Gelsenkirchen. Ben Manga hat mit Kees van Wonderen als neuem Trainer von Schalke 04 überrascht. Die Lösung zeugt von Mut, birgt aber auch Risiko. Ein Kommentar.
Das Gefühl, das die meisten Fans des Fußball-Zweitligisten FC Schalke 04 hatten, als sie den Namen des neuen Trainers der Profimannschaft erfuhren, kam ihnen bekannt vor. So wie sie jetzt den Namen Kees van Wonderen erst einmal googeln mussten, erging es ihnen auch fast exakt ein Jahr zuvor, als Karel Geraerts übernahm. Auch im Sommer 2022 hatte Schalke die Öffentlichkeit mit der Trainerwahl erstaunt, als Frank Kramer kam. Zum dritten Mal in zweieinhalb Jahren freuen sich die Schalker diebisch, dass ihnen eine Überraschung gelungen ist. Und zum dritten Mal ist die Entscheidung mutig und riskant zugleich – die ersten beiden Versuche gingen nicht gut aus und endeten beide nach nicht einmal einem Jahr.
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Es ist mutig, van Wonderen die ins Straucheln geratene Schalker Mannschaft anzuvertrauen. Die Erwartungen von Schalkes Sportchef Ben Manga sind hoch: Van Wonderen soll die junge Schalker Mannschaft so weiterentwickeln, dass einige Talente für viel Geld verkauft werden können – als U17-Nationaltrainer der Niederlande war van Wonderen erfolgreich, mit Jugendarbeit kennt er sich bestens aus. Für den von van Wonderen bevorzugten – klassisch niederländischen – 4-3-3-Fußball hat Schalke die passenden Spieler. Manga erwartet zudem, dass Schalke Atletico-Madrid-Fußball spielt. Der ehemalige Verteidiger van Wonderen setzte in den Niederlanden eher auf eine defensive Ausrichtung – genau das brauchen die Schalker, die die meisten Gegentore in der Zweiten Liga kassiert haben. Allerdings kassierte sein letzter Verein SC Heerenveen im zweiten Jahr unter van Wonderen 70 Tore in 34 Spielen – über zwei im Schnitt...
Warum Mangas Trainer-Wahl für Schalke 04 riskant ist
Die Entscheidung ist eben auch riskant – aus fünf Gründen. Erstens: Schalke holt wie vor einem Jahr einen Trainer, der noch nie im Ausland gearbeitet hat. Zweitens: Einen Mann, der die Arbeit als Trainer bei einem so großen Traditionsklub wie Schalke 04 nicht kennt. Drittens: Einen Trainer, dessen Muttersprache nicht Deutsch ist. Viertens: Einen Trainer, der als Chef einer Profimannschaft wenig Erfahrung hat. Van Wonderen hat im Nachbarland einen guten Ruf, gilt aber nicht als Überflieger. Er ist seit 17 Jahren Trainer – er war aber nie bei einem der großen niederländischen Klub wie Ajax, Feyenoord oder Eindhoven. Van Wonderen war lange Co- und Jugendtrainer, hat aber erst vier Jahre als Verantwortlicher hinter sich - und das bei den kleinen Außenseiterklubs Go Ahead Eagles und Heerenveen. Fazit: Van Wonderen wird sich erst einmal auf Schalke zurechtfinden müssen, das kann dauern. Zeit, die S04 eigentlich nicht hat, noch immer gilt das formulierte Ziel, im oberen Tabellendrittel zu landen.
Schalke: Liste der Fehlentscheidungen der S04-Führung ist lang
Mit dieser ungewöhnlichen Wahl haben sich Manga und der Aufsichtsrat um Axel Hefer erheblich unter Druck gesetzt. Nicht viele von Mangas zahlreichen Personalentscheidungen sind bisher aufgegangen. Von den 15 externen Zugängen ist nur Moussa Sylla ein Volltreffer. Andere aber spielen keine Rolle – beispielsweise Ilyes Hamache. Er wurde als „Soforthilfe“ angepriesen, aber nun von Interimstrainer Jakob Fimpel in die U23 verbannt. Dass Manga den Zoff mit Ex-Trainer Geraerts in die Öffentlichkeit trug, war auch unnötig. Schlägt van Wonderen nicht ein, wird sich Manga unangenehmen Fragen stellen müssen.
Das gilt auch für Hefer und den Aufsichtsrat. Die Liste der Fehlentscheidungen des Gremiums in bisher drei Jahren Amtszeit ist deutlich länger. Sie beginnt bei Ex-Vorstandschef Bernd Schröder und geht weiter mit dem vor kurzem rausgeworfenen Sportdirektor Marc Wilmots. Millionenschwere Fehler. Auch die später korrigierten Überraschungs-Trainer-Entscheidungen für Kramer und Geraerts segnete das Hefer-Gremium ab - auch das: Fehler.
Wohin führt der Weg des FC Schalke 04? Die Zukunft liegt nun in den Händen von Kees van Wonderen.
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