Nizza. Hauchdünn ist der deutsche Radprofi Tony Martin mit seinem Team Omega Pharma-Quick Step am Sieg im Mannschaftszeitfahren der Tour de France vorbeigeschrammt. 75 Hundertstelsekunden fehlten am Ende auf das australische Team Orica-GreenEdge, das die vierte Etappe in 25:56 Minuten für sich entschied.
Er hat sich gequält und völlig verausgabt, doch am Ende fehlte Tony Martin mit seinem Team die Winzigkeit von 75 Hundertstelsekunden zum ersehnten Tagessieg. Der Zeitfahr-Weltmeister - gehandicapt von einer Lungenprellung und einer tiefen Fleischwunde am Ellenbogen - musste sich mit seinen Kollegen vom Team Omega Pharma-Quick Step im Mannschaftszeitfahren der 100. Tour de France in Nizza über 25 Kilometer mit dem undankbaren zweiten Platz begnügen. Stattdessen holte sich das australische Team Orica-GreenEdge in 25:56 Minuten den Tagessieg. Platz drei ging an die britische Sky-Formation um Tour-Favorit Christopher Froome (25:59). Als Bestplatzierter der vorangegangenen Tageswertungen übernahm Orica Fahrer Simon Gerrans aus Australien das Gelbe Trikot vom Belgier Jan Bakelants.
"So ein Rennen mit weniger als einer Sekunde zu verlieren, ist unheimlich enttäuschend. Wir hätten den Erfolg nach all dem Pech der letzten Tage gebrauchen können. Jetzt müssen wir sehen, dass wir wieder Moral bekommen", sagte Martin.
Trotz Verletzungen fährt Martin voll auf Sieg
Der zweifache Zeitfahr-Weltmeister war einmal mehr über sich hinausgewachsen - und wie üblich bescheiden geblieben. "Das Team war zu stark, als dass ich mich groß hätte hervortun können. Ich habe mich gut gefühlt, allerdings nicht überragend wie bei der WM im Vorjahr. Aber das war ja mit meinen Verletzungen auch nicht zu erwarten", sagte der 28-Jährige nach dem Rennen. Am Samstag zum Tourauftakt hatte Martin beim Massensturz in Bastia schwere Verletzungen erlitten. Er wollte aber unbedingt den Sieg auf der Promenade des Anglais in Nizza und hatte dafür die großen Opfer in Kauf genommen. Doch es sollte nicht reichen.
Auch interessant
Der Name der Prachtstraße Nizzas war für die Sky-Truppe um Froome nicht Programm. Auf dem "Boulevard der Engländer" mussten die Favoriten um den in Kenia geborenen Froome eine empfindliche Niederlage einstecken und der Norweger Edvald Boasson Hagen sich vom Traum des Gelben Trikots verabschieden. Dass Alberto Contador mit Saxo-Bank nur sechs Sekunden auf Sky verlor, dürfte Froome ebenso gewurmt haben.
Orica-Team stellt Tourrekord im Mannschaftszeitfahren auf
Das Orica-Team brach mit einem Mittel von 57,8 Stundenkilometern bei der rasenden Fahrt vor vielen Zehntausend Zuschauern sogar den Tourrekord für Teamzeitfahren. Die alte Bestmarke - die Wertigkeit sei dahingestellt - datiert aus dem Jahr 2005. Discovery Channel mit Lance Armstrong an der Spitze hatte 57,3 Stundenkilometer im Schnitt erreicht. Allerdings war die Strecke vor acht Jahren mit 67,5 Kilometern mehr als doppelt so lang.
André Greipels Lotto-Belisol-Team, längst nicht so spezialisiert wie Omega, war erstaunlich stark. Die Belgier fuhren 26:13 Minuten. Der Mittwoch ist allerdings der wichtigere Tag. Auf dem fünften Teilstück von Cagnes sur Mer nach Marseille bietet sich Greipel nach dem Frust von Bastia die nächste Siegchance. Vier kleinere Anstiege auf der 228,5 Kilometer langen Etappe sollten kein großes Hindernis für eine Massenankunft darstellen. "Man kann natürlich nicht sicher sein, aber wir wollen die Möglichkeit nutzen", sagte Greipel.
Seine Hauptkonkurrenten in Marseille dürften wieder der durch eine Bronchitis allerdings gehandicapte Mark Cavendish und der Auftaktsieger Marcel Kittel sein. (dpa)