Prag. Die deutsche Nationalmannschaft kam in Tschechien zu einem glücklichen 2:1-Sieg. Bundestrainer Joachim Löw hatte sein Team mehrfach umgestellt.

  • Die deutsche Nationalmannschaft kam in Tschechien zu einem glücklichen 2:1-Sieg
  • Bundestrainer Joachim Löw hatte sein Team mehrfach umgestellt
  • Diese Strategie ist richtig

Julian Brandt ist ein schlauer Junge. Wenige Profis in seinem Alter können nach einer Partie so geschmeidig parlieren wie der 21 Jahre alte Flügelstürmer aus Leverkusen. Warum ein Spiel gut gelaufen ist, weiß Brandt zu berichten. Woran es haperte, wenn nicht. Und manchmal ist der Nationalspieler auch so klug und hält den Mund.

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Er habe auf dem Feld schon gemerkt, dass die Sache in die Hose gehen würde, sagte Brandt nach dem glücklichen 2:1 der deutschen Nationalelf gegen Tschechien, das die WM-Teilnahme fast schon sicherte. Ob man dann nicht das System ändern müsse, wurde er gefragt. Kurzes Herumdrucksen, um Zeit zu gewinnen. Dann sagte Brandt: „Wir haben es beibehalten und zumindest das Ergebnis gibt uns Recht.“ Wäre ja beim Bundestrainer vielleicht auch nicht so gut angekommen, wenn so ein Emporkömmling ihm erzählt, wie er seinen Job zu machen habe.

Löw ließ in einer Art 3-1-4-2-System agieren

Aber ein gewisses Unbehagen mit der Umsetzung der ungewöhnlich offensiven Aufstellung war doch irgendwie bei allen Beteiligten zu spüren. Joachim Löw hatte in einer Art 3-1-4-2-System agieren lassen, das situativ zwar eine Fünferkette in der Defensive vorsah, aber vor allem auf Angriff getrimmt war: Mit Toni Kroos gab es nur einen Sechser, der sich jedoch als Zehner fühlt, mit Thomas Müller und Mesut Özil zwei echte Zehner davor. Und dann waren da noch die beiden Außenverteidiger, die aber eigentlich Außenstürmer darstellten – Jonas Hector und eben Brandt. „Wir wollten mit all den offensiven Spielern Räume aufreißen“, erklärte dieser. Geklappt habe das aber nicht. Am Ende sorgten der deutsche Sturm und Drang dafür, dass Tschechien munter kontern durfte. „Wir haben fast schon um ein Gegentor gebettelt“, fand Löw, der erkannt haben dürfte, dass vor allem der gelernte Angreifer Brandt nicht die ideale Wahl für die Außenverteidiger-/Außenstürmerposition ist.

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Aber Löw fand nicht, dass es am System selbst lag: „Vor dem 16er haben wir viele Bälle verloren. Dadurch war der Raum offen“, erklärte er und hatte Recht. Denn es war eher die fehlende Konzentration einer über Monate so nicht zusammen spielenden Mannschaft, die eine untypisch wilde Partie zuließen, statt einer vermurksten Taktik. Löw hat vor einiger Zeit erkannt, dass es zwei Schlüssel zum WM-Titel 2018 gibt: Die Durchschlagskraft vor dem Tor erhöhen und taktisch flexibler sein als jede andere Nation. Er hat daraufhin beides miteinander kombiniert: Seine Elf beherrscht jetzt Vierer- wie Fünferkette und allerhand Mischformen. Sie kann Zwei-Stürmer wie Ein-Stürmer-Systeme, und sie kann in Sekunden die Grundordnung ändern wie ein Chamäleon die Farben. Gelungen ist das Löw, weil er das in den vergangenen Monaten ausprobierte – und dabei sogar erfolgreich blieb. Sieben Siege in sieben WM-Qualifikationsspielen, nur zwei Gegentore, und dazu gab es den Gewinn des Confed Cup. So war es letztlich auch in Prag: Das Experiment mit Brandt ging zwar schief, aber das Spiel 2:1 aus.

Wichtiger jedoch sind die Aussichten für Löw, und die trug Müller gut zusammen: „In der Zukunft ist alles möglich. Wir sind extrem flexibel und haben viele unterschiedliche Spieler. Da kann der Bundestrainer aus dem Vollen schöpfen“, sagte der Münchner. „Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.“ Keine vielleicht nicht. Aber wenige.