Herning. Mit dem vorzeitigen Ausscheiden im Viertelfinalrennen der Eishockey-Weltmeisterschaft in Herning durch das 1:3 gegen Lettland betrachtet Bundestrainer Marco Sturm die Situation realistisch. “Wir bleiben eine kleine Eishockey-Nation, die zusehen muss, dass sie mithalten kann.“

Der personelle Umbruch in der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft nach der olympischen Silber-Sensation von Pyeongchang kam schneller als befürchtet. Und er schmerzte mehr als gedacht. Beim bitteren 1:3 (0:0, 0:1, 1:2) gegen Lettland am Samstagmittag hatte die beste Leistung im fünften Spiel bei der Weltmeisterschaft in Dänemark nicht zur Wende ausgereicht. Bundestrainer Marco Sturm quittierte die klar verpasste Viertelfinalchance angesichts eines mageren Sieges über Außenseiter Südkorea (6:1) mit Realismus: “Die Niederlage gegen die Letten tat richtig weh. Zum Verjüngungsprozess, den wir mit dem Turnier nun einleiten mussten, gibt es allerdings keine Alternative.”

Natürlich hätte die DEB-Auswahl auch gegen Lettland gewinnen können. Am Einsatz, am Spielvermögen, an mangelnden Torchancen lag es nicht. Dafür aber an Erfahrung, Nervenstärke, Zielstrebigkeit. Vor allem vor dem gegnerischen Tor. Der Erfolgsdruck nach den verlorenen Penaltyschießen gegen Dänemark (2:3) und Norwegen (4:5) in den beiden Startspielen war letztlich einfach zu groß.

Eine starke Reihe mit NHL-Star Leon Draisaitl (Edmonton), dem kommenden NHL-Mittelstürmer Dominik Kahun (Chicago) sowie dem pfeilschnellem Linksaußen Yasin Ehliz (Nürnberg) reichte für die nötige Offensivpower nicht aus. Rechnet man das Südkorea-Spiel aus der Bilanz raus, erzielte Deutschland bis zum Sonntagabendspiel gegen die starken Finnen in vier Partien nur sieben Tore. Zu wenig, um zu den Top-8-Nationen beim Turnier in Dänemark zählen zu dürfen.

Der starke Kern der DEB-Auswahl fällt auseinander

Apropos: Der Gastgeber lief in Herning der deutschen Mannschaft sportlich den Rang ab. Allein fünf NHL-Akteure stammen aus der jütländischen Kleinstadt, die ein exzellenter Gastgeber für die acht in der Jyske Bank Boxen spielenden Nationen ist. “Die Dänen sind in der Breite besser aufgestellt als wir, das gilt auch für Norwegen”, betont Bundestrainer Sturm, “wir müssen schauen, dass wir bei den nächsten Turnieren mithalten können - so bitter das klingt.”

Der starke Kern der DEB-Auswahl, der seit 2013 beisammen war, fällt auseinander. Routiniers wie Christian Ehrhoff (35), Marcel Goc (34), Patrick Reimer (35), Marcus Kink (33), Frank Hördler (33) - aus verschiedenen Gründen alle nicht da. Dazu fehlten, ein gewichtiger Faktor, die besten drei deutschen Torhüter: Thomas Greiss (New York Islanders), Philipp Grubauer (Washington) und Danny aus den Birken (München).

Aus der NHL passten überdies die Angreifer Tobias Rieder (Los Angeles) und Tom Kühnhackl (Pittsburgh) wegen auslaufender Verträge und drohender Verletzungsgefahr.

Am Ende zählte Bundestrainer Sturm 15 Absagen der Olympia-Helden, viele davon nach dem DEL-Finale zwischen dem EHC München und den Eisbären Berlin kurzfristig. “Wir sind am Ende der Vorbereitung einen anderen Weg gegangen als geplant, mussten den Kader dann auf die Schnelle zusammenstellen”, bemängelt Sturm. Es haperte gerade gegen Dänemark und Norwegen am Zusammenspiel, an der Harmonie auf dem Eis.

Natürlich haben Sturms Frischlinge Talent. Mark Michaelis etwa, der schnelle, technisch starke College-Linksaußen von Minnesota State. Oder Rechtsaußen Markus Eisenschmid, der bei den Montreal Canadiéns in der NHL unter Vertrag ist.

Sturm hatte zwei weitere starke Collegespieler mit Parker Tuomie (22/Minnesota State) und Nico Sturm (23/Clarkson University) im Visier, die aber beide von ihren Schulen keine Freigabe bekommen hatten.

Sturm: "Wir sollten uns nicht anlügen"

“Wir haben gute Jungs, die auch in Nordamerika eine erstklassige Eishockey-Ausbildung erhalten”, sagt Sturm, “aber wir sollten uns nicht anlügen. Wir sind eine eher kleine Eishockey-Nation, die einen Top-8-Platz zum Ziel hat. Das ist ein alljährlicher harter Kampf.”

Der nächste steht 2019 in der Slowakei an. Dann wird die deutsche Mannschaft in Bratislava oder Kosice vom 3. bis 19. Mai versuchen, mehr als nur einen Sieg in der Vorrunde einzufahren.