Essen. . “Du Lappen“, “Du Verräter“, “Stirb Du Hund“: Das Phantomtor von Stürmer Stefan Kießling in Hoffenheim sorgt auch noch am Montag für heftige Anwürfe gegen den Stürmer des Bundesligisten Bayer 04 Leverkusen. Der Grad persönlicher Beleidigungen auf Kießlings Facebook-Fanseite kennt kaum Grenzen.
Mit seinem "Phantomtor" hat der Leverkusener Stürmer Stefan Kießling sich in die Bundesliga-Geschichte geschossen. Und gäbe es eine Tabelle der meist-gehassten Fußballer in Deutschland, dann läge Kießling nach dem Bundesliga-Gastspiel bei der TSG Hoffenheim derzeit wohl auf Platz eins.
Tausende Kommentare haben sich in den vergangenen Tagen auf Kießlings Facebook-Fanseite gesammelt. Warum? Weil Kießling Schütze eines Treffers ist, der nur über den Umweg eines Netz-Loches im Hoffenheimer Tor gelandet war.
Ein Karikaturist hat Kießling dafür jüngst als "Tor-Ungeheuer von Loch-Netz" verulkt. Doch ulkig sind die Kommentare, die Kießling auch am Montagvormittag noch auf seiner Facebookseite erntet, nicht.
Kießling, "stirb, Du Hund!"
"Du Lappen", "Du Verräter", "Stirb Du Hund": Die Auseinandersetzung mit dem Tor, das kein reguläres Tor war, hat ein wahres Kießling-Bashing ausgelöst. Die Hass-Fraktion kennt dabei keine Grenze: "Unfairer Dreckskerl", "Niete", "Feigling", "Du bist ein Lügner": Handelte es sich bei der Phantomtor-Debatte um einen Kneipen-Disput, man befände sich kurz vor einer Schlägerei, in der ein wütender Mob auf den Gegner eintritt.
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"Du Verräter" wird Kießling virtuell angebrüllt, "Stirb, Du Missgeburt" heißt es in einem Kommentar; Anwürfe wie "Du feiger, falscher Hund" würden reichen, sich vor dem Amtsgericht zu sehen. Stichwort: Beleidigung.
Für die Mehrheit der Facebook-Schreiber hat Kießling 1.) klar erkennen müssen, dass sein Kopfball eindeutig am Hoffenheimer Tor vorbeigerauscht war. 2.) hätte Kießling "Charakter zeigen" sollen, und dem Schiedsrichter klipp und klar erklären müssen, dass der das Tor nicht hätte geben sollen. 3.), 4.), 5.) und 6.) habe Kießling "keine Eier in der Hose", hätte er "Größe zeigen können" und sollen, ist er "nun kein Vorbild mehr" und völlig zu Recht nicht in der Nationalmannschaft berücksichtigt, weil "der Jogi" (Bundestrainer Joachim Löw; d. Red.) "dich vielleicht doch viel besser kennt als viele denken".
Kießling entschuldigt sich auf Facebook - "Es war kein Tor"
Kießling selbst hat auf seinem Facebook-Profil schon wenige Stunden nach dem Spiel seine Sicht der Dinge dargestellt - und später noch drei weitere Posts geschrieben. "Ich bin selbst ganz aufgewühlt", schreibt er noch in der Nacht von Samstag um 0:47 Uhr. Und sagt in diesem Post deutlich "es war kein reguläres Tor".
Vielen der mehr als 3700 Phantomtor-Kommentatoren, die auf diesen und die weiteren Facebook-Einträge Kießlings reagieren, ist das entweder nicht aufgefallen oder kommt zu spät (er hätte es ja bereits unmittelbar im Spiel sagen sollen).
Oder es ist ihnen nicht so wichtig; Hauptsache, sie können sich Luft machen. Doch Kießling findet auch Unterstützer, wofür er sich am Sonntagabend bedankt, nachdem einige Fans die Aktion "#Stärkekies" gestartet hatten: "Vielen Dank. Fühlt sich gut an, euch im Rücken zu haben".
Dass die meisten der drastischen Kommentare auch am Montag noch nachzulesen sind, hat Kießling bewusst entschieden. So jedenfalls tat er es Samstag-Nachmittag kund, in einem Post an "Fans und Freunde" und die, "die hier noch kommentieren", schreibt Kießling, er wünsche sich, "dass einige mit ein wenig Abstand nochmal auf ihren Kommentar schauen, ob diese Art der Beschimpfung und Pöbelei hier angebracht ist". Dafür erntet der Profi-Fußballer etwas mehr als 5500 "Likes". Aber die Debatte um das Phantomtor riss nicht ab, auch nicht die Angriffe auf den Leverkusener Top-Stürmer.
Tipper freut sich über das Phantomtor
Auch am Montag reizt das "Phantomtor" noch zahlreiche Facebooknutzer, Kießlings Seite aufzusuchen und dort ihrem Ärger Luft zu machen: "Schäm Dich, Stefan Kießling", "Oberlügner", "er sollte sich dringend untersuchen lassen", sind nur einige der Reaktionen.
Einordnende Stimmen finden sich durchaus. Manche versuchen, anhand der TV-Bilder nachzuzeichnen, ob Kießling tatsächlich den Flugweg seines Kopfballs hatte verfolgen können. Die Ergebnisse reichen von "Er hat es gesehen" und wenn er was anderes behauptet, dann sei das "eine Lüge", bis: "Kießling hatte sich komplett abgedreht. Der sieht den Ball überhaupt nicht mehr richtig. Zudem ist er durch einen anderen Spieler (Reinartz) verdeckt".
Ganz wenige der Schreiber versuchen die Phantomtor-Debatte sogar mit sowas wie Humor zu kommentieren. So erinnert ein User an Thomas Helmers Phantomtor vom 23. April 1994 beim Spiel Bayern München gegen den 1 FC Nürnberg.
Und ergänzt angesichts der Woge der Entrüstung nach Kießlings Phantomtor: "Thomas Helmer hat echt Glück gehabt, dass es '94 kein Facebook gab!" Ein anderer sagt Kießling gar "Danke" für seinen Phantomtreffer: "Ich habe bei Tipico viel Geld gewonnen;-)"