Witten. . Der Wittener, Olympia-Dritter von 1996, will wissen, wozu er mit 43 Jahren noch fähig ist. „Ich will wissen, was noch geht in meinem Alter, was man aus einem alten Kasten noch rausholen kann“, sagt Warnecke.

Wenn Mark Warnecke über sein erstes Mal erzählt, dann fällt ihm auf Anhieb nur ein Wort ein: „Aua!“ Das erste Mal passierte an einem Tag im Dezember 2012. Es war keine spontane Entscheidung. Der Wittener hatte es sich genau überlegt: Er holte alles aus seinem Körper heraus. Spaß hatte es gemacht, aber nach der Begeisterung kamen die Schmerzen. Mit 43 Jahren ist man nicht mehr so beweglich. Seit dem ersten Mal, seit dem ersten ernsthaften Training nach fast vier Jahren ist die Routine zurück. In der kommenden Woche steigt Schwimmer Mark Warnecke in Eindhoven erstmals wieder auf internationaler Ebene auf einen Startblock. Fast 17 Jahre nach seinem dritten Platz über 100 Meter Brust bei den Olympischen Spielen in Atlanta. Und acht Jahre nach seinem größten Triumph über 50 Meter Brust, als er sich als ältester Schwimmer der WM-Geschichte mit 35 Jahren die Goldmedaille erkämpfte.

Warnecke wird sich als Alters-Rekordler in diesem Jahr bei der WM in Barcelona nicht selbst entthronen. „Mein Ziel sind keine Titel oder Medaillen“, sagt Warnecke, „es ist ein Selbstversuch. Ich will wissen, was noch geht in meinem Alter, was man aus einem alten Kasten noch rausholen kann.“ Bis September will er das schwimmende Experiment abgeschlossen haben.

Wenn es ihm nur um Titel gehen würde, dann hätte der Wittener bei den Weltmeisterschaften in seiner Altersklasse leichtes Spiel, dort könnte er zum Gold planschen.

Ausflüge zum Porsche-Carrera-Cup

Aber Warnecke ist nicht der Typ der einfachen Dinge. Wenn schon, denn schon. Herausforderungen? Immer her damit, das ist seine Devise. Weltmeister mit 35? Vor Warnecke ein unvorstellbarer Gedanke. Sport und Studium? Nicht genug für Warnecke. Er schwamm Weltrekorde, wurde zweimal Weltmeister, holte eine olympische Medaille, beendete sein Medizinstudium – und trieb nicht nur seinem Trainer Horst Melzer bei seinen Ausflügen zum Porsche-Carrera-Cup den Angstschweiß auf die Stirn.

Auch interessant

Bei seinem aktuellen Selbstversuch lässt sich Warnecke vom Essener Bundestrainer Henning Lambertz coachen. „Mark hat ein einzigartiges Gefühl für das Wasser. Davon hat er nichts verlernt“, sagt Lambertz. Im Training misst er sich in Essen mit den besten Brustschwimmern. „Manchmal hält er über 100 Meter mit Christian vom Lehn mit, manchmal ist er über 25 Meter gleichauf mit Hendrik Feldwehr“, sagt Lambertz. Vom Lehn ist der WM-Dritte 2011 über 200 m Brust, Feldwehr der Vize-Europameister von 2010 über 50 und 100 m Brust.

„Ich bin schnell, manchmal sogar richtig schnell“, sagt Warnecke, „aber im Gegensatz zu früher gibt es große Schwankungen. So kann es passieren, dass ich 24 Stunden nach einem Super-Training wie eine bleierne Ente schwimme.“ Aber es mache mächtig Spaß und es sei gerade besonders spannend, sagt der Arzt, weil er beim Hineinhorchen in den Körper ganz ohne Stethoskop neue Erkenntnisse zieht. „Im Alter kannst du nicht stur deinen Plan durchziehen“, sagt er, „ich höre jetzt mal nicht auf den Kopf, sondern auf den Körper und mache mal eine Pause, die ich mir früher nie gegönnt hätte.“

Warnecke war Torres' Ernährungsberater

Bundestrainer Lambertz glaubt, dass Warnecke noch viel schneller wäre, wenn er sich ganz auf den Sport konzentrieren könne. So wie die US-Amerikanerin Dara Torres, die 2008 mit 41 Jahren drei olympische Goldmedaillen gewann. Warnecke war damals ihr Ernährungsberater. „Wenn du wie Dara von Hause aus so viel Geld hast, dass du die Zahl nicht mehr vorlesen kannst, dann musst du dich um nichts anderes kümmern. Ich muss arbeiten.“

Warnecke ist Unternehmer. Mit großem Erfolg. Seit gestern vertraut auch Diskus-Weltmeister Robert Harting auf die von Warnecke entwickelten Nahrungsergänzungsmittel.

Natürlich setzt auch Warnecke auf seine Produkte. Schließlich hat er schon zehn Kilo abgenommen. Und darf gleichzeitig nichts an Kraft verlieren. „Aber ich will keine Werbung machen“, sagt er, „das hat nichts mit meinem Experiment zu tun.“ Viel wichtiger sei es, seinen fünfjährigen Zwillingen Colin und Tristan Werte zu vermitteln: „Ich habe doch bis zu meinem Comeback fast nur noch auf der Couch gesessen. Das ist doch nicht vorbildlich.“