Essen/Stuttgart. Hannes Wolf steht mit dem VfB Stuttgart vor seiner ersten Bundesligasaison. Die Erwartungen sind hoch. Deshalb nehmen Turbulenzen wieder zu.
Vielleicht erklären schon die drei Antworten, die Hannes Wolf begleitet von einem deutlichen Augenzwinkern fallen lässt, warum die Fans des VfB Stuttgart ihren Trainer ins Herz geschlossen haben. Gefragt nach dem Ziel für die Saison, meint Wolf: „Viel laufen.“ Zur Kaderstärke erklärt er: „Hoffentlich gut.“ Und wie fühlt es sich an, in der Bundesliga zu arbeiten? „Sehr cool.“
Wir nehmen alle 18 Klubs vor dem Start unter die Lupe
Derzeit schwitzen die Bundesliga-Profis in den Trainingslagern, bestreiten Testspiele, schreiben auf Fanfesten Autogramme. Am 18. August ist das Vorgeplänkel vorbei. Dann empfängt der Meister Bayern München das Team von Bayer Leverkusen zum Eröffnungsspiel der 55. Bundesliga-Saison.
Ihnen dauert es zu lange bis zum ersten Anstoß? Mit der Serie „Anpfiff. Der Bundesliga-Check“ verkürzen wir die Wartezeit bis zum Saisonstart. Ab heute stellen wir in jeder Ausgabe eine der 18 Mannschaften vor. Wer sind die neuen Stars? Wie lief die Vorbereitung? Was hat der Trainer geändert? All’ diese Fragen beantworten wir. Unsere Autoren geben auch eine Prognose zum Saisonverlauf des vorgestellten Teams ab.
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Der 36-Jährige findet seit seinem Wechsel im September 2016 von Borussia Dortmunds Jugendabteilung zum VfB die richtige Mischung aus Lockerheit und Konzentriertheit. Das gefällt den Fans, das sorgte für sportlichen Erfolg. Der Verein schaffte als Zweitliga-Meister den Wiederaufstieg. Zehntausende feierten im Mai, die Euphorie ist seitdem riesig. Trotzdem erinnern die Schwaben in diesen Tagen ein wenig an den Intriganten-Stadl vergangener Jahre. Es rumort im Klub – und das vor einer Spielzeit, in der die Basis gelegt dafür werden soll, um in Liga eins wieder sesshaft zu werden.
Der Grund: Erst am Freitag wurde Sportvorstand Jan Schindelmeiser gefeuert. Ein kleines Erdbeben. Dem Vorstand fehlte ein klares Kader-Konzept. „Wir bedauern diesen Schritt“, sagte Wolfgang Dietrich diplomatisch. Seit vergangenen Oktober ist der 69-Jährige Präsident des VfB und hat in diesem Sommer gleich mal herausposaunt, die Schwaben zur Nummer drei im Land – nicht im Ländle – machen zu wollen hinter dem FC Bayern und Borussia Dortmund. Dietrich und seine Kollegen seien jedoch nicht davon überzeugt gewesen, dass die Umsetzung der Ziele zu erreichen sei.
Das ist erstaunlich, schließlich hat Schindelmeiser mit der Verpflichtung von Hannes Wolf als Trainer großen Anteil am sportlichen Aufschwung der Stuttgarter. Ein wirtschaftlicher soll folgen, dafür hat der nun Geschasste die Ausgliederung der Profiabteilung in eine Aktiengesellschaft mit vorangetrieben. Schindelmeisers Nachfolger ist auch schon da: Michael Reschke, zuletzt drei Jahre lang beim FC Bayern als Technischer Direktor mit der Suche nach Talenten beauftragt. Seine Arbeit beginnt er aber erst Ende August, bis dahin müssen die Schwaben ihre Fußballer beisammenhaben.
Mit Holger Badstuber und Ron-Robert Zieler
So bleibt der Kader vorerst eine Wundertüte. In der Mannschaft steckt mit Neuzugängen wie Chadrac Akolo (FC Sion/6 Millionen Euro Ablöse), Anastasios Donis (Juventus Turin/4) und Torwart Ron-Robert Zieler (Leicester City/4) das Potenzial, positiv zu überraschen. Gleichzeitig bleiben Fragezeichen. Da wäre Aufstiegsheld Simon Terodde, der in den beiden vergangen Zweitliga-Spielzeiten Torschützenkönig war. Ob seine Qualität auch für das Fußball-Oberhaus reicht? Ungewiss.
Da wäre Holger Badstuber, frisch von den Bayern verpflichtet und vor geraumer Zeit mal einer der besten Verteidiger Deutschlands. Ob er nach vielen Verletzungen den Kollegen Sicherheit geben kann? Zweifelhaft. Da wären die 19 Jahre alten Talente Orel Mangala (RSC Anderlecht) und Dzenis Burnic (Borussia Dortmund). Ob sie schnell helfen? Möglich.
Es wird auf die Arbeit von Hannes Wolf ankommen, der aber selbst zu den VfB-Fragezeichen gehört. Für ihn beginnt gerade die erste Bundesliga-Saison. In der Zweiten Liga setzte sich seine Mannschaft verdient durch, trotzdem wechselten sich begeisternde Auftritte mit haarsträubenden Defensivaktionen ab. Wie Wolf mit starkem Gegenwind umgeht, der beim Aufsteiger möglich ist, könnte spannend werden. Er selbst weiß: Nur wenn Stuttgart schnell genügend Punkte einfährt, wird Wolf seine eigene Arbeit in der Bundesliga noch lange „sehr cool“ finden.
Prognose: Stuttgart erlebt eine typische Aufsteiger-Saison. Starker Start, es folgen Höhen und Tiefen, am Ende hält der Verein die Klasse.