Hamburg. Beim 1:2 bei St. Pauli enttäuscht der BVB. Hoffnung macht, dass Trainer Marco Rose die Probleme klar benennt. Ein Kommentar.
Es waren einerseits schmerzhafte, andererseits auch wohltuende Worte, die Marco Rose nach dem Spiel wählte. Schmerzhaft, weil der Trainer von Borussia Dortmund den sprichwörtlichen Finger in die ebenso sprichwörtliche Wunde legte nach der 1:2 (0:2)-Niederlage im DFB-Pokal-Achtelfinale beim Zweitliga-Spitzenreiter FC St. Pauli und so mancher seiner Sätze wie eine verbale Ohrfeige für seine Spieler daherkam. Und wohltuend, weil der Trainer eben nichts beschönigte, weil er nicht nach Ausreden suchte, weil er schonungslos benannte, was da schiefgelaufen war: dass nämlich in der ersten Viertelstunde nur deswegen kein Pokalfight zu sehen war, weil seine Mannschaft den Kampf schlicht nicht angenommen hatte. Und dass die Spieler die Riesenschance auf einen Titel ziemlich achtlos weggeworfen hatten.
Gleichbleibende Kritik am BVB
Das Wort „Mentalität“ fiel an diesem Abend nicht, das böse M-Wort haben sie beim BVB ja auf den Index gesetzt – oder durch Worte wie Haltung ersetzt. Dieser Abend aber musste zwangsläufig eine erneute Mentalitätsdiskussion aussetzen. Die Dortmunder Mannschaft gerät immer wieder unter Verdacht, dass sie nicht gut umgehen kann mit Widrigkeiten. Dass sie umgepustet wird, wenn ihr der Wind ins Gesicht bläst. Der Stammtisch spricht dann gerne von den fehlenden Typen, die den Karren aus dem Dreck ziehen.
Unerklärliche technische Schwächen
Die Wahrheit auf dem Platz ist aber meist komplexer als die simple These am Stammtisch. Der BVB verlor das Spiel ja nicht ausschließlich, weil er weniger wollte – sondern auch, weil die Spieler unerklärliche technische Schwächen zeigten und selten ein schnelles, direktes Spiel gelang. Aber die Mannschaft wirkte phasenweise auch seltsam leidenschaftslos, nach dem Anschlusstreffer zum 1:2 wäre eine halbe Stunde Zeit für den Ausgleich gewesen – aber zu einer wirklichen Schlussoffensive rafften sich die Schwarz-Gelben nicht mehr auf. Und das in einem K.o.-Spiel, was die Stammtisch-These eher untermauerte.
Und Rose widersprach ausdrücklich nicht, als die Sprache auf die fehlenden Typen und damit zumindest implizit aufs Thema Mentalität kam. „Ich möchte, dass wir an diesem Thema arbeiten und dass wir die Abstände, in denen wir dieses Klischee bedienen und die Diskussionen immer wieder aufflammen, größer werden lassen“, forderte er.
Ein erfrischend offener Umgang mit einer Schwäche, die in der Vergangenheit auch gerne mal geleugnet wurde beim BVB. Dass sie nun erkannt wird, dass die rätselhaften Ausrutscher offen thematisiert werden, dass Trainer Rose unmissverständlich eine andere Haltung einfordert und eine Leistungskultur etablieren will, in der nichts anderes zählt als der Erfolg – all das sind ermutigende Zeichen aus Dortmunder Sicht. Dazu gehört, dass Rose offen davon spricht, Titel holen zu wollen, am liebsten die Meisterschaft. Große Ziele müssen selbstverständlich werden in Dortmund.
Die Probleme sind also erkannt, sie sind offen angesprochen. Jetzt müssen sie nur noch behoben werden. Und das ist bekanntlich das Schwierigste.