Berlin. Lange Zeit hatten WM-Eröffnungsspiele den Ruf, absolute Langweiler zu sein. Gleich viermal in Serie von 1966 an endeten die Auftaktpartien 0:0. Deutschland beendet 2006 den Fluch der Taktik-Kicks.

Alles begann mit einer Enttäuschung. Als sich England und Uruguay am 11. Juli 1966 im ersten offiziellen Eröffnungsspiel der WM-Geschichte gegenüberstanden, ahnte keiner der 87 148 Zuschauer im Wembley-Stadion, dass hier der künftige Fußball-Weltmeister gespielt hatte.

Der müde Kick endete mit 0:0. 19 Tage später gewann England seinen bisher einzigen WM-Titel durch das 4:2 nach Verlängerung gegen Deutschland, das noch heute die Gemüter der Fans in beiden Ländern erregt, wenn sie auf das umstrittene «Wembley-Tor» von Geoff Hurst in der 102. Minute zu sprechen kommen.

Bei den vorangegangenen sieben WM-Turnieren hatte es laut Reglement keine offiziellen Eröffnungsspiele gegeben. Erst vor wenigen Jahren wurden in den Statistiken des Weltverbandes FIFA die jeweils ersten WM-Gruppenspiele von 1930 bis 1962 nachträglich in den Rang von Eröffnungsspielen erhoben. Doch eigentlich verdiente sich in den ersten drei WM-Jahrzehnten nur das Match zwischen Deutschland und der Schweiz am 4. Juni 1938 diese Bezeichnung, da kein weiteres Spiel am Tag des WM-Auftakts angesetzt war. Die Deutschen spielten nach Verlängerung nur 1:1, verloren das damals übliche Wiederholungsspiel mit 2:4 und waren von da an nur noch WM-Zuschauer.

Das 0:0 vom Wembley begründete 1966 eine unrühmliche Tradition: Auch die nächsten drei Auftaktspiele bis 1978 endeten nach allein von der Taktik geprägten Duellen torlos. Beteiligt war 1978 in Buenos Aires erneut das deutsche Team, das insgesamt viermal das erste WM-Spiel bestreiten durfte. Dem 0:0 gegen Polen 1978 folgten Siege gegen Bolivien 1994 in Chicago (1:0 mit Torschütze Jürgen Klinsmann) und das glanzvolle 4:2 über Costa Rica 2006 in München.

Dieses bisher torreichste Eröffnungsmatch nach dem 7:1 der Italiener 1934 gegen die USA brachte bei der Heim-WM das «Sommermärchen» so richtig in Schwung und versetzte Fußball-Deutschland in einen bisher ungekannten Rausch. Miroslav Klose wurde nach seinen zwei Treffern zum «Player of the Match» gekürt, Philipp Lahm und Torsten Frings steuerten die weiteren deutschen Treffer bei.

Übertroffen werden die Deutschen in der Zahl der Eröffnungsspiele nur von Mexiko, das vor vier Jahren in Südafrika zum fünften Male die erste WM-Partie bestritt. Von 1958 bis 1970 eröffnete stets der Gastgeber das Turnier, und so reihte sich auch Mexiko nach den jeweils ersten WM-Spielen 1930, 1950 und 1958 als Ausrichter 1970 im Spiel gegen die UdSSR in die Serie der tristen 0:0-Eröffnungs-Kicks ein. Brasilien wird am Donnerstag im Duell gegen Kroatien in Sao Paulo mit seiner vierten Teilnahme am Eröffnungsspiel zu den Deutschen aufschließen.

Nach einer Statuten-Änderung wurden zwischen 1974 und 2006 die WM-Turniere stets vom Weltmeister eröffnet, ehe die FIFA wieder zu ihrem vorherigen Ritual zurückkehrte und dem Gastgeber die Bühne für das erste Spiel überließ. Damit kam in den bisherigen 19 Eröffnungsspielen achtmal der Gastgeber und gleichfalls achtmal der amtierende Weltmeister beim Auftakt zum Zuge. Neben den Engländern, die 1966 ihren einzigen Titel erkämpften, wurde nur Italien 1934 als Teilnehmer am Eröffnungsspiel auch Weltmeister.

Bisherige Teilnehmer an Eröffnungsspielen:

LandEröffnunsspieleJahre
Mexiko51930, 1950, 1958, 1970, 2010
Deutschland41938, 1978, 1994, 2006
Brasilien31950, 1974, 1998
Frankreich31930, 1954, 2002
Schweiz21938, 1962
Jugoslawien21954, 1974
Italien21934, 1986
Argentinien21982, 1990

15 Länder standen je einmal im Eröffnungsspiel