Rio de Janeiro. Die Fifa ist besorgter, als sie zugeben mag: Gut drei Monate vor Beginn der Fußball-Weltemeisterschaft hinkt Gastgeber Brasilien mächtig hinterher. Sowohl beim Stadionbau als auch bei der Technik und der Infrastruktur. Improvisation muss wohl groß geschrieben werden.
Genau 100 Tage vor dem Beginn der Weltmeisterschaft verlieren die Verantwortlichen des Internationalen Fußball-Verbandes Fifa die Geduld mit den brasilianischen Organisatoren. Alle Zeitpläne in der Vorbereitung wurden missachtet, noch immer warten einige der zwölf Stadien auf ihre Fertigstellung. Vor allem die Arenen in Curitiba, Manaus und Sao Paulo, in der am 12. Juni das Eröffnungsspiel zwischen Gastgeber Brasilien und Kroatien stattfinden soll, sind massiv in Verzug.
Fifa-Präsident Sepp Blatter reagiert ungewöhnlich genervt
In Sao Paulo, wo ein umstürzender 500-Tonnen-Kran im Januar Teile des Stadiondachs zerstört und zwei Bauarbeiter getötet hatte, findet ein Wettlauf mit der Zeit statt. Immer wieder wurde der Termin der Stadionübergabe verschoben, als neue „Deadline“ wurde nun der 15. Mai genannt. Die dann verbleibenden vier Wochen sind eigentlich viel zu kurz, um das „Innenleben“ der Arena auf den erforderlichen Standard zu bringen.
Längst hat Fifa-Präsident Sepp Blatter ungewöhnlich genervt auf die insgesamt schleppende WM-Vorbereitung reagiert, denn am Ende wird die Fifa für die katastrophalen Zustände gerade stehen müsste. „Brasilien hat zu spät begriffen, vor welcher Aufgabe es steht. Es ist das Land mit den meisten Verzögerungen, seit ich bei der Fifa bin und das einzige, das so lange Zeit hatte, eine WM zu organisieren: sieben Jahre“, sagte Blatter unlängst.
Der Zorn scheint berechtigt. Große Problemzonen bereiten zum Beispiel die Spielorte Manaus und Curitiba. „Wenn es kein Stadion gibt, sind auch keine Spiele möglich“, sagte Fifa-Generalsekretär Jerome Valcke bei einem Besuch. „Chaos“, das wäre die richtige Umschreibung für die Zustände in vielen Stadien, heißt es bei Fifa-Mitarbeitern unter der Hand.
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Stadien bislang noch ohne Innenleben
Pfusch am Bau, das scheint in der Eile in vielen der Arenen passiert zu sein. „Wir arbeiten unter Bedingungen, wo der Zement noch nicht trocken ist“, sagte Valcke am Wochenende. In Cuiaba wurden, kaum wurde das Stadion als fertig bezeichnet, Risse im Fundament festgestellt. Der schwere Unfall in Sao Paulo war offenbar auf ungenügende Vorarbeiten und Verstoß gegen Sicherheitsrichtlinien zurückzuführen.
Noch mehr Sorge bereitet der Fifa die mangelnden Innenausstattungen. Denn auch in einigen Arenen, die von außen einen normalen Eindruck machen, hinken die Zeitpläne für die Einrichtungen mit Sanitäranlagen, Läden und der gesamten Medien-Technik allen Planungen weit hinterher. Nach aktuellem Stand könnten aus einigen Stadien keine Fernseh-Übertragungen stattfinden, die WM-Spiele in Sao Paulo, Manaus, Curitiba und Cuiaba fänden unter Ausschluss der Weltöffentlichkeit statt. Doch die Installation der komplizierten Technik ist besonders aufwändig und erfordert erfahrungsgemäß bis zu einem reibungslosen Betrieb viele Testläufe – aber dafür wird keine Zeit mehr vorhanden sein.
Notfallteams bereits vor Ort
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„Wenn das nicht klappt, wird man sagen, wir sind die schlechtesten Organisatoren und die WM ist das schlechteste Event“, sagte Valcke. Die Fifa steht bei diesem Punkt besonders unter Druck, denn sie deckt mit den TV-Rechten ihr Jahresbudget von rund einer Milliarde Euro. Allein ARD und ZDF zahlen 150 Millionen Euro für die WM-Übertragungen. Die internationalen Firmen, die mit dem Aufbau der Technik in den Stadien beauftragt wurden und schon Notfalltruppen entsandt haben, sind teilweise entsetzt über das Niveau der Stromversorgung in den Stadien.
Sorgen macht auch die Infrastruktur. An fünf Flughäfen wird noch gebaut. Fortaleza, wo ein Spiel der deutschen Elf stattfindet, wird seinen Airport nicht mehr rechtzeitig fertigstellen können, eine Zeltstadt soll die Terminals ersetzen. Improvisation muss wohl groß geschrieben werden.
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