Recklinghausen. Dirk Bauermann will einen Umdenkungsprozess anschieben und mehr Spielzeit für Talente. Der Basketball-Bundestrainer wird am Samstag, 14. November, eine Trainerfortbildung bei Citybasket Recklinghausen leiten. WAZ-Redakteur Markus Rensinghoff führte im Vorfeld ein Interview mit ihm.

Der Bundestrainer kommt. Dirk Bauermann (52), Trainer der Deutschen Basketball-Nationalmannschaft, leitet am Samstag eine Trainerfortbildung bei Citybasket Recklinghausen (Vestische Arena). WAZ-Redakteur Markus Rensinghoff sprach im Vorfeld mit ihm.

Wie ist es um den Basketball in NRW bestellt?

Dirk Bauermann: Das ist ein sehr weites Feld. Bonn hat seit Jahren ein Team, das ganz vorne dabei ist. Mit Düsseldorf, Paderborn und Hagen gibt es Teams, die im Mittelfeld der Liga liegen. Früher hatten Köln und Leverkusen sehr große Erfolge. Der Standort NRW stellt sich im Basketball stark da. Darüber hinaus gibt es viele gute Amateurvereine. Der BBV ist der Mitglieder stärkste Verband in Deutschland. Dem Basketball in NRW geht es gut.

Und dem Basketball in Deutschland?

Bauermann: Die Nationalmannschaft hat in den vergangenen Jahren einige Erfolge gehabt. Wir waren bei Olympia dabei, zuletzt bei der Europameisterschaft in Polen haben wir ohne Dirk Nowitzki für viele Überraschungen gesorgt. Insofern geht es dem Basketball in Deutschland nicht schlecht. Die 1. Liga hat einen Sponsor, das DSF überträgt 56 Spiele, die Hallen sind voll.

Am Wochenende hat das 1. Basketball Symposium stattgefunden. Bei dem hat auch Martin Heuberger, Co-Trainer der Handball-Nationalmannschaft, über die Probleme und Entwicklungen der Handballer gesprochen. Sind die Handballer Vorbild für die Basketballer, auch vor dem Hintergrund, dass sie drittklassig waren und 2007 Weltmeister geworden sind.

Bauermann: Man kann Handballer und Basketballer nicht vergleichen. Der Deutsche Handballbund ist nach dem Fußball der größte in Deutschland. Weltweit aber gibt es viele Länder, bei denen Basketball einen hohen Stellenwert hat, Handball aber kaum stattfindet. Italien, Türkei, Griechenland oder auch die USA oder Australien. Natürlich können wir vom Handball lernen, genauso wie der Handball vom Basketball lernen kann. Man muss immer über den Tellerrand blicken. Wir müssen in jedem Fall besser werden bei der Talentsichtung und Talentförderung.

Beim Symposium haben Sie einen Paradigmenwechsel gefordert. Die höchste Auszeichnung für einen Trainer müsse sein, dass er einen Spieler besser mache. Das müsse als Zielsetzung deutlich vor den mannschaftlichen Erfolgen stehen.

Bauermann: Das ist ein Thema, das viele Verbände und Sportarten haben. Handballer, Volleyballer, Eishockeyspieler. Man kann international nur dann erfolgreich sein, wenn man jungen Spielern, also 17-, 18-jährigen die Chance gibt zu spielen. Auf hohem Niveau. Das kann die Oberliga sein oder die Regionalliga, aber eben auch die Pro A oder Pro B. Die jungen Spieler müssen auf einem für sie vernünftigen Niveau anfangen. Wenn man immer nur Sieg oder Niederlage als Maßstab nimmt und im Zweifelsfall den erfahrenen Haudegen spielen lässt, dann können sich die jungen Spieler nicht entwickeln, dann ist das nicht der richtige Weg, dann hat man langfristig keinen Erfolg.

Das zu vermitteln und in die Köpfe zu bekommen, dass der Erfolg nicht über allem steht, ist schwierig. Ist das zu schwierig?

Bauermann: Wenn es schwierig ist, muss man es dennoch machen und darf sich dadurch nicht bremsen lassen. Das ist ein Thema bei allen Sportarten. Jeder Trainer, besonders die Amateurtrainer, sollen Talente entwickeln und auch zur persönlichen Entwicklung beitragen. Das ist die genuine Aufgabe. Es geht eben auch beides. Förderung und Erfolg. Natürlich ist das mühsam und ein langer Weg. Aber wenn man ein 18-Jähriger in der Regionalliga gut mitspielt, dann ist das nicht nur gut für den Spieler. Dann sind auch die Zuschauer anders dabei. Die Frage ist, wie man das verkauft und darstellt.

Zahlen & Namen

Ein junger Trainer.

Dirk Bauermann (geboren am 10. Dezember 1957 in Oberhausen, verheirat, eine Tochter) ist seit 1. Dezember 2003 Trainer der deutschen Basketball-Nationalmannschaft. Des Weiteren war er erfolgreich als Vereinstrainer tätig. Seine letzte Station war bei den Brose Baskets (früher GHP Bamberg, davor TSK Universa Bamberg) von 2001 bis 2008. In seiner aktiven Laufbahn spielte er bis 1981 beim BBC Krefeld, der heute im SC Bayer 05 Uerdingen aufgegangen ist, in der Regionalliga. Aufgrund einer Verletzung schlug er früh den Trainerweg ein und wurde Nachwuchstrainer beim BBC Krefeld und anschließend bei Bayer 04 Leverkusen.

Citybasket als Veranstalter teilt mit, dass sich 120 Trainer angemeldet haben. Ist das ein Problem?

Bauermann: Sie stellen ja lustige Fragen. Das ist doch sensationell. 120 Teilnehmer. Der Bundestrainer kommt und es wären zwölf Teilnehmer, das wäre ein Problem.

Es ging mehr um die Organisation. Bei 120 Teilnehmern bleibt vieles anonym.

Bauermann: Das ist natürlich richtig. Das geht auch nicht anders. Bei solchen Fortbildungen kann man nicht speziell auf den Einzelnen eingehen. Aber man muss das auch so sehen: Nicht jeder kann Lizenzen machen. Die Mehrzahl der Jugendtrainer arbeitet ohne sie. Deshalb ist es wichtig, dass man rausgeht. Man kann nur versuchen, zu motivieren und zu vermitteln, dass es nicht ohne Herzblut und persönliches Engagement geht. Das ist heutzutage schon schwierig genug. Bei allen ist der Kalender voll. Also ist es meine Aufgabe zu motivieren, damit die jungen Trainer nicht sagen, ich gehe lieber kellnern und nicht mehr in die Halle zum Training geben.

Die Metropol Baskets Ruhr spielen mit Talenten aus mehreren Vereinen in der NBBL und der JBBL. Die meisten Mannschaften in diesen Ligen sind klassiche Vereinsteams. Welches System ist besser?

Bauermann: Die Region, jeder Verein muss Wege finden, um sportlich bestehen zu können. Wenn das wie bei den Metropol Baskets bedeutet, dass sich mehrere Vereine zusammenschließen, dann ist eben genau das der Weg. Da gibt es nicht gut oder schlecht. Die jungen Spieler müssen sich entwickeln können.

Schaffen Sie es, sich Spiele dieser Ligen anzusehen?

Bauermann: Ja. Wobei die JBBL in ihr erstes Jahr geht. Ich werde mir vor allem bei den Play-Offs Spiele ansehen.

Das Thema der Fortbildung ist „Grundlagen modernen Angriffs- und Verteidigungsverhaltens”. Können Sie diese Grundlagen in wenigen Worten nennen?

Bauermann: Ganz wichtig sind Kondition und Athletik. Das steht oben drüber. Die Defensive ist geprägt von Druck. Druck auf den Ball. Druck auf den Gegenspieler. Druck auf den nächsten freien Mann. Das alles mit der richtigen, positiven Aggressivität. Man muss die Passwege geschlossen halten. Daraus entwickelt sich die Offensive. Es wird schnell gespielt und die Entwicklung in Europa in den vergangenen fünf Jahren geht dahin, dass der Abschluss in Eins-gegen-Eins- oder Zwei-gegen-Zwei-Situation gesucht wird. Also wir müssen davon wegkommen, komplizierte Strukturen einstudieren zu wollen.

Am Abend nach der Fortbildung steht für das Männerteam des Ausrichters Citybasket noch ein Spitzenspiel an. Können Sie sich das noch ansehen?

Bauermann: Ich wäre gerne geblieben. Aber gerade am Wochenende bin ich in vielen Basketball-Arbeitsgruppen und Ausschüssen aktiv.