Berlin. Vor einem Jahr hat sich Bianca Kappler die Achillessehne gerissen. Für eine Weitspringerin ist so etwas oft das Ende der Karriere, nicht so für die dreimalige deutsche Meisterin. Sie ist zurück. Und sie startet bei der Leichtathletik-WM in Berlin, die am Samstag beginnt. Ein Interview.

Haben Sie im ersten Moment nach der Verletzung gedacht: Vorbei! Das war's?

Bianca Kappler: Natürlich denkt jeder bei sowas im ersten Moment: Das war's! Die Emotionen spielen eine große Rolle, und bis man sich wieder gefangen hat, dauert es eine Weile. Aber schlussendlich wusste ich, dass ich alles für die Rückkehr machen werde, was in meiner Hand liegt.

Sie wollten also unbedingt zurück?

Bianca Kappler: Ja! Ich kenne mich gut. Wenn ich mir etwas in den Kopf gesetzt habe, gibt es wenig, das mir dann nicht gelingt.

Aber das medizinische Problem konnten Sie nicht selbst lösen.

Bianca Kappler: Die gerissene Sehne hatte ich natürlich nicht unter Kontrolle. Da musste ich auf den Operateur vertrauen und auf die Leute, die mir danach bei der Reha geholfen haben.

Wann war Ihnen klar, dass Sie tatsächlich wieder springen können?

Bianca Kappler: Erst nach einer ganzen Weile. So richtig klar war mir das erst, als ich in die Sommersaison gestartet bin. Die ersten Trainingslager waren noch sehr durchwachsen. Es gab immer wieder Wehwechen, und ob es wirklich klappt, weiß man erst, wenn die Saison läuft, und die ersten Wettkämpfe geschafft sind.

Haben Sie Angst, dass die Sehne noch einmal reißen könnte?

Bianca Kappler ist zurück. Trotz Achillessehnenriss im vergangenen Jahr startet sie bei der Leichtathletik-WM in Berlin. Foto: imago
Bianca Kappler ist zurück. Trotz Achillessehnenriss im vergangenen Jahr startet sie bei der Leichtathletik-WM in Berlin. Foto: imago © WAZ

Bianca Kappler: Natürlich hatte ich diese Angst, aber dann habe ich gedacht: Wenn das Ding jetzt nochmal zerfetzt, dann ist es vorbei und ich habe endgültig Ruhe. Doch diese Angst habe ich irgendwann ausgeblendet. Trotzdem war in bestimmten Momenten immer noch eine Sorge da. Etwa, als ich zum ersten Mal die Spikes wieder angezogen habe. Oder bei bestimmten Sprüngen. Aber viel größere Angst hatte ich davor, dass die Sehne nach der Operation zu kurz oder zu lang ist, und ich deswegen nicht mehr springen könnte.

Sie sind 32 Jahre alt, Sie haben eine Tochter, dazu der Achillessehnenriss. Warum haben Sie nicht aufgehört?

Bianca Kappler: Ich habe doch erst im Jahr 2003 wirklich professionell mit dem Leistungssport begonnen. Das ist sehr spät, und deshalb habe ich noch gar nicht soviele Trainingsjahre auf dem Buckel. Daher habe ich immer gedacht, dass ich noch einige Jahre springen kann. Meine Planung ging immer bis 2012, und das geht sie auch weiterhin.

Trotz Tochter? Wie regeln Sie das mit ihr?

Bianca Kappler: Der Sport ist mein Beruf, und ich regel das mit meiner Tochter so normal wie jede andere berufstätige Frau auch. Meine Tochter ist bei einer Tagesmutter, und seit dem 1. August geht sie in den Kindergarten, sie ist jetzt drei Jahre alt.

Es gibt also keine spektakulären Probleme im Familienleben einer Leistungssportlerin?

Bianca Kappler: Überhaupt nicht. Außer, dass ich gegenüber anderen Müttern vielleicht einen kleinen Nachteil habe. Mein zweiter Teil des Arbeitstages beginnt erst, wenn die meisten anderen schon wieder zuhause sind. Die zweite Trainingseinheit mache ich gegen 17 Uhr, und die dauert dann bis 20 Uhr. Da muss meine Tochter manchmal mit, oder der Papa passt auf. Kommt drauf an. Aber eigentlich ist das zugleich ein Vorteil, denn ich kann die Kleine immer mit zum Training nehmen, andere Frauen können das an ihrem Arbeitsplatz oft nicht.

Und wenn Sie ins Trainingslager oder zu einem Wettkampf fahren?

Bianca Kappler: Wenn alle Stricke reißen und ich überhaupt keine Zeit habe, kommen die Großeltern. Wir sind aber zu weit vom Schuss, um sie immer in Anspruch zu nehmen. Wir wohnen im Saarland, meine Eltern in Hamburg, und die Eltern vom Papa leben in Österreich. Das ist mit Aufwand verbunden, aber irgendwie geht's.

Nehmen Sie Ihre Tochter mit zur WM nach Berlin?

Bianca Kappler: Nein, das mache ich nicht. Während der WM kommen Oma und Opa zu uns, denn ich bin mit dem Trainingslager vor der WM insgesamt zwei Wochen unterwegs und werde während dieser Zeit sehr auf mich konzentriert sein.

Ihr Ziel in Berlin?

Bianca Kappler: Ich will im Finale unter die letzten Acht. Wenn ich aber mit einer Weite von 6,85 Metern Elfte werde, weiß ich: Ich habe alles rausgeholt, und dann ist es auch in Ordnung.