Gelsenkirchen. Nach einem frühen Rückstand erkämpfte sich der FC Schalke 04 im Top-Spiel des 2. Bundesliga-Spieltages ein 1:1 gegen den Top-Favoriten FC Bayern München. Doch der Preis, den die Königsblauen zahlten, ist hoch: Es sind neue Verletzte zu beklagen.
An diesem Montag treffen sich zur Mittagszeit die deutschen Nationalspieler in Düsseldorf, um sich auf das weltmeisterliche Wiedersehen mit dem Finalgegner Argentinien am Mittwoch vorzubereiten. Benedikt Höwedes hat schon angekündigt, dass es bei dieser Gelegenheit noch etwas zu bereden geben wird. Und zwar mit Manuel Neuer.
Das übergeordnete Thema lautet: Regelkunde. Konkret geht es um die Frage, wann genau von einem Handspiel die Rede ist. Höwedes wird ein Beispiel und eine Meinung liefern, Neuer wird eine komplett andere Ansicht vertreten.
Bayern München führte am Samstag bei Schalke 04 seit der zehnten Minute mit 1:0, Robert Lewandowski hatte ein fantastisches Kombinationsspiel mit Thomas Müller und Sebastian Rode kühl vollendet. Einige Indizien deuteten auf einen gewohnt lockeren Bayern-Erfolg auf Schalke hin, denn die katastrophal in die Saison gestarteten Blau-Weißen hatten erwartungsgemäß nicht gerade das Selbstvertrauen eines Seriensiegers – zumal nach dem verletzten Kevin-Prince Boateng auch noch Torjäger Klaas-Jan Huntelaar wegen eines grippalen Infekt passen musste.
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Aber es lief anders als vermutet: Mit zunehmender Spielzeit wehrten sich die Schalker immer energischer, sie dachten keine Sekunde an vorzeitige Aufgabe, sie ließen sich von lautstarken Fans mit der Lizenz zum Tröten anschieben. Und dann kam die 62. Minute.
Neuers erster Gegentreffer auf Schalke im Bayern-Dress
Sidney Sam schlug einen Freistoß in den Bayern-Strafraum, Dante brachte den Ball beim Klärungsversuch unglücklich nach innen, und dort probierte ihn der Münchener Neuzugang Xabi Alonso artistisch wegzuschlagen. Der Spanier beförderte dabei aber das Spielgerät aus ganz kurzer Distanz vor den Arm von Schalkes Kapitän Benedikt Höwedes – und von dort prallte es über die Linie.
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Neuer wollte das nicht wahr haben, er konnte es sich wahrscheinlich auch deshalb nicht vorstellen, weil es so ungewohnt für ihn war: Noch nie hatte er bis dahin als Bayern-Torhüter ein Gegentor bei seinem ehemaligen Klub kassiert. Neuer protestierte sofort, Schiedsrichter Marco Fritz aber ließ sich nicht umstimmen und erkannte den Treffer an.
Und er lag richtig. Höwedes stand einfach nur im Weg, als Alonso löschen wollte, es gab keine gezielte Armbewegung.
Schalke-Kapitän Höwedes "stolz auf die Mannschaft"
Neuer aber blieb stur. „Ein klares Handspiel“ versicherte er gesehen zu haben. Höwedes hingegen bekräftigte, es könne ihm keiner erzählen, dass es sich um Absicht handele, „wenn mir einer aus 30 Zentimetern Entfernung den Ball gegen die Hand schießt“.
Am Ende verkündete Höwedes, er sei „stolz auf die Mannschaft“. Wenn man gegen einen solchen Gegner so zurückkomme, „dann zeugt das von einer tollen Moral“. Er selbst ging dabei als vorbildlich kämpfender Kapitän voran. Der Weltmeister warf sich in Schüsse, ging bissig in jeden Zweikampf, gab keinen Ball verloren. Und er ließ sich klaglos im taktischen Gefüge hin- und herschieben, weil Schalke weiterhin von einer Verletzungsseuche heimgesucht wird.
Verletzte über Verletzte
Nach dem Kreuzbandriss von Sead Kolasinac vor einer Woche begann Höwedes notgedrungen als Linksverteidiger. In der zweiten Halbzeit musste er nach rechts ausweichen, und schließlich beendete er die Partie auf seiner angestammten Position als Innenverteidiger – denn gleich drei Schalker waren verletzt vom Feld gehumpelt. Das Saisondebüt des defensiven Mittelfeldspielers Jan Kirchhoff dauerte nur 40 Minuten: Sehnenverletzung im linken Knie. Den jungen Rechtsverteidiger Kaan Ayhan plagten die Wadenmuskeln. Dann erwischte es auch noch Innenverteidiger Felipe Santana: Bündelriss im Adduktorenbereich, mehrwöchige Zwangspause. Torwart Ralf Fährmann hielt durch, obwohl er einen schmerzhaften Schuss ans Ohr bekommen hatte. Die Diagnose: Trommelfellschädigung.
Aber Jens Keller hat sich ja trotz aller Kritiken als Krisenmanager bewährt, Schalkes Trainer handelt lieber, anstatt zu jammern. „Wir ziehen uns doch immer wieder raus“, sagte er und fand die Reaktion seiner Mannschaft auf den Rückstand gegen die Bayern „unglaublich“. Sie habe „überragend gearbeitet“.
„Wir sollten mit diesem Punkt hochzufrieden sein“, meinte Manager Horst Heldt erleichtert. Mit Blick auf das schwere Auswärtsspiel in zwei Wochen in Mönchengladbach durften sich die Schalker nach dem 1:1 wie Sieger fühlen.