„WM für wen?“ Unter diesem Motto machen Tausende von Brasilianern ihrem Unmut über die Verschwendung öffentlicher Gelder Luft. Fifa-Chef Sepp Blatter lassen die Proteste beim Confed-Cup jedoch kalt. Kann er sich doch schon auf seinen nächsten - unverdienten - Orden freuen. Ein Kommentar
„Football is coming home“: Zwar reklamieren die Engländer das Copyright für diesen Slogan. Aber in Brasilien, wo – wenn schon nicht der Fußball an sich ¬- zumindest der Zauberfußball geboren wurde, denken viele Fans mit Blick auf die kommende Weltmeisterschaft ähnlich. Dass im Land der Balljongleure die Vorfreude auf die Titelkämpfe 2014 dennoch nicht ungeteilt ist, hat mit den Rahmenbedingungen zu tun.
Kritik entzündet sich an Luxus-Arenen und Zwangsumsiedlungen
Die Protestaktionen rund um die Generalprobe (Confederations Cup), die unter dem Motto „WM für wen?“ gebündelt werden, belegen die Skepsis gegenüber einer Veranstaltung, deren enorme Kosten zu Lasten der Bedürftigsten gehen, also, deren Fußballbegeisterung am größten ist. Nun ließe sich einwenden, bei fast allen internationalen Großveranstaltungen, an der Spitze die Olympischen Spiele, werde über die Verschwendung öffentlicher Gelder und die Ignoranz gegenüber den Anliegen breiter Teile der Bevölkerung geklagt. Aber das ändert nichts an der Berechtigung der Kritik, die sich unter anderem an Luxus-Arenen und Zwangsumsiedlungen im Zuge der Stadionbauten entzündet.
Brasilien jubelt: Olympia 2016 in Rio de Janeiro
Sicher, es ist wünschenswert, dass Fußball-Weltmeisterschaften und Olympische Spiele nicht nur in wohlhabenden Ländern stattfinden. Und natürlich hat es mehr Charme, wenn die weltbesten Fußballer sich in Brasilien treffen statt in der reichen Fußball-Wüste Katar, wo die WM 2022 stattfinden soll. Aber in Zeiten da die Kluft zwischen Arm und Reich global dramatisch zunimmt, ist mehr denn je die Frage nach dem Preis für Sportwettbewerbe zu stellen, deren Kosten längst ausgeufert sind.
Fußballidol Romario: „Die Fifa marschiert bei uns ein“
In Südafrika, wo 2010 die WM stattfand, ist heute weniger vom Prestigegewinn denn von Stadion-Ruinen mit entsprechenden Folgekosten die Rede. Als Gewinner steht immer nur der Fußballweltverband fest, der seinen Reichtum nicht zuletzt dank Knebelverträgen zu mehren versteht. „Die Fifa marschiert bei uns ein“, empört sich Brasiliens früheres Fußballidol Romario, „wird einen Milliardengewinn machen und besteht noch darauf, dass die Regierung für alle eventuellen Schäden bürgt“.
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Schlimm genug, dass sich die Bewerber von den Veranstaltern inzwischen wie selbstverständlich Steuerfreiheit und weitere Gesetzesänderungen zugunsten der Hauptsponsoren abpressen lassen. Aber die Ausrichter pflegen den Führern der großen, in diverse Korruptionsaffären verwickelten Sportorganisatoren aus „Dankbarkeit“ auch noch die höchsten Orden des Landes um den Hals zu hängen. Versteht sich von selbst, dass Fifa-Boss Sepp Blatter, der die Kritik auch diesmal gewohnt kaltlächelnd ignoriert, längst das Große Bundesverdienstkreuz überreicht bekam. Von der Kanzlerin persönlich. 2006 bei der WM in Deutschland ...