New York. Tommy Haas, Florian Mayer und Angelique Kerber verlieren in New York. Haas muss sich Michail Juschni geschlagen geben. Mayer verlor gegen Andy Murray. Kerber unterlag Carla Suarez Navarro und hab sich bitter enttäuscht. “Es wird ein paar Tage dauern, bis ich das verarbeitet habe.“

Der „Interview Room 2“ in den Katakomben des „Arthur Ashe Stadions“ ist nicht viel größer als ein Schuhkarton. In dem kleinen Raum gibt es blaue Wände, blauen Teppich und einen blauen Tisch, und an dem saß Tommy Haas. Es passte, dass er eine blaue Trainingsjacke trug, auch wenn nicht ganz passte, was auf dem rechten Ärmel zu sehen war: Die Hörner eines Stieres – das Logo von Rafael Nadal, dem Spanier, mit dem er den Ausrüster teilt. Einen großen Stierauftritt aber hatte Haas nicht hinter sich, als er zur Pressekonferenz erschien.

Haas war bei den US Open ausgeschieden: Er hatte gegen den Russen Michail Juschni verloren, mit 3:6, 2:6, 6:2, 3:6. Haas schaute noch schnell auf sein Telefon, das er unter dem blauen Tisch in der Hand hielt, dann guckte er hoch und sprach: „Es gibt so Tage, an denen nicht wirklich viel funktioniert. Irgendwie war ich einen halben Schritt zu langsam. Ich habe zu viele Fehler gemacht.Es gibt keine Entschuldigung.“

Haas wirkte sehr klar, verglichen mit Angelique Kerber, die zwei Stunden vor ihm im „Interview Room 2“ Platz genommen hatte – mit Augen, so rot verquollen, als habe sie gerade „Vom Winde verweht“ gesehen, aber dreimal in Folge. Kerber suchte nach Erklärungen für eine Achtelfinal-Niederlage, die sich so las: 6:4, 3:6, 6:7 (3:7) gegen Carla Suarez Navarro aus Spanien, die Nummer 18 der Weltrangliste. Kerber hatte im dritten Satz zweimal geführt, mit 4:2 und mit 6:5, und doch das Spiel nicht für sich entscheiden können. „Es ist hart, da gibt es auch nicht viel zu sagen. Es wird ein paar Tage dauern, bis ich das verarbeitet habe.“

Der 1. September 2013 wird nicht als „Tag der Deutschen“ in die Annalen der US Open eingehen. Zunächst verlor Florian Mayer gegen Andy Murray mit 6:7, 2:6, 2:6, aber das war wenig überraschend. Mayer ist die Nummer 47 der Welt, Murray die Nummer drei. Kerbers Niederlage war verwunderlicher, da sie die Nummer neun der Welt ist und optimistisch unterwegs war: „Für mich ist es immer wieder schön, nach New York zu kommen“, hatte sie geschwärmt.

Der Schatten von Sabine Lisicki

In New York habe ja alles angefangen, ihr Aufstieg in die Top Ten, der mit dem Erreichen des Halbfinales der US Open 2011 begann. Nun hat man inzwischen aber manchmal den Eindruck, als dass Kerber sich eher zurück als nach vorn entwickelt. Sie ist noch immer die Nummer neun der Welt, aber sie tat sich zuletzt schwer, ihrem Status gerecht zu werden.

Kerber, 25, kam in diesem Jahr bei keinem der Grand Slam-Turniere über das Achtelfinale hinaus; in Wimbledon scheiterte sie in der zweiten Runde. Dann stand sie auf einmal im Schatten von Sabine Lisicki, die dort das Finale erreichte und ein deutsches Tennis-Interesse wiedererweckte, das mit Steffi Graf ausgewandert zu sein schien.

Plötzlich waren alle „Bum Bum Bine“. Doch niemand war „Bum Bum Angie“. Auch jetzt nicht, als Kerber als einzige Deutsche das Achtelfinale der US Open erreichte, während Lisicki schon auf dem Heimweg war – nach einem etwas mauen Drittrunden-Aus.

Nun kann Lisicki aber gucken wie Lady Di - mit allerliebstem Rehaugenaufschlag. Kerber wirkt daneben oft ein bisschen spröde, wenn sie erklären soll, was diesmal wieder schief gegangen ist. Dabei macht sie sich durchaus Gedanken.

"Diesmal war ich die Gejagte"

Am Sonntag etwa kam sie zu dem Schluss, dass sie zwei Jahre hinter sich habe, die unterschiedlicher hätten kaum sein können: „Letztes Jahr war ich die, die nichts zu verlieren hatte. Diesmal war ich die Gejagte“, sagte sie, als ihre Augen waren nicht mehr ganz so verquollen waren. Sie sei froh, „diese zwei Extremsituationen“ hinter sich zu haben. „Das jetzt in eine Bahn zu bekommen ist das, was zählt“, so Kerber.