Marl. Auch Lino Tempelmann steht noch auf Schalke unter Vertrag, kann aber gehen. Aber auf Schalke lässt er sich nicht mehr sehen.
André Hechelmann war froh, sogar stolz, als er vor fast genau einem Jahr, am 14. Juli 2023, im Trainingslager in Mittersill verkünden durfte: „Er erfüllt die zentralen Faktoren, die wir uns bei einem ,Achter‘ wünschen, insbesondere im spielerischen Bereich.“ Das sagte der damalige Sportdirektor Hechelmann über den Sommer-Zugang Lino Tempelmann. Alles sprach dafür, dass Hechelmann ein Coup gelungen war: Tempelmanns Marktwert betrug zwei Millionen Euro, er kostete aber nur rund 700.000 Euro. Mit dem Wechsel zu S04 erfüllte sich zudem sein Traum, einmal für seinen Herzensverein zu spielen, und ins Team wurde er schnell integriert. Eine Geschichte wie aus dem Ich-habe-schon-immer-in-Vereinsbettwäsche-geschlafen-Märchenbuch.
Schalke-Profi Tempelmann: Nummer 27 statt Nummer 10
Doch nur ein Jahr später ist Tempelmann ein Phantom geworden, in den sozialen Netzwerken seit Monaten nicht mehr in Erscheinung getreten. Seit viereinhalb Wochen läuft die Vorbereitung - Tempelmann hat sich noch nicht in Gelsenkirchen sehen lassen, obwohl er noch unter Vertrag steht, weder beim Leistungstest noch beim Training, den Spielen oder beim Schalke-Tag.
Bekannt ist nur eins: Er soll Schalke verlassen, das wurde ihm in einem kurzen Gespräch am Rande des Saison-Abschiedsfrühstücks am 20. Mai mitgeteilt. Auch Tempelmann soll über die Art und Weise schockiert gewesen sein. Die Vergabe der Rückennummern war für ihn der nächste Schlag ins Gesicht: Die prestigeträchtige „10“ wurde ihm weggenommen, auf dem Papier hat er die „27“.
Doch wo ist Tempelmann? Die Kommunikation ist zwischen Spieler und Verein sorgfältig abgestimmt: Wegen andauernder Kniebeschwerden wäre Tempelmann aktuell nicht spielfähig und müsste Rehatraining absolvieren, heißt es. Und auf eigenen Wunsch würde er in seiner Heimat München trainieren und nicht in Gelsenkirchen - diesem Wunsch habe Schalke entsprochen. So ist seit Wochen die Sprachregelung. Tempelmann hat seine Ruhe - und die Schalker sind froh, dass nicht noch ein eigentlich aussortierter Profi regelmäßig am Rande des Profitrainings auftaucht. Eigentlich eine Win-Win-Situation, wenn die Ausgangssituation nicht so traurig wäre.
Schalke: Lino Tempelmann wurde zum Transfer-Flop
Tempelmann hatte in der Zweitliga-Saison 2023/2024 22 Partien bestritten (ein Tor) - in einer Saison, in der außer Torwart Marius Müller und Stürmer Kenan Karaman niemand konstant überzeugen konnte, fiel auch er ab, wurde zum Transfer-Flop. War er unter Trainer Thomas Reis und in den ersten Spielen von Karel Geraerts gesetzt, begann sein Absturz beim 3:5 in Düsseldorf. Auch Tempelmann gehörte zu den drei Spielern, die beim Stand von 0:3 in der 33. Minute das Spielfeld verlassen mussten.
Obwohl er danach den Stammplatz verloren hatte, gab er sich im Winter-Trainingslager in Albufeira im Januar 2024 angriffslustig: „Jeder hat Bock, im neuen Jahr anzugreifen. Wir haben vor, die Ärmel hochzukrempeln und ein anderes Gesicht zu zeigen als in gewissen Spielen in der Hinrunde.“ Tempelmann hoffte, dass sein Knie - das ihm seit Jugendzeiten Schwierigkeiten bereitet - nicht mehr so oft schmerzt. Ende 2023 habe er kürzertreten müssen. „Ich hatte immer wieder Schmerzen und Probleme. Für mich war es so total schwer zu zeigen, was ich zeigen möchte“, sagte er.
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Doch zu einem Liebling von Trainer Geraerts wurde er trotz der Kampfansage nicht. Er spielte in der Rückrunde nur zweimal von Beginn an - am zweiten Rückrundenspieltag in Kaiserslautern (1:4, Auswechslung zur Pause) und im bedeutungslosen letzten Saisonspiel in Fürth (0:2, Auswechslung nach 64 Minuten). Da war von Kniebeschwerden wenig zu spüren. Doch was hat Tempelmann exakt? Wie schnell wäre er für einen neuen Klub spielfähig? Fragen, auf die niemand eine Antwort geben will.
Schalke: Tempelmann-Vertrag gilt noch bis 2026
Ein Wechsel steht nicht bevor - Tempelmann fehlen Matchfitness und Spielpraxis. Er hat ein verlorenes halbes Jahr in seiner Karriere hinter sich, und das bei seinem Herzensklub. Unter Druck, diese ausweglose Lage schnell zu ändern, steht er aber nicht. Tempelmann will erst einmal fit werden und nicht das erstbeste Angebot annehmen.
Und wenn die Schalker den Mittelfeldspieler abfinden wollen, um ihn vom Gehaltszettel zu bekommen, wird das teuer: Tempelmanns gut dotierter Vertrag gilt noch 23 Monate lang bis Juni 2026.
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