Essen. Blau-Weiß und Schwarz-Gelb - das verträgt sich nicht. Wer Schalker ist, der gönnt dem BVB nicht mal das Schwarze unterm Fingernagel. Allein: Wenn's ums Champions-League-Finale geht, ist das anders. Dann kann auch ein Schalke-Fan den Borussen beide Daumen drücken. Findet Sinan Sat - und erklärt, warum.
Es gibt Artikel, die gehen mir leicht von der Hand. Überschrift, Einleitung, Formulierungen – alles baut sich schon vor meinem geistigen Auge auf, noch ehe ich am Schreibtisch Platz genommen habe. Und es gibt Redaktionsaufträge, die fallen mir so richtig schwer. Dann wird jede Zeile zu einer Qual. Dann blinkt der Cursor unnachgiebig auf dem weißen Hintergrund, der Computer verspottet mich, er weiß, dass ich am Ende den Kürzeren ziehe.
Nie zuvor habe ich die Löschtaste so häufig benutzt wie beim Schreiben dieser Zeilen. Aber es muss doch zu schaffen sein. Ich muss doch für einen Augenblick vergessen können, dass mein Herz seit meinem ersten Atemzug dem FC Schalke 04 gehört. Dass ich mir beim nächsten Heimspiel in der Kurve ordentlich was anhören kann. Es geht nicht. Ich kann und ich will nicht leugnen, es ist halt wie es ist: Blau und Weiß – Ein Leben lang!
BVB und Bayern haben es verdient, in Wembley aufzulaufen
Und dennoch: Wenn heute Abend der BVB zum Rückspiel im Champions League-Halbfinale bei Real Madrid antritt, dann gönne ich den Borussen den Einzug ins Finale. Dann gönne ich den zur Zeit beiden besten Mannschaften Europas, dass sie sich im Endspiel messen. Bayern und Dortmund haben eine beeindruckende Europapokal-Saison absolviert, beide haben in ihren Hinspielen die Hegemonie des spanischen Fußballs gebrochen und es sich verdient im Wembley Stadion aufzulaufen.
So schwer es mir fällt, ich muss zugeben, dass der BVB in den zurückliegenden Jahren ein Musterbeispiel für exzellente Jugendarbeit gepaart mit intelligentem Scouting war und ist. Die Verantwortlichen in der verbotenen Stadt, allen voran Trainer Jürgen Klopp, haben großen Anteil daran, dass sich das fußballverrückte Europa vor der Bundesliga verneigt.
Das Verneigen vor Dortmund fällt der Schalker Seele zu schwer
Das Verneigen fällt mir persönlich dann aber doch zu schwer. Ich suche nach den passenden Worten, um auszudrücken, was meine Finger nicht schreiben wollen. Mein Blick wandert durchs Zimmer und fällt auf zwei Papierstreifen. Mir wird ganz warm ums Herz. Ich betrachte die Eintrittskarten der beiden Derbys aus der laufenden Saison.
Emotionen steigen in mir auf, mein griesgrämiges Gesicht weicht, an seine Stelle tritt der Ausdruck reiner Glückseligkeit und die Tasten lassen sich plötzlich viel einfacher bedienen. Zwei Derbys, zwei Siege. Die Schalker Seele findet ihren Frieden: Bis hier hin ging mir keine andere Formulierung als „ich gönne es dem BVB“ über die Feder. Jetzt, an dieser Stelle dieses Artikels kann ich es schreiben: Ich drücke Borussia Dortmund heute Abend beide Daumen.