Frankfurt. Im entscheidenden Relegationsspiel setzen die Nürnberger gegen Eintracht Frankfurt vor allem auf die Erfahrung ihres Torhüters Raphael Schäfer.

Eingefleischten Fans des VfB Stuttgart kam die Szene bekannt vor. Als Nürnbergs Torhüter Raphael Schäfer in der 56. Minute des Relegations-Hinspiels zwischen Eintracht Frankfurt und dem 1. FC Nürnberg (1:1) aus seinem Kasten stürmte und wild gestikulierend eine Karte für Eintracht-Verteidiger Marco Russ forderte, erinnerte sich manch ein Stuttgarter an das DFB-Pokalfinale 2007. Im Duell zwischen den Schwaben und dem Club sah VfB-Stürmer Cacau nach einer Tätlichkeit früh die Rote Karte. Auch damals hatte es sich Schäfer nicht nehmen lassen, die Karte vehement zu fordern.

Auch interessant

Stuttgart verlor das Finale. Die Quittung erhielt der gebürtige Pole in der nächsten Saison, als er ausgerechnet nach Stuttgart wechselte. Die VfB-Fans konnten ihm die Unsportlichkeit aus dem Finale nie verzeihen. Ein Jahr später war Schäfer zurück in Nürnberg.

Raphael Schäfer macht es nichts aus, der Buhmann des Gegners zu sein. Auf dem Platz ist dem 37-Jährigen jedes Mittel recht – wenn er meint, seiner Mannschaft damit helfen zu können. Im Frankenland ist er nach 372 Spielen für den Club genau deshalb ein Held, bei den meisten Gegnern hingegen äußerst unbeliebt.

Schäfer polarisiert. Am vergangenen Donnerstag ging er aber mindestens einen Schritt zu weit, als er sich eine geschmacklose verbale Entgleisung erlaubte. Der Frankfurter Marco Russ hatte gespielt, obwohl er kurz zuvor von seiner Krebs-Erkrankung erfahren hatte. „Ich glaube, wenn einer wirklich schwer krank ist, kann er keinen Fußball spielen“, sagte der Nürnberger Kapitän.

Es geht auch ums Geld

Auch für Eintracht Frankfurt ist das Relegationsduell nicht nur sportlich bedeutend: Den Hessen droht im Falle des Abstiegs allein bei den TV-Geldern ein Verlust in Höhe von 15 Millionen Euro. Zudem müsste der Spieler-Etat um rund 18 Millionen Euro zusammengestrichen werden.

Die Empörung war groß. Am Tag darauf bat Schäfer Russ, der im Rückspiel an diesem Montagabend (20.30 Uhr/ARD und Sky) wegen seiner zehnten Gelben Karte fehlen wird, öffentlich um Verzeihung. Dieser nahm die Entschuldigung an. Beide Vereine waren sich daraufhin einig, dass der Fokus nach dem Drama um Russ beim Rückspiel wieder auf dem Sport liegen sollte. In dieser entscheidenden Partie setzen die Nürnberger vor allem auf die Erfahrung ihres Torhüters. „Er ist unglaublich wichtig für seine Mitspieler, weil er sie dirigiert und pusht. Wir haben im Hinspiel nur wenig zugelassen“, unterstreicht Club-Trainer René Weiler.

Notverkäufe blieben wirkungslos

Schäfer, der mit Ausnahme jener Saison in Stuttgart seit 15 Jahren das Tor der Nürnberger hütet, weiß mit solchen Drucksituationen umzugehen. Gegen Cottbus (2009) und Augsburg (2010) setzte sich Nürnberg einst in der Relegation durch – Schäfer blieb in allen vier Partien ohne Gegentor. „Die meisten von uns haben vor so einer Kulisse wie im Hinspiel noch nie gespielt. Zu Hause kennen die Jungs die Atmosphäre. Da wissen sie, was auf sie zukommt“, erklärt Schäfer.

Auch interessant

Sollte der Routinier auch heute gegen die im Hinspiel dominante, aber im Abschluss harmlose Eintracht seinen Kasten sauber halten, könnte das die Rettung für seinen finanziell angeschlagenen Herzensverein sein. Rund 16 Millionen Euro betragen die Verbindlichkeiten der Franken. Auch die Notverkäufe von Niklas Stark (drei Millionen Euro, Hertha BSC) und Alessandro Schöpf (sechs Millionen, Schalke 04) konnten die Probleme nicht lösen. Bleibt der Verein in der Zweiten Liga, sind weitere Spielerverkäufe unumgänglich.

Auch deshalb will Schäfer Nürnberg zurück in die Bundesliga führen. „Was danach mit mir passieren wird, werden wir sehen“, sagt er. Vor der Winterpause hatte er schon sein Karriereende angekündigt, im März erlitt er einen Teilabriss der Achillessehne. Am letzten Zweitliga-Spieltag gegen Paderborn feierte er sein Comeback – nun schließt er den Rücktritt vom Rücktritt nicht aus. In Frankfurt und Stuttgart würde sich die Freude darüber wohl in Grenzen halten.