München. Nach Jérôme Boatengs drohendem Saisonaus wird über Ersatzkandidaten und die Gründe für die zahlreichen Muskelverletzungen beim FC Bayern spekuliert.
Jérôme Boateng war zunächst nicht dabei, als sich der erweiterte Kreis der deutschen Nationalmannschaft am Montag in München zur Einstimmung aufs EM-Jahr samt Werbedreh traf. Für den Innenverteidiger des FC Bayern stand eine weitere Untersuchung an, nachdem er sich am Freitag beim 2:1-Sieg der Münchner beim Hamburger SV schwer verletzt hatte.
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Muskelbündelriss im linken Adduktorenbereich, zudem ein Sehnenriss, lautet die vom FC Bayern noch nicht bestätigte Diagnose. Ausfalldauer dem Vernehmen nach: mindestens drei Monate. Womöglich drohe gar das Saisonaus, hieß es, zudem sei die EM-Teilnahme des 27-Jährigen gefährdet. Er werde ihm „die Tür so lange wie möglich offenhalten“, sagte Bundestrainer Joachim Löw am Montag. Und er habe Boateng gesagt, „dass ich an ihn glaube und er es noch schaffen kann, auf den EM-Zug aufzuspringen“. Als Vorbild dient Sami Khedira, der 2014 nach einem Kreuzbandriss zur WM fit wurde und mit Boateng den Titel holte. Am 23. Mai beginnt das EM-Trainingslager.
Boateng: "Bis zur EM sollte es reichen"
Selbst wenn das schlechteste Szenario nicht eintreffen sollte und der Abwehrchef, wie sie in München und bei der Nationalelf hoffen, im möglichen Halbfinale der Champions League Ende April wieder eingreifen könnte, hätte das Jahr kaum mit schlechteren Nachrichten für Bayerns Trainer Pep Guardiola und Löw beginnen können. „Bis zur EM sollte es im Normalfall reichen“, sagte Boateng der Zeitschrift Kicker, gab jedoch zu bedenken: „Ich muss dann aber auch erstmal wieder auf mein gewohntes Level kommen.“
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Beim FC Bayern müssen sie abwägen, ob sie nicht doch nach einem Ersatz für Boateng bis zur Frist am 31. Januar fahnden sollen. „Ohne Benatia, Boateng und mit einem noch nicht ganz gesunden Javi Martínez haben wir ein Problem“, hatte Guardiola schon in Hamburg gesagt. Auch Kapitän Philipp Lahm deutete am Montag an, einen Transfer zu begrüßen, zumal neben dem noch verletzten Medhi Benatia der erste Ersatzkandidat Martínez und Holger Badstuber zuletzt häufig Blessuren erlitten. Transfers seien zwar nicht seine „Baustelle“, sagte Lahm, aber: „Holger war fast zwei Jahre raus. Man weiß nicht, ob er alle drei Tage auf dem Platz stehen kann. Javi hat auch eine Leidenszeit hinter sich, Medhi ist häufiger mal angeschlagen.“ Der zentral schon erprobte Außenverteidiger David Alaba wäre eine denkbare Alternative. Doch reicht dieses Personal, um das Triple anstreben zu können?
Spekulationen über Ersatz für Boateng
Von außen werden den Bayern bereits Ersatzkandidaten zugetragen: Borussia Dortmunds Mats Hummels und Schalkes Joel Matip, zudem Nationalspieler Shkodran Mustafi vom FC Valencia. Realistisch erscheinen all diese Spekulationen aus der Gerüchteküche nicht. Dortmund und Schalke dürften Hummels und Matip kaum abgeben. Und Mustafi war in dieser Saison schon in der Champions League aktiv und wäre deshalb dort für die Bayern nicht spielberechtigt.
Spekuliert wird ebenfalls über die Ursachen für die zahlreichen Muskelverletzungen beim FC Bayern. Sieben Profis hat es in dieser Saison bereits schwerer erwischt. Zählt man leichtere Blessuren hinzu, waren es bereits deren 14. Kritisch hinterfragt wird nun verstärkt Guardiolas Trainingssteuerung und womöglich zu frühe Einsätze genesener Profis. Letzteres könnte im Frühjahr beim Wettlauf gegen die Zeit auch bei Boateng ein Thema werden.