Gelsenkirchen/Paderborn. Aus den USA über den MSV zur Stammkraft beim Zweitliga-Tabellenführer. Jetzt strebt Santiago Castaneda nach einem weiteren Ziel.

Ziemlich genau ein Jahr ist vergangen, seit Santiago Castaneda erstmals nachhaltig auf sich aufmerksam machte. An einem kalten, trockenen Dezemberabend empfing der MSV Duisburg den VfB Lübeck zum Kellerduell der 3. Liga. Die Zuschauer sahen harte Kost und keine Tore. Erst in der zweiten Minute der Nachspielzeit änderte sich das: Nach einem Eckball bugsierte Castaneda den Ball über die Linie. Sein Siegtor sorgte für eine Gefühlsexplosion im Duisburger Stadion, ließ die Zebras neue Hoffnung im Abstiegskampf schöpfen.

Zu Unrecht, wie sich in den folgenden Monaten herausstellen sollte. Doch im Gegensatz zum MSV führte Castanedas Weg nach dem historischen Absturz nach oben. Der inzwischen 20 Jahre alte US-Amerikaner ist eine feste Größe beim SC Paderborn. Der Klub führt die Tabelle an, Castaneda darf von der Bundesliga träumen. Nun steht er aber erst einmal vor einem weiteren Highlight in seiner jungen Karriere: Schalke 04 kommt am Freitagabend (18.30 Uhr, Sky) nach Ostwestfalen.

Paderborn-Trainer vergleicht Castaneda mit Schalkes Schallenberg

„Ich will mir in Deutschland einen Namen machen“, kündigte Castaneda neulich in der Neuen Westfälischen an. Da befindet sich der Youngster auf einem vielversprechenden Weg. Nach seinem Wechsel vom MSV zum SCP etablierte sich Castaneda auf Anhieb in der Startelf. Er absolvierte alle 16 Pflichtspiele von Beginn an, hat die zweitmeisten Spielminuten aller Paderborner bestritten. Seine Partner auf Doppelsechs wechseln - Castaneda ist in jungen Jahren die Konstante im defensiven Mittelfeld.

„Ich wusste, dass die 2. Liga für mich eine große Herausforderung werden würde. Der Sprung ist groß. Doch Coach Lukas Kwasniok hat mir sofort Vertrauen geschenkt“, sagte Castaneda. „Seine Adaptionsfähigkeit ist unfassbar. Santi kann Bälle abgreifen“, erwiderte sein Trainer das Lob - und zog einen Vergleich zu einem früheren Paderborner, der am Freitag mit S04 zurückkehrt: „Das hatten wir in dieser Form seit Ron Schallenberg nicht mehr.“ Castaneda erhöhe die Wahrscheinlichkeit, Spiele zu gewinnen, schwärmte der Coach.

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Dass Castaneda Stammspieler beim Zweitliga-Spitzenreiter ist, war so nicht vorherzusehen. Der schmächtige, aber 1,91 Meter große Mittelfeldmann stand im Sommer 2023 vor der Wahl: College in seiner Heimat - oder Profifußball in Deutschland. In Duisburg wollte Castaneda Fuß fassen. Der Kontakt kam über den früheren MSV-Ausrüster Capelli Sports zustande. Bei einem Fußballturnier in Dänemark überzeugte das Talent die Scouts des MSV. Als er kurz darauf im Training in Meiderich vorspielte, verfestigte sich der Eindruck.

Castaneda legte in Duisburg eine fulminante Entwicklung hin

Doch alle Fragezeichen waren noch nicht beseitigt, als Castaneda einige Monate später beim damaligen Drittligisten in die Vorbereitung startete. Zu diesem Zeitpunkt beschränkte sich sein Erfahrungsschatz auf einen Zweitliga-Einsatz in den USA. „Wir sind selbst gespannt, wie er die Belastungen im Laufe der Vorbereitung verkraftet. Er ist das erste Mal in einer Männermannschaft integriert“, sagte der frühere Trainer Torsten Ziegner kurz nach Castanedas Ankunft.

Santiago Castaneda jubelt im Trikot des MSV Duisburg.
Santiago Castaneda jubelt im Trikot des MSV Duisburg. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Es schien, als sei Castaneda eher ein Mann für die Zukunft, der perspektivisch an das körperliche Spiel in der 3. Liga herangeführt werden soll. Zumal er sich tausende Kilometer entfernt von seinem Heimatort Tampa in Florida an eine fremde Sprache und Kultur gewöhnen musste. In den ersten Saisonwochen spielte Castaneda keine Rolle. Doch mit seinem Startelf-Debüt biss er sich in der Mannschaft fest. Egal wie turbulent es wurde und welcher Trainer im Amt war: Castaneda stand auf dem Rasen und gehörte zu den wenigen Lichtblicken in der Duisburger Horrorsaison.

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Das erkannte der SC Paderborn offenbar frühzeitig. „Santiago ist ein großes Talent, das zahlreiche Vorzüge mit nach Paderborn bringt“, erklärte Sportchef Benjamin Weber im Sommer. Der Drittliga-Fußball und viele Negativpunkte mit dem MSV härteten Castaneda ab. Dennoch betonte sein Trainer in der Neuen Westfälischen: „Dass sich Santiago so schnell und so gut in der Liga zurechtfindet, damit war nicht unbedingt zu rechnen.“

Nach dem starken Start in Paderborn rückt Castaneda zunehmend in den Fokus. Nur auf eine Einladung der Nationalmannschaft wartet der US-Amerikaner, der auch für Kolumbien spielberechtigt wäre, noch. Auch für die Junioren-Auswahlen wurde er nie berücksichtigt. „Die Nationalmannschaft ist ein Traum von mir“, betonte Castaneda. Auf die Erfüllung muss er womöglich nicht mehr lange warten, falls der Aufstieg des Ex-Duisburgers im Spiel gegen Schalke und den folgenden Wochen weitergeht.