Bad Ragaz. Vier Abgänge, acht Zugänge - bei Borussia Dortmund steht der größte Umbruch seit Jahren an. Viel wird davon abhängen, wie schnell die Neulinge in das Team integriert werden. Der finale Kampf um die Stammplätze ist eröffnet.

Beim abendlichen Barbecue auf der Terrasse der Schweizer Nobelherberge herrschte prächtige Stimmung. Der gesellige Abend am 36. Geburtstag von BVB-Torhüter Roman Weidenfeller im Trainingslager von Bad Ragaz war ganz nach dem Geschmack von Marc Bartra. "Nice dinner with great people", twitterte der einstige Innenverteidiger des FC Barcelona.

Teambildende Aktionen machen bei Borussia Dortmund in diesem Sommer besonders Sinn. Schließlich müssen acht Zugänge integriert werden. Nationalspieler Julian Weigl ist guter Dinge, dass der große Umbruch erfolgreich bewältigt wird: "Der Verein hat es mal wieder geschafft, tolle Leute zu holen, die nicht nur sportlich, sondern auch menschlich zu uns passen." Wie haben sich die acht Zugänge bisher geschlagen? Wer könnte auf Anhieb den Sprung in die Startelf schaffen?

André Schürrle (VfL Wolfsburg/30 Millionen Euro): Weil der teuerste Zugang erst am vorigen Mittwoch das Training aufnahm, kam er im Test gegen Sunderland am Freitag nur für 23 Minuten zum Einsatz. Trainer Tuchel schätzt die uneigennützige Art seines einstigen Mainzer Schützlings. Weiterer Vorteil: Der 25-jährige Schürrle bringt mit 55 Länderspielen und 32 Partien in der Champions League die Erfahrung mit, die vielen seiner jungen Kollegen im Kader noch fehlt.

Mario Götze (Bayern München/22 Millionen): Anders als befürchtet, wurde der Rückkehrer von den Fans im Trainingslager freundlich begrüßt. Der Ärger über seinen Wechsel im Sommer 2013 vom BVB zum FC Bayern scheint verflogen. Anders als unter der Regie von Guardiola in München wird dem Offensiv-Allrounder wieder die Aufmerksamkeit zuteil, die ihm zuletzt gefehlt hat. Der Weltmeister gibt sich kämpferisch: "Ich wollte unbedingt zurück, möchte wieder meinen besten Fußball zeigen und versuchen, jeden Kritiker mit Leistung zu überzeugen."

Sebastian Rode (Bayern München/15,5 Millionen): Solch ein Spieler hat in der vorigen Saison nach dem Karriereende von Sebastian Kehl gefehlt. Ein Kämpfer, der in umkämpften Spielen wie beim Europa-League-Aus in Liverpool mit großer körperlicher Präsenz dagegenhält. "Deshalb haben wir uns ganz bewusst für Sebastian Rode entschieden", kommentierte Sportdirektor Michael Zorc die Verpflichtung des Mittelfeldspielers. In den bisherigen Testpartien überzeugte der ehemaliger Münchner durch solide Arbeit und hohe Laufbereitschaft.

Ousmane Dembélé (Stade Rennes/15 Millionen): Schnell, beidfüßig und technisch beschlagen: Der 19 Jahre alte Franzose hat in den bisherigen Testspielen angedeutet, warum ihn viele Fachleute für eines der größten europäischen Talente halten. Vor allem sein feiner Treffer beim 4:1 über Manchester United hinterließ mächtig Eindruck. Nicht nur deshalb liegt Dembélé beim Kampf um einen Stammplatz gut im Rennen. "Er hat unheimlich viel Talent. Er kann alles", lobte Trainer Tuchel.

Raphaël Guerreiro (FC Lorient/12 Millionen): Der Marktwert des schon vor der EM verpflichteten Linksverteidigers hat sich mittlerweile erhöht. Schließlich wurde der Europameister von der UEFA in die Elf des EM-Turniers berufen. Tritt der 22-Jährige auch beim BVB so stark auf, muss Schmelzer um seinen Stammplatz bangen. Als Selbstläufer sieht der Portugiese Guerreiro den Konkurrenzkampf nicht: "Dass ich Europameister geworden bin, ist nicht damit zu vergleichen, was Marcel für den BVB geleistet hat. Ich schaue zu ihm auf."

Emre Mor (FC Nordsjaelland/9,5 Millionen): Schon bei seinen EM-Einsätzen für die Türkei deutete das in Dänemark groß gewordene Talent seine Klasse an. Für den nur 1,68 Meter großen Edeltechniker ist es ein Vorteil, dass er auf beiden offensiven Außenbahnen einsetzbar ist. Im Test gegen Sunderland beorderte Tuchel den 19-Jährigen gar für kurze Zeit auf die Zehner-Position hinter den Spitzen. Mor wirkt frisch, mutig und unbekümmert, dürfte aber mangels Erfahrung noch Zeit benötigen.

Marc Bartra (FC Barcelona/8 Millionen): Als Hummels-Nachfolger tritt der Innenverteidiger beim BVB ein schweres Erbe an. Anders als in Barcelona, wo er zuletzt nur selten den Vorzug vor Piqué und Mascherano erhielt, könnte der Sprung in die Stammelf gelingen. "Ich bin dieser Aufgabe gewachsen. Tuchel hat mir das Selbstvertrauen gegeben, dass ich zur Mannschaft passe", sagte er. Seinem Ruf, über ähnliche Qualitäten im Aufbauspiel wie Mats Hummels zu verfügen, wurde der 25-Jährige bisher jedoch noch nicht gerecht.

Mikel Merino (CA Osasuna/3,7 Millionen): Für den ersten und preiswertesten Neuzugang des Jahres war eigentlich eine Rolle im defensiven Mittelfeld vorgesehen. Doch Tuchel denkt offenbar über ein anderes Einsatzgebiet für den Spanier nach. In den vergangenen Testspielen versuchte sich 20-Jährige als Innenverteidiger und schlug sich auf dieser Position dank großer Qualitäten bei der Balleroberung beachtlich. (dpa)