Hamburg. Vorstandschef Heribert Bruchhagen um Gelassenheit. Doch vor dem Bundesliga-Start hat der Hamburger SV vor allem ein Kaderproblem. Der Check.
Heribert Bruchhagen war vor vielen Jahren einmal Gymnasiallehrer. Geografie und Sport hat er unterrichtet, bevor der heute 69-Jährige beim FC Schalke 04 seine Karriere 1989 als Fußballfunktionär begann. Ob Bruchhagen auch mal in Mathematik vertreten musste, ist nicht überliefert.
Als Vorstandschef des Fußball-Bundesligisten Hamburger SV muss er viele Zahlen im Blick behalten. Der ganz große Rechenkünstler ist Bruchhagen aber offenbar nicht. Der Klubchef stellt seine Gleichung für die kommende Spielzeit so auf: „18 Vereine haben das Ziel, nicht auf den letzten drei Plätzen zu landen“, begann er. „Und bis auf den Deutschen Meister Bayern München haben alle Klubs das Ziel, besser abzuschneiden als in der Vorsaison.“ Bruchhagens Erkenntnis: „Das heißt mathematisch, dass von 18 Vereinen zwölf ihre Ziele nicht erreichen werden.“ Ende der Rechnung.
Kein einfaches Unterfangen
Welche Formel Bruchhagen verwendet hat, wurde nicht deutlich. Was der HSV-Boss aber ausdrücken wollte: Nach der Rettung in vorletzter Minute der vergangenen Spielzeit erwartet den Klub erneut eine schwere Saison. Der HSV hat daher eigentlich nur ein Ziel: nicht einen der letzten drei Plätze zu belegen. Auch wenn Bruchhagen in der Formulierung der Ziele bislang noch ein wenig hin und her schwankte. „Wenn man sich zu hohe Ziele setzt, sind die Realisten pikiert. Wenn man bescheidene Ziele formuliert, ist es auch nicht richtig. Mit den Aussagen, die man macht, stellt man immer nur 50 Prozent zufrieden“, sagt Bruchhagen in einem Ausflug in die Prozentrechnung.
Kein einfaches Unterfangen, schließlich wird beim HSV traditionell mehr Politik als Sport betrieben. Und auch in diesem Sommer bestimmte ein Machtkampf um Neuzugänge hinter den Kulissen das Treiben in Hamburg. Der Aufsichtsrat hatte den Vorstand beauftragt, den Gehaltsetat des Profikaders zu senken. Das Problem: Kaum ein Spieler, den der HSV gerne abgeben würde, stößt bei anderen Vereinen auf Interesse.
René Adler (Mainz 05), Matthias Ostrzolek (Hannover 96) und Johan Djourou (Antalyaspor) hatten Hamburg ablösefrei verlassen. Für Michael Gregoritsch (FC Augsburg) bekam der HSV rund fünf Millionen Euro in die Haushaltskasse. Man muss kein Rechenkünstler sein, um zu erkennen, dass das angestrebte Einnahmen-Ausgaben-Verhältnis bislang nicht im Einklang steht.
Für insgesamt 19 Millionen Euro verpflichtete Sportchef Jens Todt die bisherige Leihgabe Kyriakos Papadopoulos (6,5 Millionen Euro/Leverkusen) sowie Stürmer André Hahn (6/Mönchengladbach), Torhüter Julian Pollersbeck (3,5/Kaiserslautern) und die Verteidiger Rick van Drongelen (3/Sparta Rotterdam) und Bjarne Thoelke (ablösefrei/Karlsruhe).
Doppeltes Gehalt für Wood
Zudem wurde der Vertrag von Stürmer Bobby Wood verlängert und das Gehalt des US-Amerikaners verdoppelt. Investor Klaus-Michael Kühne hatte öffentlich den Druck erhöht, der HSV daraufhin den Sparkurs aufgeweicht.
Ob Trainer Markus Gisdol mit dem neuen Kader die ersehnte ruhige Saison gelingt, hängt entscheidend davon ab, ob der HSV gegen Augsburg am Samstag, 19. August (15.30 Uhr/Sky), mit einem Sieg in die Saison starten kann. Gisdol stellt fest: „Dann hätten wir bereits mehr Punkte als im Vorjahr nach zehn Spieltagen.“
Prognose: Der Bundesliga-Dino bleibt sich treu. Hamburg wird auch die 55. Saison als Erstligist beenden. Viel mehr als der Kampf um den Klassenerhalt ist aber auch in diesem Jahr nicht drin.