Santo André. . Manuel Neuer geht es nach seiner Verletzung wieder richtig gut. Der Torwart soll gegen Portugal spielen, und damit steigen auch die WM-Chancen der deutschen Elf. Doch Neuer ist wahrscheinlich nicht nur einer der besten Keeper der Welt. Oft ist er auch einer der riskantesten.
Manuel Neuer geht es gut. Richtig gut. In der einen Hand eine Wasserflasche, in der anderen Hand ein hellblaues Handtuch, spaziert der Torhüter der Nationalmannschaft in dunkelblauer Badehose am Strand vor dem Campo Bahia entlang. Nur der ziemlich blasse Oberkörper könnte noch die eine oder andere Strandeinheit vertragen.
8700 Kilometer vom Strand entfernt fragt sich derweil ganz Deutschland, ob es Neuer auch wirklich gut geht, also so richtig gut. Aber vor allem: Wie geht es seiner Articulatio humeri – was macht die Schulter der Nation?
Beim Pokalfinale der Bayern gegen Dortmund war es kurz vor Schluss passiert. Ein langer Ball, Neuer stürmte aus seinem Tor, rutschte aus, stützte sich ab und spürte diesen stechenden Schmerz. „Ich habe sofort gemerkt, dass da etwas nicht in Ordnung ist. Aber ich bin einer, der auf die Zähne beißen kann“, sagte der Münchener nach dem Schlusspfiff. Neuer hatte einen Kapseleinriss in der rechten Schulter. Normale Regenerationszeit: sechs bis acht Wochen. Die WM schien in Gefahr.
Neuers Rückkehr zur Normalität
Dreieinhalb Wochen später sitzt Andreas Köpke im weißen Pressezelt, das der DFB neben dem Hotel Costa Brasilis aufgestellt hat. Deutschlands Bundestorwarttrainer schaut in 14 Kameras, 80 Journalisten sitzen vor ihm. „Ich habe eine wirklich gute Nachricht“, sagt Köpke fast schon staatstragend. „Der Manuel ist auf einem richtig guten Weg. Wir gehen davon aus, dass er beim Spiel gegen Portugal zu 100 Prozent einsatzfähig sein wird.“ Seit Sonntag darf Köpke seinen Schützling wieder mit torwartspezifischem Training quälen, seit diesem Mittwoch ist Neuer auch wieder beim Mannschaftstraining dabei. Für ihn war es die Rückkehr zur Normalität.
Neuer wird also gegen Portugal zwischen den Pfosten stehen. „Wir haben drei sehr gute Optionen im Tor“, schwadronierte Co-Trainer Hansi Flick diese Tage ein wenig herum, „Weidenfeller hat gezeigt, dass er Weltklasseleistungen bringen kann. Er ist auf einem ähnlichen Niveau wie Neuer.“
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Ein Torwart für den WM-Titel
Und dann sagte Flick schließlich doch, was er und das gesamte Trainerteam eigentlich denken: „Aber Manuel ist noch einen Tick besser. Er hat die Ausstrahlung, Ruhe und die fußballerischen Fähigkeiten. Er könnte sogar im Feld spielen.“ Seine Botschaft: Mit Weidenfeller kann man Deutscher Meister werden, mit Neuer kann man Weltmeister werden.
Wahrscheinlich ist Neuer nicht nur einer der besten Torhüter der Welt, oft ist er auch einer der riskantesten. Er liebt es mitzudenken, mitzuspielen. „Im heutigen Fußball muss der Torhüter den Part des frühen Liberos übernehmen“, sagt Bundestrainer Löw, der seinen Schlussmann darin bestärkt, nichts, aber auch gar nichts an seiner Spielweise zu ändern.
Neuer ist vom Ehrgeiz besessen
Neuer, Vater Polizist, Mutter Hausfrau, ist nicht nur ehrgeizig, er ist besessen. „Ich bin ein Perfektionist“, formuliert er seinen eigenen Anspruch. Ob der Keeper ein mentales Problem haben könnte, wurde am Mittwoch DFB-Psychologe Hans-Dieter Hermann gefragt. „Nein“, antwortete er, „Manuel kann sehr, sehr gut mit Druck umgehen.“ Mit 20 Jahren war Neuer auf Schalke der jüngste Stammtorhüter der Bundesliga, mit 27 Jahren holte er als Welttorhüter mit Bayern München das Triple, und jetzt, mit 28 Jahren, will er Weltmeister werden. „Wenn wir kein Gegentor kassieren, dann werden wir Weltmeister, das steht fest“, sagt Neuer.
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Eine WM ohne Gegentore ist natürlich utopisch. Und trotzdem: Vieles wird von Neuer abhängen. Es ist eine große Last auf seinen Schultern. Aber der Schulter geht es ja gut. Richtig gut.