Herning. Deutschland unterliegt Norwegen bei der Eishockey-WM mit 4:5 nach Penaltyschießen. Das DEB-Team verliert das Viertelfinale aus den Augen.
Marco Sturm brauchte im Erdgeschoss der Jyske Bank Boxen zu Herning am Sonntagabend Zeit. Ungewohnt viel Zeit sogar, um das schmerzhafte 4:5 (2:2, 1:1, 1:1, 0:0, 0:1) im Penaltyentscheid gegen Norwegen einzuordnen. Die Enttäuschung nach der zweiten Vorrundenpleite gegen einen klar schlagbaren Gegner bei der Eishockey-Weltmeisterschaft erforderte beim Bundestrainer eine gute halbe Stunde, um das Gedankensortiment zu richten.
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Nach dem 2:3 gegen Gastgeber Dänemark hatte der 1006-malige NHL-Stürmer noch versucht, mit positiven Gedanken zu Bett zu gehen. Das missglückte nach dem Treffen mit den Nordmännern, die gegen Deutschland bei einer WM seit Mai 2007 nicht mehr verloren haben.
“Die Fehlerquote war zu hoch, die Pass-Qualität nicht gut, das Defensivverhalten ebenso nicht. Ich zeige mit dem Finger auf niemanden. Und dennoch muss jeder Einzelne darüber nachdenken, ob er heute seine beste Leistung abgerufen hat”, erklärte Sturm ungewohnt kritisch.
Montag gegen die USA
Die Aufzählung klang alarmierend. Aber mit Blick auf das dritte Gruppenspiel schon am Montag (16.15 Uhr/Sport1) gegen die mit 21 NHL-Cracks antretenden USA war eine schön gefärbte Spielanalyse schlicht fehl am Platz.
Damit lag der 39-jährige Landshuter auch richtig. Natürlich hätte Deutschland angesichts einer Vielzahl an guten Torchancen die Norweger bezwingen müssen. Zudem ist Penaltyschießen immer auch eine Glückssache.
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Der Bundestrainer blickte bei seiner Einschätzung in erster Linie kritisch auf seine Defensive. Vor allem, was seine Routiniers anbetrifft, die die stark verjüngte deutsche Mannschaft mit sechs Akteuren im Alter von 23 Jahren oder jünger führen. Gerade die NHL-Verteidiger Korbinian Holzer (30/Anaheim) und Dennis Seidenberg (36/New York Islanders), eigentlich als Leistungsträger geholt, präsentierten sich von ihrer schlampigen Seite.
NHL-Star Draisaitl erzielt drei Treffer
Dazu fruchteten Sturms Umstellungen in drei der vier Angriffsreihen nicht recht. Immerhin garantierte 68-Millionen-Dollar-Stürmer Leon Draisaitl mit seiner spielerischen Qualität drei Treffer. Der 22-jährige Kölner von den Edmonton Oilers bereitete das Eigentor der Norweger zum 1:2 vor - der Treffer wurde dem Meister-Münchener Patrick Hager zugeschrieben -, legte zum 3:3 in Überzahl schön Hager auf und hatte seinen Stock auch beim 4:4 durch Münchens Verteidiger Yannic Seidenberg im Spiel.
Der zweite deutsche Treffer ging auf das Konto des quirligen College-Spielers Mark Michaelis. Der 22-jährige Mannheimer von der Minnesota State University war einer der Lichtblicke im goldenen Trikot. “Das Tor hat mich gepusht, und ich habe meine Leistung auch nicht so schlecht gesehen. Trotzdem fühle ich Frust. Zwei Punkte gegen Dänemark und Norwegen sind zu wenig für uns”, bekräftigte Michaelis.
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Ein Grund für Mager-Ausbeute: der deutsche Torwart. In der Vergangenheit gab es hier selten Probleme. Eher das Gegenteil war richtig - wenn man beispielsweise an NHL-Torsteher Philipp Grubauer denkt. Der ist allerdings mit den Washington Capitals noch in den Play-offs beschäftigt.
Aus den Birken bei WM nicht dabei
München Meister- und Silber-Torsteher Danny aus den Birken hatte für die WM abgewunken. Ebenso Thomas Greiss von den New York Islanders.
Jetzt müssen es andere richten. Das klappt nicht so, wie sich Bundestrainer Marco Sturm das erhofft hat. Gegen Norwegen hielt die klare Mehrzahl der 5500 Zuschauer immer wieder den Atem an, wenn die Olimb-Brüder und ihre einsatzfreudigen Kollegen auf Torsteher Timo Pielmeier zusteuerten.
Der 29-jährige Ingolstädter ließ zu viele Schüsse nach vorn abprallen, musste sich dazu das 0:2 und auch den Distanztreffer bei freier Sicht zum 3:4 ankreiden lassen. Wie gegen Dänemark wirkte Pielmeier als Rückhalt nicht sicher. Gegen die USA am Montag wird Bundestrainer Sturm mit großer Sicherheit dem Nürnberger Niklas Treutle im Gestänge das Vertrauen schenken.
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Was Pielmeier wissen dürfte: “Das war nicht mein bestes Spiel. Immerhin haben wir dreimal einen Rückstand aufgeholt. Das war positiv.” Mehr aber wohl nicht. Zumal wie gegen Dänemark ein stetes Hinterherlaufen viel Kraft kostet. Zu viel für eine verjüngte deutsche Mannschaft, die in Herning nicht an die Qualität eines strahlenden olympischen Silbermedaillengewinners heranreicht.
Es fällt schwer, nach zwei wenig erbaulichen Auftritten daran zu glauben, in den verbleibenden fünf Partien unter anderen gegen die Gruppengrößen USA, Finnland und Kanada noch Platz vier zu schaffen. “Über ein Viertelfinale”, stellte Bundestrainer Sturm nach der Norwegen-Pleite klar, “brauchen wir nicht reden.” Jedenfalls im Moment nicht.
