Düsseldorf. Philip Gogulla trifft mit der Düsseldorfer EG auf seinen Ex-Verein. Im Interview spricht er unter anderem über seinen Abschied von den Haien.
. Auch mit 31 Jahren und nach 751 Einsätzen in der Deutschen Eishockey-Liga wird Philip Gogulla am Freitag (19.30 Uhr/telekomsport.de) noch eine neue Form des Adrenalin spüren. Der ehemalige Nationalspieler tritt im Dress der Düsseldorfer EG erstmals in seiner Karriere gegen seinen Ex-Verein an, die Kölner Haie. Die Trennung vom achtmaligen Meister im April war begleitet von Streit, Ärger, einer Abmahnung und Rechtsanwaltsgesprächen.
Herr Gogulla, Sie im DEG-Dress nach 14 Jahren Köln – fühlt sich das nicht merkwürdig an?
Philip Gogulla: Für mich nicht. Ich bin Düsseldorfer, bin an der legendären Brehmstraße groß geworden, habe dort Eishockey gelernt. Ich wohne seit einigen Jahren wieder in der Stadt, meine Frau arbeitet hier. Es passt alles.
Dabei hat Sie Köln als Eishockey-Profi stark geprägt.
Nicht nur das. Ich bin dort auch als Mensch gewachsen.
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Dabei war Ihr Abschied von den Haien kein guter. Sie mussten trotz eines laufenden Vertrags gehen, bekamen sogar eine Abmahnung wegen eines Interviews, das nicht abgesprochen gewesen sein soll.
Es würde kein gutes Licht auf die Haie werfen, wenn ich diese Geschichte erzähle. Aber jeder mag sich sein eigenes Urteil darüber bilden, ob es richtig ist, einen Spieler trotz laufenden Vertrags wegzuschicken und ihm am selben Tag noch eine Abmahnung in den Briefkasten zu werfen. Allein, um mich rechtlich abzusichern, musste ich einen Anwalt einschalten. Aber das Thema ist erledigt. Ich merke bei der DEG, dass meine Spielfreude zurück ist und ich mit einem Lächeln in die Kabine komme. Das ist verdammt viel wert.
Ist es schwer für Sie, Haie-Sportdirektor Mark Mahon oder auch Trainer Peter Draisaitl die Hand zu geben?
Gar nicht, das ist ja auch eine Frage des Anstands. Neulich bei einer Abendgala in Köln haben wir uns getroffen und gegrüßt. Ich habe jedenfalls kein schlechtes Gewissen, weil ich mir nichts habe zu Schulden kommen lassen.
Sie galten ja lange als Heißsporn auf dem Eis. Behalten Sie gegen die Haie kühlen Kopf?
Das hoffe ich doch (lacht). Ich bin schließlich 31 Jahre alt und reifer geworden mit der Zeit. Ich weiß aber auch, dass mich viele Mitspieler ganz genau kennen, Moritz Müller etwa. Da wird es schwer für beide, den anderen auf dem Eis auszutricksen.
Wer hat Sie in Köln besonders geprägt?
In meiner Anfangszeit vor allem Hans Zach. Er hat mir als Trainer beigebracht, Profi zu werden und zu sein, den eigenen Stil zu finden, verantwortungsvoll zu spielen. Das war für mich mit damals 16 oder 17 Jahren nicht immer einfach. Es gab viel Kritik und manch lange Trainingseinheit. Danach unter Doug Mason habe ich nach einem schwachen ersten Jahr gelernt, mich als Spieler ernsthaft auch zu hinterfragen: Bin ich gut genug, fit genug für ein neues Spielsystem.
Die Geduld, unter Mason in ein starkes zweites Jahr zu gehen, hatten Sie dann in Nordamerika nicht. Hat Ihnen die Geduld 2009 in Portland gefehlt? Oder die Mentalität, wie Hans Zach später vermutete?
Im Nachhinein, ja. Ich hätte es in die NHL schaffen können, bekam aber im ersten Jahr keine Chance, mich in der NHL zu beweisen. Ich habe die komplette Saison in der zweitklassigen American Hockey League verbracht. Meine Rückkehr nach Deutschland war aber auch eine Frage der Finanzen. In der AHL wird schlechter bezahlt als in der DEL, das ist über mehrere Jahre gesehen auch ein Faktor.
Ist die verpasste NHL-Chance etwas, worüber Sie sich auch Jahre später noch aufregen können?
Ja und nein. In Nordamerika sind deutsche Spieler nicht so angesehen wie skandinavische – oder Kanadier und Amerikaner. Der Trainer muss Dich mögen, Du musst das Glück haben, Dein Können zeigen zu dürfen und dann auch zu performen. Tom Kühnhackl hat diese Momente beispielsweise in Pittsburgh bekommen, genutzt und ist zweimal Stanley-Cup-Sieger geworden.
Welche Ziele haben Sie noch mit 31, wenn die NHL passé ist und der Abschied aus der Nationalmannschaft 2017 nach 157 Länderspielen steht?
Verletzungsfrei und gesund zu bleiben in den nächsten Jahren.
Um 1000 Spiele zu schaffen?
Vielleicht. Aber dazu sind fünf oder sechs Jahre in der DEL ohne Verletzung nötig. Die 1000 ist also noch verdammt weit weg. Es braucht dazu auch einen enormen Ehrgeiz. Der muss mit wachsendem Alter immer größer werden, um mit den jüngeren Spielern mitzuhalten. Ich habe den Cut bei der Nationalmannschaft vor mehr als einem Jahr genau deshalb auch gemacht.
Weil die Belastung doch enorm ist, nach 52 Punktspielen plus Play-offs noch für Deutschland bei einer WM zu starten?
Genau. Ich habe acht Weltmeisterschaften in Folge bestritten. Nach einer intensiven Saison mit dem Verein innerhalb weniger Tage wieder die Spannung für eine WM aufzubauen, die mit Vorbereitung ja auch locker sieben, acht Wochen dauert, ist eine extreme Belastung für den Kopf. Und bei der WM ist der Druck ein anderer. Man will Deutschland gut vertreten und sich nicht blamieren.
Was allerdings schwer ist, wenn man gegen Gegner auf Augenhöhe nicht gewinnt – wie zuletzt im Mai in Dänemark. Und dies trotz eines Leon Draisaitl, der nach seiner Saison bei den Edmonton Oilers ziemlich müde und ausgebrannt wirkte.
Genau das meine ich. Und Leon hat ja noch 30 Spiele mehr in den Knochen als seine DEL-Kollegen. Dazu sind Nationen wie Dänemark, Norwegen, Lettland oder auch Frankreich mit uns auf Augenhöhe. Das Risiko, schlecht auszusehen und vielleicht sogar abzusteigen, ist immer da. Selbst wenn mit Leon der beste deutsche Eishockeyprofi mitspielt.