Berlin. . Sechs deutsche Etappensiege waren es im vergangenen Jahr bei der Tour de France, womit der Rekord aus dem Jahr 1977 eingestellt worden war. Daran wollen die zehn deutschen Fahrer bei der 101. Frankreich-Rundfahrt anknüpfen. Für Jens Voigt ist es auch eine Abschiedstour.
Im vergangenen Jahr war es bei sechs Etappensiegen fast schon eine Tour d'Allemagne, und auch anno 2014 beginnt die Frankreich-Rundfahrt gleich mit einem beeindruckenden Rekord für Radsport-Deutschland. Wenn Altmeister Jens Voigt am Samstag beim Grand Depart im englischen Leeds in die Pedale tritt, ist er endgültig in die Geschichtsbücher der Tour de France gefahren. Mit seinem 17. Start schließt der 42-Jährige zu den Rekord-Teilnehmern George Hincapie (USA) und Stuart O'Grady (Australien) auf.
Für die sportlichen Glanzlichter wollen anschließend seine neun weitaus jüngeren deutschen Kollegen sorgen. Insbesondere Marcel Kittel steht zum Auftakt wieder im Blickpunkt. Mit vier Etappensiegen und dem ersten Gelben Trikot hatte der 26-Jährige im Vorjahr sogar den weltbesten Sprinter Mark Cavendish in den Schatten gestellt. "2013 habe ich die Messlatte sehr hoch gelegt. Mein Ziel ist in diesem Jahr ein Etappensieg", sagt Kittel erstmal bescheiden.
Kittel für Cavendish großer Rivale
Seine Saison verlief nicht ganz wunschgemäß. Zwar fuhr er 2014 zu acht Siegen, darunter auch zwei Erfolge beim Giro d'Italia. Doch wegen einer fiebrigen Erkältung war er bei der Italien-Rundfahrt früh ausgestiegen, was seine Saisonplanung durcheinandergebracht hatte. Bei den deutschen Meisterschaften am Wochenende kam er mit schmerzendem Bein abgeschlagen ins Ziel und überließ seinem Sprintrivalen André Greipel die erfolgreiche Titelverteidigung quasi kampflos.
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Für die erste Etappe, die im Normalfall in einem Massensprint entschieden wird, hat Cavendish Kittel dennoch als größten Rivalen ausgemacht. "Marcel genießt als einer von ganz wenigen Fahrern die uneingeschränkte Wertschätzung von Mark", sagt Rolf Aldag, der im Management von Cavendishs Team Omega Pharma-Quickstep arbeitet. Der mit einem ausgeprägten Selbstbewusstsein ausgestattete ehemalige britische Weltmeister sinnt auf Revanche, zumal die erste Etappe quasi im Wohnzimmer seiner in Harrogate lebenden Mutter endet.
Helfen soll dem Briten dabei ausgerechnet Tony Martin, der bei der Sprintvorbereitung im belgischen Team unverzichtbar ist. Als Gesamtzweiter bei der Tour de Suisse fährt der dreimalige Zeitfahr-Weltmeister in prächtiger Verfassung nach England. Seine persönlichen Ziele muss er aber bis zum vorletzten Tag hinten anstellen. Beim Zeitfahren in Perigueux will er dann aber zum dritten Mal triumphieren.
Voigt sieht sich als "Mädchen für alles"
Greipel könnte bei den Massensprints lachender Dritter werden. "Ich lese ja nur von einem Zweikampf. Lasst die Beiden mal sprinten", sagt der Wahl-Schweizer, der in den vergangenen beiden Jahren schon jeweils eine Etappe gewann und das wiederholen möchte. Auch John Degenkolb möchte nach Siegen bei Vuelta und Giro d'Italia endlich auch bei der Tour ganz oben stehen, speziell auf den mittelschweren Etappen schlägt seine Stunde. Und natürlich, wenn es am fünften Tag auf den Kopfsteinpflasterpassagen nach Arenberg geht. Das ist Degenkolbs Lieblingsterrain, im Frühjahr hatte er dort beim Klassiker Paris-Roubaix überraschend Platz zwei belegt.
Derartige Ambitionen hat Voigt nicht mehr. Seine "15 Minuten Ruhm" habe er schon ausgekostet. Er sieht sich bei seiner Abschiedstour im Team Trek als "Mädchen für alles", will sturzfrei durchkommen und vielleicht mal eine Attacke fahren.
Voigt nimmt Abschied, ein zweitklassiges deutsches Team debütiert auf den Landstraßen Frankreichs. Der NetApp-Rennstall hat überraschend eine Wildcard erhalten, womit vier Jahre nach dem Ende des Milram-Teams wieder eine deutsche Mannschaft startet. (dpa)