München. .

Aus gegebenem Anlass soll an dieser Stelle an das Meisterfeier-Lexikon erinnert werden. Nach intensiven Recherchen dieser Zeitung ist es zwar nie erschienen. Trotzdem weiß jeder, was drin steht. Unter A findet sich der Eintrag Autokorso, der vor allem dadurch definiert ist, dass sich dabei viele C wie Cabrios in einer Prozession durch die F wie Fanmasse bewegen.

Ganz wichtig ist die B, die Bierdusche. Diese ist zwar schon ziemlich schal geworden, weil sie ungefähr so überraschend zur Aufführung kommt wie das A und O an diesem Osterwochenende, die Eiersuche. Im Repertoire einer ordnungsgemäßen Meistersause aber ist sie nun mal unverzichtbar. Ebenso wie die Z wie Zigarre und die S – die Sonnenbrille danach.

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All das ist in München vorerst nicht vorgesehen. Am Samstag gegen 20.20 Uhr könnte der FC Bayern als Deutscher Meister feststehen, sofern Borussia Dortmund zuvor kein Sieg beim VfB Stuttgart gelingt, dafür aber den Münchnern einer gegen den Hamburger SV. Dann hätten sie nach dem 27. Spieltag ihren 23. Gewinn der Schale sicher. Im März, so früh wie kein Verein zuvor in 50 Jahren Bundesliga. Doch was passiert in diesem Fall? „Dann gehen wir nach Hause – und nichts weiter“, hat Sportvorstand Matthias Sammer in der Bild-Zeitung angekündigt.

Kein Zeit fürs große Glück samt Gefühlsduseleien

„Nicht einmal ein Essen“ werde es geben, sagte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, „wir wollen die große Chance, die wir in der Champions League sehen, nicht durch Jubelarien gefährden.“ Am Dienstag, nur 72 Stunden später, steht das Hinspiel im Viertelfinale gegen Juventus Turin an. Es ist noch nicht die Zeit fürs große Glück samt Gefühlsduseleien.

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Zu sehen wäre also eine Mannschaft, die nur kurz ins Publikum winkt und rasch unter der Dusche verschwindet. Ausgelassene Freudentänze, fallende Spielerlocken und eine rauschende Party auf dem Marienplatz – alles, woran sich ältere Bayernfans nach solchen Erfolgen dunkel erinnern, wird es nicht geben. Von Feierbiestern ganz zu schweigen. Training um 11 statt Katerfrühstück ist das Motto.

In Europa und im Pokal läuft alles wunschgemäß

Es könnte ein stiller Feiertag werden, ein Titel im Vorbeigehen. Und das, obwohl es diese Saison nach zwei Jahren der Entbehrung vor allem um dieses Ziel ging: die Genugtuung, Dortmund nach zwei Meisterschaften zu entthronen. Diesem Fixpunkt haben die Bayern alles untergeordnet und 70 Millionen Euro investiert. Doch verläuft in Europa und im Pokal alles wunschgemäß, würden die Bayern noch den Sondertitel „Meister des Wartens“ kassieren. Selbst am 11. Mai, wenn ihnen beim letzten Heimspiel gegen Augsburg die Schale überreicht werden soll, dürften sie wieder nur kurz jubeln. Zwei Endspiele in London und Berlin stünden noch auf der Agenda.

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Um diese Ziele zu erreichen, geben sie sich in München alle Mühe, die Konzentration hochzuhalten. „Natürlich wäre es ein unglaublicher Moment, den wir uns allerdings nur ganz kurz gönnen dürfen“, sagt Sammer. Der „Partyschreck“ baut auf den stillen Triumph: „Dieses innere Gefühl ist etwas für die Ewigkeit und die Geschichte. Eine Feier ist vergänglich und kann irgendwann folgen.“

Angst vor dem Spannungsverlust

Jetzt sei „Kompromisslosigkeit“ gefragt, „das ist jetzt eine Frage der Reife, in so einer Situation richtig zu agieren“. Gerade weil man „seit dem vorigen Sommer gnadenlos daran gearbeitet“ habe, dürfe man „jetzt bitte nicht anfangen, Denkfehler zu machen“. Bitte, hat Sammer gesagt. Nichts fürchten die Münchner mehr als einen Spannungsverlust. Der nächste Auftrag ist ja längst erteilt. „Wir wollen die Champions League gewinnen“, hat Präsident Uli Hoeneß verfügt.

Die Spieler tun artig so, als sei der nun mögliche Titelgewinn nur eine Generalprobe. „Wir wollen uns gegen den HSV ein gutes Gefühl für Dienstag holen“, sagt Toni Kroos. „Der Fokus geht voll auf die Champions League. Wir können da wirklich was reißen. Und da wir zweimal so knapp gescheitert sind, ist der Wille sehr groß“, erklärt Thomas Müller. Bastian Schweinsteiger glaubt gar: „Wir haben zwei Jahre lang keinen Titel geholt, jetzt stehen wir kurz davor. Das würde uns einen Schub geben.“

Und nach dem möglichen Triple gäb’s auch eine Sause – von A bis Z.