß.

Heynckes ist mittlerweile 72 Jahre alt, bei allem Respekt kann er nicht die Zukunft des FC Bayern verkörpern. Die aber ist garantiert längst geplant worden. Heynckes soll bis Saisonende bleiben und dann einem Jüngeren Platz machen. Der Favorit: Julian Nagelsmann, 30, zurzeit bei der TSG Hoffenheim unter Vertrag und deshalb mitten in der Saison unabkömmlich.

Ein riskanter Plan. Für die Bayern, aber auch für Heynckes.

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Ginge es schon wieder gut mit dem Trainer-Routinier, der nach 1987, 2009 und 2011 bereits zum vierten Mal bei den Bayern anheuert, stünde der Nachfolger vom ersten Tag an unter einem immensen Druck – er müsste ständig Vergleiche mit Heynckes aushalten. Und diesem Kenner und Könner ist es durchaus zuzutrauen, dass er die aus der Spur geratene Bayern-Mannschaft wieder auf Kurs bringt und auch diese problematisch begonnene Saison mit zumindest einem Titelgewinn abschließt.

Aber es besteht eben auch die Gefahr, dass Jupp Heynckes seinen exzellenten Ruf aufs Spiel setzt. Es gab keinen besseren Zeitpunkt für den Übergang in den Ruhestand als den Sommer 2013 – direkt nach dem Gewinn von Champions League, Deutscher Meisterschaft und DFB-Pokal in einer Saison. Damit hatte sich Heynckes endgültig zur Legende gemacht. Wenn er diesmal scheitern sollte in diesem Münchener Gewirr aus Egoismen, Eitelkeiten und Eifersüchteleien, dann bliebe als letztes Bild das eines Verlierers. Und das wäre jammerschade.

Jupp Heynckes wird sich sehr mit dem FC Bayern und besonders mit Uli Hoeneß verbunden fühlen, sonst würde er sich das nicht mehr antun. Aber dieser Freundschaftsdienst könnte ihm noch schwer leid tun. Hoeneß hingegen steht zurzeit blendend da: Als Punktsieger im klubinternen Gerangel mit dem Vorstands-Chef Karl-Heinz Rummenigge. Es ist kein Geheimnis, dass der für Thomas Tuchel votierte. Hoeneß bevorzugte eine Interimslösung, um dann Nagelsmann holen zu können. Von Tuchel war der Präsident nicht voll überzeugt. Und diese Bedenken lassen sich nachvollziehen. Die Bayern werden so schlau gewesen sein, sich bei Borussia Dortmund zu erkundigen. Und der frühere BVB-Spieler Mats Hummels, der sich bekanntlich nicht zum Vorsitzenden eines Thomas-Tuchel-Fanklubs wählen lassen würde, wird ihnen auch einiges geflüstert haben.

Die krampfhafte Suche der Bayern nach einer starken Lösung und der nun eingeschlagene Weg des Kompromisses zeigt aber auch eines: Die Auswahl auf dem deutschen Trainermarkt ist derzeit nicht gerade üppig. Solange Top-Trainer wie Joachim Löw oder Jürgen Klopp gebunden sind, kann von einer Ideallösung so oder so nicht die Rede sein.