Rio de Janeiro. . Mexiko hat sich nur mit Mühe für die WM qualifiziert. Dennoch wachsen die Erwartungen in den Himmel. In der schweren Gruppe A mit Brasilien, Kroatien und Kamerun sieht man sich als Gruppenzweiter locker ins Achtelfinale marschieren. Trainer Herrera redet sogar davon, das Finale zu erreichen.
Für kaum ein Team war der Weg nach Brasilien so beschwerlich und weit wie für Mexiko. In der harmlosen Nordamerika-Qualifikation setzte es eine Heimpleite gegen Honduras und ein Unentschieden gegen Jamaika. Drei Trainer wurden während der Ausscheidungsspiele verschlissen, und am Ende sicherte erst eine Ehrenrunde gegen Neuseeland das Ticket nach Brasilien.
Aber Mexikaner haben ein äußerst kurzes Gedächtnis. Kaum dass die Spiele gegen die Halb-Profis aus Ozeanien gewonnen waren, erklärte Trainer Miguel Herrera sein Team zum WM-Favoriten: „Wir denken an das Endspiel“, raunte Herrera und rief damit Mexikos Fußball-Philosophen Juan Villoro auf den Plan: „Wir Mexikaner haben das große Talent, uns nicht von der Realität beirren zu lassen“, sagt der Schriftsteller süffisant.
Schließlich klaffen in keinem anderen Land der Region Anspruch und Wirklichkeit so weit auseinander wie in Mexiko. Das gilt ganz besonders für den Fußball. Das Land ist Rekord-Teilnehmer bei Fußball-Weltmeisterschaften, aber außer im eigenen Land 1970 und 1986 schaffte es Mexiko nie ins Viertelfinale. Keine Mannschaft hat in der WM-Historie häufiger verloren. Aber das zweitgrößte Land Lateinamerikas zählt sich selbst fast immer zu den Top-Favoriten bei globalen Turnieren.
Mexikos Zeit für Erfolge auf der großen Bühne
Trotz der schwachen Qualifikation wachsen auch 2014 die Erwartungen wieder in den Himmel. In der schweren Gruppe A mit Brasilien, Kroatien und Kamerun sieht man sich als Gruppenzweiter locker ins Achtelfinale marschieren.
Dabei sucht Trainer Herrera auch noch kurz vor dem ersten Match am Freitag gegen Kamerun nach einer Stammformation. Er hat keinen wirklich guten ersten Torwart, Stürmer Javier Hernández von Manchester United hat längst schon vergessen, wo das Tor steht. Und schwere Verletzungen von Stammspielern überschatteten die WM-Vorbereitung. Dazu setzte es Pleiten gegen Bosnien-Herzegowina und Portugal in den Testspielen. Allein die Rückholaktion des fast 36-jährigen Rafael Márquez, früherer Verteidiger vom FC Barcelona, gibt der Mannschaft Stabilität. Auch Andres Guardado von Bayer Leverkusen gehört zur Stammformation.
Mexikos WM-Auswahl ist eine Mischung aus Profis, die in Spanien, England und Portugal unter Vertrag stehen, und Spielern, die in der heimischen Liga ihr Geld verdienen. Mexikanische Fußballer tun sich nach wie vor schwer, ins Ausland zu wechseln und dort auch Erfolg zu haben. Bis zur WM 2006 in Deutschland waren aztekische Legionäre sogar fast unbekannt. Erst danach wagten einige Spieler den Sprung nach Europa. So landeten damals auch Pavel Pardo und Ricardo Osorio beim VfB Stuttgart und gewannen 2007 die Deutsche Meisterschaft.
Eigentlich ist es für Mexiko Zeit, auch auf der ganz großen Bühne Erfolge zu feiern. Bei weniger bedeutenden Wettbewerben gelang das jüngst schon. Vor drei Jahren gewann Mexiko zum zweiten Mal die U-17-WM, und bei den Olympischen Spielen 2012 holte die „Tri“ Gold im Finale gegen Brasilien.
Die mexikanische Liga zahlt den Spielern Millionen
Auch interessant
Hauptgrund für die fehlende Konkurrenzfähigkeit auf hohem Niveau ist die mangelnde internationale Erfahrung vieler Spieler. Während unzählige brasilianische, argentinische und kolumbianische Fußballer in den europäischen Ligen Erfahrung sammeln, wechseln Mexikaner nur ungern ins Ausland.
Sie haben es daheim zu gemütlich. Keine Liga in Lateinamerika zahlt so gut wie die mexikanische. Weltweit entlohnen nur die Vereine in England, Spanien, Italien und Deutschland die Spieler besser. Nach Expertenschätzungen verdienen rund ein Dutzend Profis mehr als eine Million Dollar im Jahr, manche mehr als zwei Millionen Dollar. Nach dem so beschwerlichen und weiten Weg startet am Freitag die WM für Mexiko. Gegen Gegner Kamerun (18 Uhr MEZ / LIVE BEI UNS IM TICKER).