Berlin. Die mitgereisten BVB-Fans geben sich alle Mühe, Berlin in eine schwarz-gelbe Stadt zu verwandeln. Manchmal gelingt das sehr gut - anderswo ernten die Anhänger verwirrte Blicke: “Der Kreuzberger weiß nicht so genau, was er mit so vielen Menschen anfangen soll, die hier herumstehen und Bier trinken.“

Eine breite rote Tür. Rechts davon die Aufschrift "Happy Hour 17 - 19 Uhr". Hinter der Tür ein langgezogener Raum, vorne links eine holzgezimmerte Theke, rechts versetzt ein Fernseher, und etwa in der Mitte des Raumes eine Treppe, die hinauf zum zweiten, etwas erhöhten Teil führt. Und vor allem: Menschen. Viele Menschen. Dicht gedrängt stehen sie im ganzen Raum, die meisten von ihnen sind im Schwarz-Gelb von Borussia Dortmund gekleidet.

Willkommen in der respectbar in Kreuzberg, seit August 2011 Treffpunkt von Exil-Borussen in Berlin. Die waren damals von ihrem Wirt vor die Tür gesetzt worden, weil sie bei Fußball-Übertragungen zu laut waren - und fanden bei Wirtin Melanie Hamada eine neue Bleibe.

Und am Vorabend des DFB-Pokalspiels (Samstag, 20 Uhr/im Live-Ticker) ist es natürlich besonders voll. Nicht nur drinnen, auch vor der Tür haben sich mehrere Dutzend BVB-Fans versammelt, singen die Lieder, die man als BVB-Fan eben so singt - und konsumieren dabei Brinkhoffs oder Hövel's, wie es in einer BVB-Kneipe eben stilecht serviert wird.

Berlin in BVB-Hand

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BVB-Fans feiern an der Gedächtniskirche in Berlin.
BVB-Fans feiern an der Gedächtniskirche in Berlin. © Sebastian Weßling / WAZ
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Der Späti nebenan - so nennen sie in Berlin jene Läden, die das feierwütige Volk auch noch spätabends mit Alkoholiker und den Rest mit anderen Dingen des täglichen Lebens versorgen - , dieser Laden also führt zwar kein Dortmunder Bier, hat aber dafür einen anderen unschlagbaren Vorteil: "Das ist wenigstens kühl, drüben ist die Plörre ja pisswarm", schimpft ein Mann mit neongelbem Trikot, Schnauzbart und Halbglatze, bei dem weder der Gang noch die Intonation vermuten lassen, dass weitere Alkoholaufnahme jetzt eine gute Idee wäre.

Der Inhaber hinter der Kasse ist mit dem Ansturm erkennbar überfordert. "Was kostet das?", fragt er den Mann mit der Halbglatze, als der ihm ein Sixpack einer Berliner Biersorte hinhält. "Häh", gibt der zurück. Der Inhaber zuckt mit den Schultern und schlurft selbst zum Kühlschrank, um nachzusehen - ein Schauspiel, das sich noch bei vielen weiteren Kunden wiederholt.

"Die sehen ja alle gleich aus"

Vor dem Laden sitzen Marike und Jana aus Neukölln, die mit Fußball zwar nicht ganz so viel am Hut haben, aber auf einen Bekannten warten, der mit einem Hamburger BVB-Fanclub anreisen soll - doch ein BVB-Fanclub ist inmitten des Schwarz-Gelb nicht leicht zu finden.. "Ich hätte nicht gedacht, dass hier so viele Menschen in solchen Trikots herumlaufen", sagt Marike. "Die sehen ja alle gleich aus."

Nun nutzen die beiden Berlinerinnen die Zeit für soziologische Beobachtungen. "Genau so toll, wie die Fans zu beobachten, ist es, die Passanten mit ihren verwirrten Gesichtern zu sehen", sagt Marike. "Der Kreuzberger weiß nicht so genau, was er mit so vielen Menschen anfangen soll, die hier herumstehen und Bier trinken." Was vor allem zweierlei beweist: Die BVB-Fans trinken enorm viel Bier - und Kreuzberg ist auch nicht mehr das, was es mal war.

Lautstarke Party am Breitscheidplatz

Viel Bier war auch schon im Laufe des Tages geflossen - vor allem am Breitscheidplatz, wo eine schwarz-gelbe Bühne errichtet ist, von der aus ein DJ der Masse mit Pop, Schlagern und BVB-Songs einheizt. Und in den Pausen übernimmt der Fanclub "Hackendicht" die Unterhaltung und Animation der BVB-Fans - und das so lautstark, dass der DJ irgendwann warnen muss: "Singt doch lieber nicht gegen die Musik an", mahnt er. "Sonst könnt ihr morgen eure Mannschaft nicht mehr unterstützen. Ihr seid gleich wieder dran."

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Auch ein paar Bayern-Fans sind zu sehen, die sich im schwarz-gelben Trubel offensichtlich ganz wohl fühlen. Sie sind auch die einzigen, die auf einen Sieg des deutschen Meisters tippen, die BVB-Fans sind fast durch die Bank zuversichtlich, dass ihre Mannschaft das Rennen machen wird.

Diese Zuversicht ist auch in der respectbar zu spüren, wo nun ein eigens komponiertes BVB-Lied vorgetragen wird - inklusive einer Zeile, in der sich der Pokal in der Hand auf die besten Fans im ganzen Land reimt.

Von letzterem sind die BVB-Anhänger ja schon lange felsenfest überzeugt. Und bis der erste Teil des Reimes am Samstagabend geklärt wird, wird wohl am Breitscheidplatz und anderswo eine gehörige Menge Bier fließen.