Hamburg. Jeans und Drei-Tage-Bart gefielen dem HSV 2008 nicht an Jürgen Klopp. Der heuerte beim BVB an, während der Absturz der Hamburger seinen Lauf nahm.
Wenn man über das Coach-Chaos des Hamburger SV redet, darf ein Name nicht fehlen: Jürgen Klopp. Der Ex-Mainzer stellt gewissermaßen den Anfangspunkt der Trainer-Misere an der Elbe dar. Denn statt in Dortmund hätte der Meistermacher auch beim HSV landen können. Während der BVB seit Juli 2008 noch immer demselben Mann vertraut, wechselte der HSV seitdem zwölf Mal den Trainer. Erst am Sonntag verkündete der Bundesliga-Dino, dass Sportchef Peter Knäbel den Posten von Joe Zinnbauer bis Sommer übernimmt.
Anfang 2008 saßen der damalige HSV Bernd Hoffmann, Vorstandsmitglied Katja Kraus und Sportchef Dietmar Beiersdorfer (mittlerweile wieder im Amt) mit Klopp zusammen und schnell war man sich einig. Das Konzept der Hamburger hatte den damaligen Mainzer Trainer überzeugt. Doch statt Klopp bekam Martin Jol den Zuschlag.
HSV ließ Klopp überwachen
Der knurrige Niederländer wurde dem gebürtigen Schwaben vorgezogen, da er im Gegensatz zu diesem seriöser auftrat: keine ausgefranste Jeans, kein Drei-Tage-Bart. Kein Witz: Der HSV hatte Scouts beauftragt, die möglichen Trainerkandidaten - neben Klopp und Jol waren Fred Rutten (PSV Eindhoven), Christian Gross (FC Basel) und Bruno Labbadia (Greuther Fürth) im Visier - zu überprüfen. Dabei wurden Kriterien wie Motivation, Training, Taktik und öffentliche Wirkung berücksichtigt. Auch welche Kleidung der Trainer trug, ob er sich rasierte, wann er auf dem Trainingsgelände erschien und wie er mit Spielern, Fans und Medien sprach, stand auf der Liste.
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Drei Wochen lang observierten sie von früh morgens bis spät abends. Als Klopp von der Überwachung erfuhr, sagte er Beiersdorfer ab: "Wer in diesem Geschäft arbeitet, muss wissen, wie ich arbeite. Das ging gar nicht.“ Zu dieser Zeit soll er aber schon nicht mehr in der engeren Auswahl gestanden haben.
Im Ruhrgebiet kam das authentische Auftreten des Konzepttrainers Klopp bei den Offiziellen von Borussia Dortmund hingegen gut an. Sie verpflichteten den Ex-Mainzer und feierten mit ihm die Erfolge, von denen der HSV seit langem träumt. Es ist Spekulation, ob die Hanseaten mit Klopp heute besser dastehen würden. Das Trainer-Karussell mit zwölf Wechseln seit 2008 hätte es möglicherweise jedoch nicht gegeben.
Alle HSV Trainer seit Juli 2008
Martin Jol (01.07.08-26.05.09)
Klopp war den Hamburgern zu unrasiert und lässig, also holte der HSV den knurrigen Niederländer Jol als Nachfolger für den knurrigen Stevens. Unter Jol gab es die letzten erfolgreichen Zeiten an der Elbe zu sehen: Halbfinale Europa League, Halbfinale DFB-Pokal. Auch in der Liga spielten die Rothosen lange oben mit, waren am 21. Spieltag sogar noch Erster.
Bruno Labbadia (01.07.09-26.04.10)
Nach einem Machtkampf verließ Jol Hamburg nach einem Jahr. Labbadia kam und startete - wie so oft - stark, crashte dann allerdings in der Rückrunde.
Ricardo Moniz (26.04.10-30.06.10)
Ricardo Moniz beendete die Labbadia-Saison, in der erst im Europa-League-Halbfinale Schluss gegen Fulham war, in der Liga auf Rang sieben. Erstmals seit sechs Jahren verpasste der Dino die Qualifikation für den Europapokal.
Armin Veh (01.07.10-13.03.11)
Auch unter Veh kehrte keine Konstanz beim HSV ein. Nach einem 0:6 gegen Bayern musste er seine Koffer packen. Manager zu der Zeit: Ex-Profi Bastian Reinhardt.
Michael Oenning (13.03.11-19.09.11)
Vehs Assistent Oenning durfte sich ein halbes Jahr zeigen. Seine Bilanz: Ein Sieg.
Rodolfo Esteban Cardoso (19.09.11-10.10.11)
Ex-Spieler Cardoso übernahm für zwei Spiele das Ruder. Länger durfte er nicht bleiben, denn der Argentinier besaß die nötige Trainerlizenz nicht und bekam auch keine Ausnahmegenehmigung seitens des DFB.
Frank Arnesen (10.10.11-16.10.11)
Also setzte sich Manager Arnesen selbst auf den Trainerstuhl bis ein Spiel später sein Wunschkandidat beginnen konnte.
Thorsten Fink (17.10.11-16.09.13)
Dieser war Thorsten Fink, der fast zwei Jahre im Amt bleiben durfte, obwohl er seine erste Saison auf Rang 15 beendete - die bis dahin schlechteste Bundesliga-Platzierung der Vereinsgeschichte. Im zweiten Fink-Jahr wurde der HSV trotz historischer 2:9-Pleite gegen den FC Bayern Siebter.
Rodolfo Esteban Cardoso (17.09.13-24.09.13)
Nach fünf Spieltagen der neuen Saison wurde Fink von Neu-Manager Kreutzer entlassen. Cardoso half erneut interimsweise aus.
Bert van Marwijk (25.09.13-15.02.14)
Doch auch Vize-Weltmeister Bert van Marwijk scheiterte an der Elbe, wo lange mit Magath geflirtet wurde.
Mirko Slomka (17.02.14-15.09.14)
Am Ende der Saison wurde es Mirko Slomka, der den HSV vor dem Abstieg bewahrte - haarscharf in der Relegation gegen Greuther Fürth. Schon früh in der neuen Spielzeit war die Geduld von Manager-Rückkehrer Beiersdorfer jedoch zu Ende.
Joe Zinnbauer (16.09.14-22.03.15)
U23-Coach Zinnbauer bekam seine Chance und gleich einen Zwei-Jahresvertrag. Doch bereits nach wenigen Monaten musste auch er den Cheftrainer-Posten räumen. Nur 16 Tore hatte der HSV bis dahin erzielt.
Peter Knäbel (seit 22.03.15)
Sportchef Peter Knäbel will die Saison zu Ende bringen, ehe im Sommer eine große neue Lösung und der nächste Umbruch her soll. Der abstiegsbedrohte HSV geht ein hohes Risiko ein.
Dietmar Beiersdorfer nannte bei der Knäbel-Pressekonferenz am Montag die Entlassung von Joe Zinnbauer "eine Niederlage". Sie begann 2008.