Essen. Nicht nur in der NBA sondern auch in der deutschen Basketballliga BBL stehen die Playoffs vor der Tür. DerWesten sprach mit Bayern Münchens Trainer Dirk Bauermann über seine “Mission Erfolg“ beim Bundesliga-Neuling und über die Entwicklung der Liga.

Hallo Herr Bauermann, es war schwer, Sie zu erreichen. Sie haben nach dem Sieg gegen Bamberg Ihr Handy verloren. Haben Sie so ausgiebig gefeiert nach dem Sieg gegen den Deutschen Meister?

Dirk Bauermann: Ich glaube, da gab es noch keinen Grund, dass überschwänglich zu feiern. Natürlich haben wir uns gefreut, dass wir Bamberg geschlagen haben. Aber das müssen wir uns auch zutrauen.

War das dennoch der bisherige Saisonhöhepunkt?

Bauermann: Ja, natürlich. Die Bamberger sind die überragende Mannschaft der vergangenen zwei Jahre und auch das Maß der Dinge in dieser Saison. Insofern war es eine gute Woche für uns, weil wir Bonn, Braunschweig und Bamberg geschlagen und dadurch die Play-off-Teilnahme gesichert haben. Normal ist das nicht – deshalb war es eine besondere Woche für uns.

Wie fällt ihr Fazit ein Spieltag vor Ende der regulären Saison aus?

Bauermann: Wir haben allen Grund, zufrieden zu sein - in jeder Hinsicht. Wir sind Tabellenfünfter und das ist mit Sicherheit bei all den Problemen, die wir hatten, zufriedenstellend.

Als FC Bayern hat man Probleme?

Bauermann: Zum Beispiel die personellen Problemen: Es hat uns ein Leistungsträger unmittelbar vor Saisonbeginn in Richtung USA verlassen; sein Ersatzmann Ruben Boumtje-Boumtje musste nach nur einem Monat bei uns seine Karriere wegen einer chronischen Herzmuskelentzündung beenden. Dann musste wir mit Chevon Troutman und Jared Homan zwei neue Spieler integrieren. Die so wichtige Kontinuität in der Mannschaft war damit nicht gegeben und das schlägt sich auch auf unser Spielsystem nieder, was nicht einfach ist und erst mal verinnerlicht werden muss. Insgesamt sind wir aber mit der sportlichen Entwicklung dieser Mannschaft sehr zufrieden.

Die sportliche Entwicklung ist die eine Sache…

Bauermann: Vielleicht noch wichtiger ist, dass sich der Basketball beim FC Bayern München unglaublich entwickelt hat. Die letzten fünf Spiele waren alle ausverkauft, die Begeisterung im Verein, aber auch in München und der Region ist schon groß. Da haben sich ein richtiger Enthusiasmus und eine Dynamik entwickelt. Das ist vielleicht noch wichtiger als die sportliche Situation – aber beides hängt natürlich miteinander zusammen.

Mit dem Enthusiasmus, der Dynamik und dem viel beschriebenen „Mia san Mia“-Gefühl ist in den Play-offs jetzt alles möglich?

Bauermann: Wir müssen schön mit den Füßen auf dem Boden bleiben. Natürlich haben wir einen Lauf und in den letzten Wochen sehr gut gespielt. Aber in den Play-offs ist jeder Gegner stark und da darf man nicht von anderen Dingen reden, als von der ersten Runde. Wir machen ein Schritt nach dem anderen und wollen nicht anfangen zu träumen. Wir arbeiten weiter hart und dann wird sich der Erfolg schon einstellen.

In den Play-offs warten die Artland Dragons – zufrieden mit dem Duell?

Das Buch von Dirk Bauermann
Das Buch von Dirk Bauermann "Mission Erfolg" Verlag: Herbig; Auflage: 1. Aufl. (24. Februar 2012) ISBN-10: 3776626798 ISBN-13: 978-3776626797

Bauermann: Das ist mir persönlich ganz egal. Unser Ziel ist es ja nicht, in der ersten Runde gut auszusehen, sondern weiterzukommen und das möglichst bis ins Endspiel. Das ist immer das Ziel eines Profisportlers. Wir haben gegen alle Mannschaften schon gute Ergebnisse erzielt und man muss es sowieso nehmen wie es kommt.

Ihr Buch hat den Titel „Mission Erfolg“ – ab wann ist es eine erfolgreiche BBL-Saison für Sie und den FC Bayern?

Bauermann: Der Titel des Buches bezieht sich ja nicht auf das Projekt beim FC Bayern, sondern bezieht sich auf meine gesamte Karriere. Überall wo ich angetreten bin, egal ob bei Leverkusen, der deutschen Nationalmannschaft oder in Bamberg, war das Ziel immer, möglichst erfolgreich zu sein. Das mit dem Begriff „Misson“ auszudrücken soll ja zeigen, dass da ein bisschen mehr hinter stehen muss, als die reine Professionalität. Es ist auch Herzblut und Begeisterung dabei – und letztlich geht das auch nur so. Das gilt übrigens auch für den FC Bayern. Ein Erfolg ist diese Saison, wenn wir die Play-offs erreichen – mit einer anmessenden Platzierung – und, wenn wir merken, dass das mit unserer Sportart beim FC Bayern funktioniert. Beides ist eingetreten. Wir haben unsere Pflicht absolviert, jetzt kommt die Kür und da schauen wir mal, was wir noch oben drauf legen können.

Uli Hoeneß war zuletzt in der Fußball-Bundesliga äußert grantelnd unterwegs – sieht man ihn allerdings beim Basketball, wirkt er immer fröhlich, gelöst und locker.

Bauermann: Das ist für mich schwer zu beurteilen. Sicher identifiziert sich Uli Hoeneß mit dem Basketball des FC Bayern. Ohne ihn hätte sich der Basketball in München nie so entwickelt. Er hat einen großen Spaß daran. Aber natürlich ist für Hoeneß der Fußball die Nummer 1 im Verein. Das muss auch so sein. Wir sind der kleine Bruder und fühlen uns in dieser Rolle auch wohl und haben auch mit den Leistungen und den Erfolgen eine Daseinsberechtigung.

Dirk Bauermann wollte "immer über den Tellerrand schauen" 

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Empfinden Sie Unterschiede zwischen ihrer Zeit bei Bamberg bzw Leverkusen damals und Bayern heute, was die Antistimmung in den Auswärtshallen angeht?

Bauermann: Da gibt es schon wesentliche Unterschiede. Wenn heute Bayern München zu Gast ist, ist die Stimmung in den Auswärtshallen noch emotionaler und ehrgeiziger, als zu den Zeiten, in denen ich mit Dauermeister Leverkusen oder auch mit Bamberg in Deutschlands Basketball-Hallen gespielt habe. Die Fans sind noch einen Tick motivierter gegen Bayern und die Spieler sowieso. Die meisten unserer Auswärtsspiele in dieser Saison waren ausverkauft und es war immer Play-off-Stimmung in den Hallen. Das wird uns in den Play-offs helfen, hat uns aber auch in der ersten Saisonhälfte etwas Probleme bereitet.

Wenn Sie die Qualität der Liga vergleichen zu ihren Leverkusen/Bamberg-Zeiten zu heute – was fällt Ihnen auf?

Bauermann: Als ich Trainer in Leverkusen war, gab es – ähnlich wie im Fußball in Spanien heute – zwei dominierende Mannschaften, die alles gewonnen haben. Das waren zum einen Bayreuth und Leverkusen und später Berlin und Leverkusen. Die Teams haben die Titel unter sich ausgemacht. Es gab also eine sehr starke Spitze, die auch international sehr erfolgreich war – Alba damals mit dem ULEB-Cup-Gewinn und wir mit seiner sehr guten Platzierung in der Europaliga – heute ist die Liga eine ganz andere. Bamberg hat in den vergangenen beiden Jahren zwar den Pokal und die Meisterschaft geholt, aber insgesamt ist die Liga viel ausgeglichener. Jeder kann jeden schlagen und das macht den Wettbewerb natürlich viel interessanter und spannender.

Sind Sie zufrieden mit der Entwicklung der BBL?

Bauermann: Diese Spannung und Ausgeglichenheit ist gut für die Liga, das spiegelt sich auch in den Zuschauerzahlen wider. Wir steuern auf einen Schnitt von fast 4500 zu und das ist schon sensationell. Das hat sicherlich auch damit zu tun, dass jedes Spiel vom Tipp-Off offen ist.

Dass Sie jetzt die Zuschauerzahl so aus der Hüfte schießen können, zeigt, dass Sie immer noch einen großen Blick auf den deutschen Basketball werfen…

Bauermann: Ich habe mich nie als jemand verstanden, der nur seine zwölf Spieler betreut, sondern wollte immer auch ein bisschen über den Tellerrand hinweg gucken. Ich will diese Sportart in Deutschland einfach noch weiter nach vorne bringen; das habe ich als Bundestrainer gemacht und das war sicherlich auch mit ein Grund dafür, dass ich im vergangenen Jahr als Bundestrainer das Wagnis beim FC Bayern eingegangen bin und die Ochsentour durch die Zweite Liga mitgemacht habe. Ich habe früh gemerkt, dass das eine unglaubliche Chance für unsere Sportart ist. Wenn ich sehe, wie wir jetzt die Hallen vollmachen, wenn ich sehe, welche Einschaltquoten unsere Spiele bei SPORT1 haben, das ist schon eine wichtige Bereicherung für den deutschen Basketball und hat unseren Sport eindeutig nach vorne gebracht. Und damit auch die Liga. Das freut mich sehr, weil mir Basketball sehr am Herzen liegt.

Basketball-Team "wäre eine Bereicherung des Portfolios für Dortmund und Schalke" 

Sie sprachen gerade die Einschaltquoten an. Im Fußball wurde gerade ein riesiger TV-Deal vergeben. Macht sie das ein bisschen neidisch als Vollblut-Basketballer?

Bauermann: Da kann man nur Glückwunsch sagen (lacht). Wenn so viel Geld unterwegs ist, vielleicht überlegt sich dann ja auch mal Borussia Dortmund oder Schalke auch mal was im Basketball zu machen, so wie der FC Bayern. Wie gut das in München funktioniert ist deutlich erkennbar und es wäre für den BVB und S04 sicherlich eine Bereicherung des Portfolios.

Pommer sagt, BBL verhandelt mit ARD und ZDF – was sagen Sie dazu?

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Bauermann: Da bin ich nicht wirklich im Thema drin, weil das auch nicht meine Aufgabe ist. Aber grundsätzlich ist alles gut, was uns eine größere Medienpräsenz schafft. ARD und ZDF wären dafür natürlich gute Partner.

Sie sprachen gerade Dortmund und den BVB an. Wenn Sie als gebürtiger Oberhausener mal in den basketballerischen Westen der Republik gucken und sehen, dass Hagen im den Klassenerhalt kämpft, Leverkusen und Köln gar nicht mehr existiert und auch das Projekt Giants Düsseldorf zu scheitern droht, was geht ihnen dann durch den Kopf?

Bauermann: Das macht mich sehr traurig. Ich komme aus der Region und früher, als ich noch gespielt habe, bin ich immer nach Leverkusen und Köln gefahren und es ist schon schade, weil es auch eine wichtige Basketballregion ist. Der WBV ist unser größter Verband in Deutschland und der traditionell die beste Jungendarbeit macht. Es gibt nirgendwo mehr U12-Mannschaften als in NRW. Das ist schon wirklich schade, dass da die Spitze so abbricht.

Bauermann drückt Nowitzki die Daumen 

„Don't ever underestimate the heart of a champion!“

Wie häufig hat Sie Svetislav Pesic schon angerufen, um mit Ihnen über die Nationalmannschaft zu sprechen?

Bauermann: Er kommt zu unserem letzten Heimspiel gegen Bremerhaven und dann werden wir uns mal ausführlich unterhalten.

Eine Art Übergabe. Werden Sie ihm Tipps zur Nationalmannschaft geben?

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Bauermann: Der Svetislav braucht keine Tipps von mir. Der ist ein so erfahrener Fachmann und Trainer. Wir werden uns sicherlich über den einen oder anderen Spieler austauschen, aber er kennt den deutschen Basketball sehr gut, kennt die Strukturen und Verein gut. Ihm lag immer die Entwicklung der Sportart am Herzen und Entwicklung der jungen Spieler, deshalb finde ich, ist die Aufgabe bei ihm in den allerbesten Händen.

Noch hat sich Dirk Nowitzki nicht final geäußert, ob er noch mal das Deutschland-Trikot tragen wird. Verfolgen Sie seine Saison in Dallas?

Bauermann: Ich verfolge das natürlich regelmäßig, weil ich ihn in den letzten sieben Jahren sehr schätzen und respektieren gelernt habe. Insgesamt wird das sehr schwer für die Mavs in der ersten Runde der Play-offs. Aber um es in den Worten von Trainerlegende Rudy Tomjanovich zu sagen „Don't ever underestimate the heart of a champion!“ – unterschätze niemals das Herz des amtierenden Meisters. Wenn es in die Play-offs geht, können sie sicher noch mal zulegen. Was dabei rauskommt, wird man sehen. Ich drücke ihm alle Daumen.