Anderlecht. Borussia Dortmund gibt sich vor dem Champions-League-Spiel beim RSC Anderlecht entspannt. Von einer Krise wollen weder Pierre-Emerick Aubameyang noch Trainer Jürgen Klopp etwas wissen - der Coach scherzt sogar schon wieder über die jüngsten Misserfolge.

Pierre-Emerick Aubameyang erhielt einen eher seltenen Einblick. Kurz bevor das Flugzeug Richtung Anderlecht von Dortmund aus abhob, enterte der Gabuner das Cockpit und ließ sich erklären, wie man steuert, wohin die Reise geht. Ein Schnellkurs, der in diesen Tagen für mehr als nur einen Spieler durchaus hilfreich wäre. Spielerisch führungslos geistern die Fußballer von Borussia Dortmund in diesen Tagen durch die Bundesliga, die angepeilte Reiseflughöhe konnte der Vize-Meister als Tabellenzwölfter noch längst nicht erreichen. Das ist ein Problem vor dem Champions-League-Duell mit dem belgischen Meister RSC Anderlecht am Mittwoch (20.45 Uhr / ZDF und im Live-Ticker).

Kurz vor dem Abschlusstraining betritt Aubameyang das kleine Stadion. Es ist vor vielen Jahren so dicht an ein Wohngebiet gebaut worden, dass die Anwohner wohl vor jedem Anpfiff Sicherheitskontrollen fürchten müssen: Sie könnten schließlich Gegenstände auf den Platz werfen. Aubameyang ist in Frankreich groß geworden. Auf Französisch empfängt ihn die jüngere Vergangenheit. Es ist die erste Frage, die ihm gestellt wird: Ob das eine Krise sei, die den BVB da gerade befallen hat, will ein belgischer Journalist von dem Mittelfeldspieler wissen. „Ich denke nicht, dass das eine Krise ist“, sagt Aubameyang, „aber wir müssen jetzt aufwachen.“ Klare Worte von einem, der nach den vielen Verletzungen einen Teil davon mitbringt, was den BVB normalerweise ausmacht: Überraschung, Geschick, Schnelligkeit.

Beim Wort Krise muss Klopp lachen

Neben dem Profi sitzt nun Jürgen Klopp im lilafarbenen Keller des kommenden Gegners. Bei dem Wort Krise muss er lachen. Dümmliche Gegentore führten zu den Liga-Turbulenzen zuletzt. Aber er weiß auch, dass es erst zwei Wochen her ist, dass seine Mannschaft den angesehenen FC Arsenal mal eben überflog. Es war das beste Spiel von Schwarz-Gelb in dieser Saison und zwar in eben jenem Wettbewerb der europäischen Spitzenmannschaften.

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Es gilt nun also für die Borussia, in den Königsklassen-Modus zu schalten und neu durchzustarten. Ein Sieg beim in dieser Saison in allen Wettbewerben noch ungeschlagenen RSC brächte das Achtelfinale schon in Reichweite – und verloren gegangenes Selbstvertrauen wieder zurück. Das ist die Chance. Das Risiko: es bei einem hinreichend unterschätzten Gegner auf der europäischen Bühne erneut zu verspielen.

Klopp sieht Anderlecht gerne zu

Klopp beugt sich vor. Und beugt vor. „Anderlecht war immer eine der Mannschaften, bei der es am meisten Spaß machte, zuzusehen. Nur leider hat es immer seine Spiele verloren“, sagt der Trainer und dürfte sich an seine eigene Mannschaft erinnert gefühlt haben. In ihrer ersten Champions-League-Saison unter Klopp lieferte Dortmund beeindruckende Leistungen ab, sorgte aber mit individuellen Fehlern dafür, dass die Spiele verloren gingen und das Aus nach der Vorrunde als Peinlichkeit gewertet wurde. Die Phase von damals erinnert ein wenig an die Phase von heute.

Die „ungewöhnlichen Fehler“, wie Klopp die serielle Produktion von haarsträubenden Missgeschicken untertreibend bezeichnet, sollen möglichst schnell abgestellt, defensive Sicherheit ausgestrahlt und offensive Kreativität wieder freigelegt werden. Personal für dieses Vorhaben dürfte zurückkehren in die Mannschaft: Sebastian Kehl nach Verletzungspause ins defensive, Shinji Kagawa nach schöpferischer Pause ins offensive Mittelfeld. „Wir wollen der unangenehmste Gegner sein, den sich Anderlecht je hat vorstellen können“, kündigt Klopp an. „Alle guten Spiele aus der Vergangenheit“, sagt Klopp, seien dafür der Maßstab, „die älteren Zuschauer erinnern sich vielleicht.“ Vielleicht.