New York. Das hochgehandelte Trio Angelique Kerber, Andrea Petkovic und Sabine Lisicki ist bei den US Open früh gescheitert. Lediglich Philipp Kohlschreiber schafft es beim letzten Grand-Slam-Turnier der Saison ins Achtelfinale. Mit seinem Gegner hat er vor kurzem noch trainiert.
Nach dem Debakel für die Damen hat ausgerechnet Enfant Terrible Philipp Kohlschreiber die deutsche Tennis-Ehre bei den US Open gerettet. Der aus dem Davis-Cup-Team ausgebootete Augsburger steht nach einer weiteren Glanzvorstellung gegen John Isner als einziger von anfangs 14 Profis des Deutschen Tennis Bundes beim letzten Grand-Slam-Schaulaufen des Jahres im Achtelfinale.
"Es ist toll, noch im Turnier zu sein. Ich bin stolz, glücklich und auch ein bisschen kaputt", sagte der 30-Jährige nach seinem beeindruckenden 7:6 (7:4), 4:6, 7:6 (7:2), 7:6 (7:4)-Erfolg gegen den an Nummer 13 gesetzten amerikanischen Spitzenmann. Zur Belohnung für seinen couragierten und spielerisch-taktisch herausragenden Auftritt gegen den 2,08 Meter großen Aufschlaghünen wartet nun die denkbar größte Herausforderung: ein Achtelfinale gegen den Weltranglisten-Ersten und Boris-Becker-Schützling Novak Djokovic.
"Er ist ein unheimlich guter Hartplatzspieler, der eigentlich keine Schwäche hat. Ich muss mein bestes Tennis spielen, um in die Situation zu kommen, ihn gefährden zu können", sagte Kohlschreiber über den siebenmaligen Grand-Slam-Champion. "Ich brauche mich nicht zu verstecken und werde alles tun, was in meiner Macht steht.
Kohlschreiber im Austausch mit Boris Becker
Mehrmals hat er in diesem Jahr mit dem werdenden Vater trainiert - und dabei auch Tipps und Hilfestellungen von Becker bekommen. "Es ist ein total toller Kontakt entstanden. Mit Boris gibt es immer wieder den einen oder anderen Austausch", sagte Kohlschreiber.
Der 30-Jährige wirkt in den New Yorker Sommertagen so ausgeglichen, selbstbewusst und in-sich-ruhend wie lange nicht. Den umstrittenen Rauswurf aus dem Davis-Cup-Team hat er akzeptiert und geht fokussiert und konzentriert seiner Arbeit nach. Auch der wiedererstarkte Roger Federer wollte eine Übungseinheit mit Kohlschreiber absolvieren.
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"Ich genieße es, mit solchen Leuten zu spielen und bin hoffentlich auch ein guter Trainingspartner", sagte der Weltranglisten-25. Der in Deutschland so oft Gescholtene und teilweise Missverstandene scheint fernab der Heimat deutlich mehr wertgeschätzt zu werden. Selbst das amerikanische Publikum applaudierte und zollte Kohlschreiber Respekt für seinen beeindruckenden Auftritt gegen Isner.
Von den US-Open-Auftritten 2014 der deutschen Damen wird dagegen wenig Erfreuliches in Erinnerung bleiben. "Es war ein enttäuschendes Turnier, das muss man gar nicht schönreden", sagte Fed-Cup-Teamchefin Barbara Rittner nach dem kollektiven Scheitern ihrer Vorzeige-Frauen Angelique Kerber, Andrea Petkovic und Sabine Lisicki.
Deutsche Damen mit ihrem Schicksal nicht allein
Die an Nummer sechs gesetzte Kerber ließ sich von der 17 Jahre alten Belinda Bencic demontieren, Petkovic war eine Klasse schlechter als die Dänin Caroline Wozniacki, und Lisicki wehrte sich gegen Maria Scharapowa zwar tapfer, nutzte aber ihre wenigen Chancen nicht.
Ein kleiner Trost war der Blick auf die Konkurrenz: Das deutsche Trio war mit seinem sportlichen Schicksal nicht allein: Am Wochenende scheiterten auch die Top-Ten-Spielerinnen Simona Halep (Rumänien/an 2 gesetzt), Petra Kvitova (Tschechien/3), Agnieszka Radwanska (Polen/4) und Ana Ivanovic (Serbien/8). Dominanz und Unschlagbarkeit strahlt bislang bei den Damen nur Eine aus: Serena Williams.
Die Weltranglisten-Erste, Titelverteidigerin und 17-malige Grand-Slam-Turniersiegerin ließ auch ihrer amerikanischen Kollegin Varvara Lepchenko beim 6:3, 6:3 keine Chance. Alles andere als ein sechster US-Open-Triumph für die 32-Jährige wäre eine Überraschung - und zwar eine noch größere als ein Erfolg Kohlschreibers gegen Djokovic. (dpa)